Coronavirus

"Deeskalation statt Muskelspiele": Platter mit Testpflicht einverstanden

Tirols Landeshauptmann Günther Platter erklärt, mit den Maßnahmen einverstanden zu sein.
Tirols Landeshauptmann Günther Platter erklärt, mit den Maßnahmen einverstanden zu sein.APA/EXPA/JOHANN GRODER
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Der Landeshauptmann appelliert an die Bürger im Bezirk Schwaz, sich regelmäßig testen zu lassen. Die FPÖ ist empört über die Maßnahmen und fodert ein Fahrverbot für Transit-Lkw als "Gegenwehr".

Nach den turbulenten Verhandlungen zwischen Bund und Land Tirol am Wochenende zur Eindämmung der südafrikanischen Virus-Variante in Tirol hat sich Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) nach der Verkündung einer Testpflicht für Reisen aus Tirol einverstanden gezeigt. "Wir haben Einvernehmen über diese Maßnahme hergestellt", sagte er Dienstagnachmittag. Die Tiroler Parteien dagegen reagierten naturgemäß bisher sehr unterschiedlich auf die Isolation.

Die Umsetzung werde in "enger Zusammenarbeit von Tiroler Behörden und Bundesbehörden erfolgen", versprach Platter. Er betonte, dass "die südafrikanische Virusmutation absolut ernst zu nehmen" sei. Er appellierte an die Menschen in Tirol - insbesondere an jene im Bezirk Schwaz - sich testen zu lassen. Am Mittwoch soll in Schwaz ein "engmaschiges und erweitertes Testangebot für PCR-Testungen zur Verfügung" stehen, kündigte Platter an. Die dort wohnhaften Bürger sollen "regelmäßige Tests als persönliche Verpflichtung sehen", meinte der Landeshauptmann.

"Deeskalation"

Er könne keine Verstimmungen zwischen Bund und Land erkennen. "Die Beziehung zwischen Wien und Tirol passt", sagte Platter Dienstagabend in der ORF-Sendung "Tirol heute". "Deeskelation" statt "Muskelspiele" seien jetzt wichtig, sagte Platter. Zudem betonte er, dass es sich nun um keine Quarantäne wie im März und April 2020 handle.

Nun gelte es, dass Bund und Land "gemeinsam an einem Strang ziehen", sagte Platter. Es habe "da oder dort Irritationen" aufgrund "bestimmter Aussagen" gegeben, gab er zu. Es wäre aber "fatal", wenn ein Streit im Vordergrund stehen würde.

Er verteidigte nun die ab Freitag geltenden verpflichtenden Ausreisetests als "gute Maßnahme", nachdem es in Tirol "sehr viele Südafrika-Mutationen" gebe. "Das gilt es zu beseitigen", aktuell seien 120 aktiv positiv, so Platter.

Aus den eigenen Reihen rechnete der Landeshauptmann nun nicht mit Widerstand, immerhin würden die Menschen ja nicht "eingesperrt". "Die Tirolerinnen und Tiroler können sich wie bisher im Bundesland bewegen", betonte er. Aber wenn man etwa mit dem Fahrzeug von Tirol nach Wien fahre, brauche man eine negative Testung. "Ich meine, das ist zumutbar", hielt er fest.

FPÖ fordert "Gegenwehr"

Die FPÖ hielt indes nichts von der Testpflicht. Stattdessen rief sie zur "Gegenwehr" auf und forderte ein sofortiges Fahrverbot für sämtliche Transit-Lkw. "Die Tiroler Bevölkerung wird nun behandelt, wie Bewohner sprichwörtlicher Lepradörfer, wir sind dank der schwarz-grünen Regierung die Aussätzigen Europas", wetterte FPÖ Landesparteiobmann Markus Abwerzger, der forderte: "Bundeskanzler Kurz muss weg, samt der gesamten schwarz-grünen Regierung". "Wir müssen uns nun wehren, daher dürfen sämtlich Transit-Lkw, ohne Ziel- und Quellverkehr in Tirol, nicht mehr über den Brenner und andere Grenzübergänge fahren", forderte Abwerzger.

Die Notwendigkeit auf die Ausbreitung der B.1.351 Corona-Mutation zielgerichtet, konsequent und insbesondere wirkungsorientiert zu reagieren, sei mit dieser Maßnahme gewährleistet, meinte hingegen der Klubobmann der Tiroler Grünen, Gebi Mair. "Noch haben wir die Chance die Verbreitung in Tirol bestmöglich zu verlangsamen und einzugrenzen und die Mutation in ganz Österreich in Schach zu halten. Dieses Ziel muss uns jetzt alle einen", so Mair.

Tirols Wirtschaftskammer-Präsident Harald Christoph Walser, der sich am Wochenende deutlich gegenmögliche Maßnahmen aus dem Gesundheitsministerium ausgesprochenhatte, meinte nun, "kein Problem" mit der Testpflicht zu haben. "Wir haben immer gesagt, dass wir mit den Sicherheitsvorkehrungen einverstanden sind", sagte er der Austria Presse Agentur und verwies etwa auf die Verpflichtung zum Tragen einer FFP2-Maske oder den Eintrittstests. Dies werde keinen Einfluss auf die Tiroler Wirtschaft haben, sagte er. Er kritisierte allerdings weiterhin, dass bezüglich der Mutationsfälle "unterschiedliche Zahlen herumschwirren". "Wir wissen nicht, welche Zahlen stimmen", zeigte er sich verärgert.

Für den ÖVP-Abgeordneten Franz Hörl, Tiroler Wirtschaftsbund-Obmann, seien die nunmehrigen Maßnahmen ein "schmerzlicher Schritt", der aber "nachvollziehbar" sei, sagte er gegenüber der APA. Gleichzeitig kritisierte er aber Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), indem er ihn aufforderte, "das Datenmanagement endlich in den Griff zu bekommen". "Denn parallel zur Pressekonferenz der Bundesregierung wurden Daten der AGES veröffentlicht, die wiederum unterschiedliche Zahlen beinhalteten". Denn genau dies habe "zur unterschiedlichen Sichtweise zwischen Tirol und dem Bund geführt", meinte er. Er warnte vor einem "ministeriellen Zahlen-Lotto".

AK-Zangerl: "Ausreichend Spielgraum"

"Zehn Tage lang ein negatives Testergebnis für die Ausreise, wie jetzt geplant, werden ausreichend Spielraum liefern", sagte Erwin Zangerl, schwarzer Arbeiterkammer-Präsident Tirols. Er sprach sich dafür aus, "wirksame Impfstoffe dorthin zu liefern, wo die Mutanten vermehrt auftreten", "und zwar in ganz Österreich". Dies würde aber nur dann gelingen, wenn die Impfstoffbeschaffung "massiv forciert" werde.

Philip Wohlgemuth, Vorsitzender des Tiroler ÖGB, wies dagegen auf Probleme hin, die mit einer Testpflicht einhergehen könnten. "Kontrollen an den Tiroler Grenzen können schnell zum Problem werden. Hier wird es für die betroffenen Beschäftigten gute und unbürokratische Lösungen geben müssen, diese ist man bisher schuldig geblieben", hielt Wohlgemuth fest.

(APA)

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