Taliban

UNHCR empfiehlt, nicht mehr nach Afghanistan abzuschieben

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AFGHANISTAN-CONFLICT(c) APA/AFP (HOSHANG HASHIMI)
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Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat gibt eine Empfehlung gegen Abschiebungen heraus. Das schließt auch Asylwerber mit ein, deren Antrag abgelehnt wurde.

Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) an eine Empfehlung herausgegeben, Afghanen nicht mehr in ihre Heimat, wo die radikal-islamischen Taliban die Kontrolle übernommen haben, abzuschieben. Die "Non-Return Advisory" schließe Asylwerber, deren Antrag abgelehnt wurde, mit ein, sagte Sprecherin Shabia Mantoo am Dienstag in Genf. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hält entgegen Kritik von vielen Seiten nach wie vor an Abschiebungen fest.

Zuvor hatte UNO-Generalsekretär Antonio Guterres an die Weltgemeinschaft appelliert, afghanische Flüchtlinge aufzunehmen und Abschiebungen nach Afghanistan auszusetzen. Bundespräsident Alexander Van der Bellen erklärte am Dienstag, Abschiebungen nach Afghanistan seien aufgrund der aktuellen politischen Entwicklungen "fehl am Platz".

Warnung vor Zwangsrückführungen

Sprecherin Shabia Mantoo begrüßte die Entscheidung mehrerer europäischer Staaten wie Deutschland, Frankreich und die Niederlande, die im Gegensatz zu Österreich Abschiebungen aussetzen. Die UNHCR-Warnung gegen Zwangsrückführungen werde so lange aufrecht bleiben, bis ausreichende Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte für eine sichere und menschenwürdige Rückkehr hergestellt seien.

"Staaten haben die rechtliche und moralische Verantwortung, den aus Afghanistan Fliehenden Schutz zu gewähren und Flüchtende nicht zwangsweise zurückzuschicken", betonte Shabia Mantoo zudem. Das Nachbarland Usbekistan gab am Dienstag bekannt, dass es Fluchtbewegungen verhindern wolle. Auch Griechenland kündigte an, einen möglichen Zustrom stoppen zu wollen.

Nur wenige Menschen hätten die Grenze überschritten

Laut Mantoo verfügt das UNHCR über keine genauen Statistiken zu den aktuellen Ausreisen aus Afghanistan. Im Vergleich zu den 550.000 Binnenvertriebenen innerhalb Afghanistans seit Anfang des Jahres seien Menschen jedoch bisher nur "sporadisch und in geringerem Maße" über die Grenzen geflohen.

Der Migrationsforscher Steffen Angenendt von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin hält Warnungen vor Flüchtlingszahlen in Deutschland in einer Größenordnung wie 2015 und 2016 für überzogen. Es sei unlauter, wenn Politiker mit Warnungen vor einer Wiederholung des Jahres 2015 Ängste schürten, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Ich gehe davon aus, dass die Zahl afghanischer Flüchtlinge in der EU in den kommenden Monaten weiter wachsen wird, dass wir aber bei weitem nicht die Zahlen von 2015 und 2016 erreichen werden."

Gleichwohl werde nicht nur die Zahl der Geflüchteten innerhalb Afghanistans zunehmen, sondern auch die Zahl jener, die versuchten, ins Ausland zu gelangen, sagte Angenendt. "Es wird zunächst neue Fluchtbewegungen nach Iran und Pakistan geben, in Länder, die schon seit langem viele afghanische Flüchtlinge aufgenommen haben, die zunehmend überlastet sind und in denen die Lebensbedingungen für die Flüchtlinge immer schlechter werden." Ob die Menschen dortbleiben könnten, hänge auch von der Unterstützung für diese Aufnahmeländer ab.

(APA/dpa/Reuters)

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