Hochschülerschaftswahl

Wozu braucht es eigentlich die ÖH?

Clemens Fabry
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In zwei Wochen wird gewählt. Einige Fraktionen stellen infrage, ob wirklich jeder ÖH-Mitglied sein muss. Was die Hochschülerschaft macht: von Politik über Professorenauswahl bis Punsch.

Wien. Mit 345.000 Personen darf eine Rekordzahl an Studierenden in zwei Wochen ihre Vertretung wählen. Doch die Frage, wer eigentlich ÖH-Mitglied sein soll (oder besser gesagt: muss), erhitzt mitunter die Gemüter. So stellen drei der acht Fraktionen, die heuer zur Wahl antreten, zumindest zur Debatte, ob wirklich alle Studierenden automatisch Teil der HochschülerInnenschaft sein und dafür auch ihren Beitrag zahlen müssen.

Die freiheitlichen Studenten fordern ein Aus für die Zwangsmitgliedschaft, wie sie es nennen. Die Junos wünschen sich ein Opt-out nach einem Semester, falls die ÖH mit ihrer Arbeit nicht überzeugt hat – und die Aktionsgemeinschaft will die Studenten zumindest einmal grundsätzlich über die Pflichtmitgliedschaft abstimmen lassen. Klar ist: Auch manche Studierende stellen sich mitunter die Frage, was die ÖH eigentlich bringt.

Gegründet im Jahr 1945, leidet die Hochschülerschaft heute teilweise unter ihrem Image als Spielwiese und Sprungbrett für Jungfunktionäre – zuletzt stiegen etwa Sigrid Maurer (Grüne) oder Nikolaus Scherak (Neos) aus der ÖH in den Nationalrat auf. Und tatsächlich ist die ÖH-Arbeit auf Bundesebene wohl ein gutes Übungsfeld für eine politische Karriere.

Unsichtbare Arbeit

Erste und oberste Aufgabe der ÖH ist die Vertretung der Interessen aller Studierenden gegenüber den Ministerien – speziell natürlich dem Wissenschaftsressort –, den Parteien und den Hochschulen. Die Hochschülerschaft darf etwa Vertreter in bestimmte Gremien schicken, sie darf Gesetzesentwürfe begutachten, die Studentenangelegenheiten betreffen.

Faktisch bewegt sich der Einfluss der Studentenvertreter in engeren Grenzen als der anderer Interessenvertretungen. Und in den vergangenen Jahren vermissten viele ein lautes Auftreten: Proteste wie rund um die UniBrennt-Bewegung 2009 – paradoxerweise nicht von der ÖH initiiert – gab es schon lang nicht mehr. Zuletzt sorgte die ÖH mit dem Platzen der linken Koalition für Schlagzeilen.

In die Medien schafft es – wenn überhaupt – die ÖH-Bundesvertretung, die neben dem großen Vertretungsauftrag auch Maturanten berät, Studenten etwa in Mietrechtsfragen hilft und Härtefällen mitunter finanziell unter die Arme greift. Es gibt aber noch zwei weitere Ebenen, auf denen gearbeitet und auch gewählt wird: die Hochschulvertretung (eine pro Hochschule) und die Studienvertretung (pro Studienrichtung). Hier passiert viel unsichtbare Arbeit.

Die Studienvertretung kümmert sich dabei in erster Linie um die Alltagsprobleme im Studium. Kommt ein Professor mehrmals nicht zur Vorlesung, werden Prüfungen unfair benotet oder läuft die Organisation im Labor nicht rund, kann man sich an sie wenden. Sie kümmert sich auch um die Beratung und Information von Maturanten oder Erstsemestrigen.

Im Zentrum steht die Arbeit in Gremien: Die Studienvertretung entscheidet bei den Studienplänen mit, und sie sitzt in den Kommissionen, die festlegen, welche Personen für neu zu besetzende Professuren ausgewählt werden und eine Lehrbefähigung erhalten. Auffallender sind aber wohl andere Tätigkeiten: Die Studienvertretung organisiert auch Podiumsdiskussionen, Punschstände und Feste.

Dubiose Projekte gefördert

Über den Großteil der 14,3 Millionen Euro, die die Hochschülerschaft vornehmlich über den ÖH-Beitrag einnimmt – jeder Student zahlt 20,20 Euro pro Semester – verfügen wiederum die 72 Hochschulvertretungen. Sie finanzieren mit ihrem Anteil zahlreiche Projekte. Vieles fließt in Sozialfördertöpfe und Rechtsberatungen. Überhaupt spielt die Beratung auch hier eine große Rolle.

Mitunter sorgt der Umgang der Hochschulvertretungen mit ihren Finanzen allerdings für unrühmliche Schlagzeilen: vom Gratistransport zu Demonstrationen über das Café Rosa der ÖH Uni Wien, das mehr als eine halbe Million Euro verschlang, bis zur 6000 Euro teuren Kaffeemaschine, die Studentenvertreter an der Uni Graz anschafften. Für den Ruf der ÖH war das wenig förderlich.

Dabei entscheidet die ÖH auch auf Hochschulebene bei wichtigen Dingen mit. Durch ihre Mitgliedschaft im Senat können Studierende etwa Einfluss auf die Wahl des Rektors, auf Berufungsverfahren und Curricula nehmen. Vieles passiert hier aber auch auf informeller Ebene. In regelmäßigen Abständen werden die Hochschulvertretungen zu Treffen mit dem (Vize-)Rektor geladen. Hier versuchen die Vertreter eine Art Lobbying zu betreiben. ÖH-Arbeit ist also eine Mischung aus Politik und Service.

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