Frankreich

Nahm ein Priester seinen späteren Mörder auf?

(c) APA/AFP/SEBASTIEN SALOM-GOMIS (SEBASTIEN SALOM-GOMIS)
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Olivier Maire gab einem abgelehnten Asylwerber aus Ruanda eine Herberge – obwohl der Mann im Verdacht stand, die Kirche von Nantes angezündet zu haben. Nun ist der Priester tot, und der Mordfall beschäftigt die französische Republik.

Es ist Mittag, als ein Mann den Gendarmerieposten im französischen 6000-Seelen-Ort Mortagne-sur-Sèvre rund 60 Kilometer östlich von Nantes betritt, um sich zu stellen. Er habe jemanden umgebracht, sagt er.

Der Mann, der laut französischen Medienberichten am Montag einen Mord gestanden hat, ist kein Unbekannter. Er heißt Emmanuel A., ist 40 Jahre alt, geboren in Ruanda und kam 2012 nach Frankreich. Er suchte um Asyl an, bekam aber vor zwei Jahren die Anweisung, das französische Staatsgebiet wieder zu verlassen. Er blieb. Im Juli 2020 soll A. dann in der Kirche von Nantes mit Reinigungsmitteln ein Feuer gelegt haben, das schwere Schäden verursachte. Er stand unter richterlicher Kontrolle und galt als einziger Verdächtiger.

Es ist ausgerechnet diese Tat, die ihn mit dem Mann verbindet, der nun tot ist: Olivier Maire, 60, Oberhaupt des katholischen Missionsordens Montfortains im 3000-Einwohner-Dorf Saint-Laurent-sur-Sèvre. Der Glaubensmann nahm den abgelehnten Asylwerber auf – nachdem er erfahren hatte, dass dieser das Feuer in der Kirche gelegt haben soll.
Was genau zwischen dem Flüchtling und dem Priester vorgefallen ist, müssen die Ermittler noch klären. Laut französischen Medien sprachen mit dem Fall betraute Polizisten von einem „brutalen“ Mord, ohne auf Details einzugehen.

„Was machte er noch in Frankreich?“

Noch bevor die genauen Umstände der Tat bekannt waren, reagierte die Rechtspolitikerin Marine Le Pen (Rassemblement National). „In Frankreich kann man sich illegal aufhalten, die Kathedrale von Nantes anzünden, nicht ausgewiesen werden und weitermachen, in dem man einen Priester ermordet“, ließ sie wissen. Bruno Retailleau, rechtskonservativer Senator der Region Vendée, in der Saint-Laurent-sur-Sèvre liegt, schrieb auf Twitter: „Was machte diese Person noch in Frankreich?“

Auch um sich diesen Fragen zu stellen, reiste der französische Innenminister, Gérald Darmanin, am Montag an den Tatort. „Anstatt den Katholiken, die diesen Mörder willkommen geheißen haben, ihr Mitgefühl auszudrücken, argumentiert Madame Le Pen, ohne die Fakten zu kennen“, erklärte Darmanin vorab. „Dieser Ausländer war trotz seines Abschiebebescheids nicht abschiebbar, bis seine gerichtliche Überprüfung aufgehoben wurde.“

Der Präsident der französischen Bischofskonferenz sagte am Montag, dass er nicht nur für den Verstorbenen beten werde, sondern auch „für seinen Mörder“.

Den Ordensbrüdern galt A. als religiös und zuverlässig. Das Magazin „Le Point“ berichtet, der Ruander habe sich noch vor Kurzem in psychiatrischer Behandlung befunden, aus der er nur etwas mehr als eine Woche vor der Tat entlassen worden war. In einem älteren E-Mail schrieb A. von einem „beklagenswerten Teufelskreis“, in dem er sich aufgrund seines Asylverfahrens in Frankreich gefangen sah.

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