Zehn Tage nach der Ermordung des Staatspräsidenten ermutigte die sogenannte „Kerngruppe" den Ex-Innenminister eine "konsensuelle und inklusive" Regierung zu bilden.
Vertreter der internationalen Gemeinschaft in Haiti haben sich im Machtkampf um das Amt des Interims-Regierungschefs hinter den bisherigen Verlierer gestellt. Zehn Tage nach der Ermordung des Staatspräsidenten Jovenel Moïse ermutigte die sogenannte Kerngruppe am Samstag nachdrücklich Ex-Innenminister Ariel Henry, eine "konsensuelle und inklusive" Regierung zu bilden. Zur Kerngruppe gehören unter anderen die Botschafter der USA, EU sowie ein Vertreter des UN-Generalsekretärs.
Der Staatschef Moïse hatte am 5. Juli, keine 36 Stunden vor seinem Tod, den Neurochirurgen Henry zum bereits siebenten Premierminister seiner Amtszeit ernannt und damit beauftragt, eine Regierung zu bilden. Der Premierminister ist in Haiti Regierungschef. Da Henry zum Zeitpunkt von Moïses Ermordung bisher nicht vereidigt war, blieb jedoch der bisherige Premierminister Claude Joseph im Amt. Joseph vertritt seither die Regierung des Karibikstaates - auch in Gesprächen mit ausländischen Staatsoberhäuptern und UN-Vertretern.
Am 26. September Wahlen
Henry hat erklärt, seiner Meinung nach sei er der wahre Interims-Premierminister. Da Haiti seit Anfang 2020 kein beschlussfähiges Parlament hat, wurde keiner von beiden verfassungsgemäß bestätigt. Am 26. September sind Präsidenten- und Parlamentswahlen in Haiti geplant. Die Kerngruppe rief in ihrer Mitteilung auch dazu auf, sobald wie möglich "freie, faire, transparente und glaubwürdige" Wahlen zu organisieren.
Der 53 Jahre alte Moïse war in der Nacht zum 7. Juli in seiner Residenz von einer schwer bewaffneten Kommandotruppe überfallen und erschossen worden. Nach Polizeiangaben führten kolumbianische Söldner den Mord aus. Zu den Hintermännern sollen ein haitianischer Arzt, der in den USA wohnte, und ein Ex-Funktionär des haitianischen Justizministeriums gehören. Einen kolumbianischen Medienbericht, wonach auch gegen Joseph ermittelt werde, wies Haitis Polizei zurück.
(APA/dpa)