U-Ausschuss-Bericht

Wie die FPÖ heute auf Türkis-Blau zurückblickt

Ibiza-Untersuchungsausschuss
Ibiza-UntersuchungsausschussGeorges Schneider / picturedesk.
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Nach eineinhalb Jahren Untersuchungsausschuss legt die FPÖ ihre Bilanz vor. Und sie fällt nicht gut aus – für die ÖVP. Sich selbst nehmen die Freiheitlichen in Schutz. Genauso wie ihren Ex-Parteichef.

Wer auf Seite 150 angekommen ist, der letzten des FPÖ-Berichts über den Ibiza-Untersuchungsausschuss, der hat schon einiges erfahren: Die Freiheitlichen beschreiben, wie die ÖVP aus ihrer Sicht die wichtigsten Institutionen der Republik türkis einfärben wollte. Wie sie Spender umgarnt, wenn nicht sogar begünstigt haben soll. Und wie sie von 2017 bis 2019 Gesetze geändert, Posten vergeben und die Justiz beeinflusst haben soll. Eine Frage bleibt allerdings offen: Wo war da die FPÖ? Immerhin war die Partei mit der ÖVP in einer Koalition. Wenn sich alles zugetragen hat, wie die Freiheitlichen skizzieren, zeichnen sie auch ein schwammiges Bild ihrer eigenen Regierungszeit. „Blauäugig waren wir“, sagt der FPÖ-Fraktionsführer im U-Ausschuss, Christian Hafenecker, am Dienstag. „Die ÖVP war nie ehrlich mit uns als Koalitionspartner.“

Über die Erkenntnisse der FPÖ nach dem U-Ausschuss, ihre Wünsche für die Zukunft – und ihre eigene Rolle unter Türkis-Blau.

Der „tiefe Staat“

Eine wichtige Lehre hat Hafenecker nach eigenen Angaben daraus gezogen: Sobald Sebastian Kurz zuerst im ÖVP-Chefsessel und nachher im Kanzleramt Platz genommen hat, soll seine Partei an einem „tiefen Staat“ gearbeitet haben. Die Ministerien für Inneres, Justiz und Finanzen seien „Dreh- und Angelpunkte, um die eigene politische Agenda zum Vorteil der Partei durchzusetzen“, heißt es in dem Bericht. Es ist eine sehr brachiale Beschreibung für das enge türkise Netzwerk. Das Finanzministerium habe türkise Ministerien gestärkt, schreibt die FPÖ. Tatsächlich prahlte Thomas Schmid im Finanzressort damit, wie viel Budget Kurz als Außenminister erhalten habe. Und wie lang man später Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) habe zappeln lassen.

Die Spender

Die Anleitung zur Machtübernahme habe die ÖVP im „Projekt Ballhausplatz“ skizziert, schreibt die FPÖ. Wichtig dabei seien Spender gewesen – in einigen Fällen gelangten entweder sie selbst oder deren Umfeld zu Posten und Mandaten. „Man kann nicht direkt behaupten, dass es eins zu eins einen Zusammenhang gab. Aber es ist schon seltsam, was für Zufälle passiert sind“, sagt Hafenecker.

Der Ex-Parteichef

Dass die FPÖ sich im Bericht selbst verteidigt, wird niemanden überraschen. Wie deutlich sie aber für ihren Ex-Parteichef eintritt, womöglich schon: Von den Vorwürfen, die man Heinz-Christian Strache nach seinen Aussagen auf Ibiza gemacht hat, sei nichts mehr übrig. Und das Gerichtsverfahren, das gerade gegen Strache geführt wird? „Ich bin gespannt, was dabei herauskommt“, sagt Hafenecker nur. Sollte Strache sich nach einer Spende für eine Gesetzesänderung eingesetzt haben (er bestreitet das), hätte die ÖVP auch ein Problem, glaubt Hafenecker.

Die FPÖ

Hafenecker kritisiert den Verfahrensrichter im U-Ausschuss, Wolfgang Pöschl. Auch er hat einen Abschlussbericht geschrieben. Bei der Bestellung von FPÖ-Mann Peter Sidlo in den Vorstand der Casinos AG gab es eine „geradezu unabänderliche Willensdurchsetzung auf Regierungsebene, gerade diesen Mann in diese Position zu bringen“, hielt Pöschl fest. Und: Diese Postenbesetzung sei auch mit der Ernennung von Thomas Schmid als Öbag-Alleinvorstand verzahnt gewesen. Die FPÖ widerspricht: Sidlo sei der am besten geeignete Kandidat gewesen – mit Postenschacher habe das nichts zu tun. Ähnliches gilt für Siegfried Stieglitz. Pöschl stellte eine Begünstigung fest: Nachdem er an einen Verein mit FPÖ-Nähe gespendet hatte, wurde er Asfinag-Aufsichtsrat. Ermittler prüfen, ob es einen Zusammenhang gibt. Stieglitz und die FPÖ widersprechen vehement.

Der nächste Ausschuss

Dass es bald einen neuen Ausschuss geben wird, davon ist die FPÖ überzeugt. Die Frage ist nur, welche Themen nun genau beleuchtet werden. Und mit welchen Spielregeln: Hafenecker will jedenfalls die Befragungen von prominenten Auskunftspersonen per Video übertragen. Jeder Fraktion sollten zwingend zwei Fragerunden zustehen. Und: Wer den Vorsitz führen darf, soll strenger geregelt sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2021)

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