51 Prozent der Unionswähler sind laut einer Umfrage für einen Rücktritt des CDU-Vorsitzenden Armin Laschet. Auch Wahlforscher sehen die Verantwortung für die herben Verluste zu einem großen Teil beim Kanzlerkandidaten.
Nach den starken Verlusten für die CDU bei der Bundestagswahl hat die Junge Union in Sachsen den Rücktritt von Parteichef Armin Laschet verlangt. "Wir brauchen einen echten Neuanfang. Dieser kann nur erfolgreich sein, wenn unser Bundesvorsitzender und Kanzlerkandidat, Armin Laschet, die Konsequenzen aus diesem Vertrauensverlust zieht und zurücktritt", sagte der Landesvorsitzende Marcus Mündlein am Montag in Dresden.
Die Wähler hätten ein klares Signal gesendet, eine Regierung ohne die Union zu wollen. "Als Demokraten haben wir dies zu akzeptieren und sollten die Zeit in der Opposition zur inhaltlichen Neuaufstellung nutzen." Die Union hatte bei der Wahl am Sonntag ein Debakel erlitten, sie stürzte von 32,9 Prozent auf den historischen Tiefpunkt von 24,1 Prozent ab.
Auch die rheinland-pfälzische CDU-Landtagsabgeordnete Ellen Demuth forderte auf Twitter den Rücktritt von Laschet. "Ich wünschte, dieser Tweet wäre überflüssig. Ich wünschte, es gäbe eine Selbsterkenntnis", schrieb Demuth am Montag auf Twitter. "Nach der bedenklichen PK eben bleibt mir leider nur zu sagen: @ArminLaschet, Sie haben verloren. Bitte haben Sie Einsicht. Wenden Sie weiteren Schaden von der #CDU ab und treten Sie zurück."
Demuth war Chefstrategin bei Norbert Röttgen, als sich dieser Ende 2020 wie Laschet und Friedrich Merz für den Parteivorsitz beworben hatte. Die 39-Jährige ist stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Landtag in Mainz. Ein Sprecher der CDU bestätigte die Echtheit des Tweets, Demuth selbst war zunächst nicht zu erreichen.
„Den eigenen Laden in Ordnung bringen"
"Mir fehlt jede Fantasie, wie Laschet die für eine neue Regierung notwendige Aufbruchstimmung erzeugen will", sagte der Nürtinger CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Hennrich der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" (Dienstag) über den Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet. Priorität müsse die Aufarbeitung der Wahlniederlage haben. "Zunächst müssen wir unseren eigenen Laden in Ordnung bringen. Da gibt es genug zu tun."
Die Ulmer CDU-Abgeordnete Ronja Kemmer sprach sich in den Zeitungen für "einen echten Generationenwechsel" aus. Der Abgeordnete Roderich Kiesewetter aus Aalen sagte mit Blick auf die Schwesterpartei CSU: "Die SPD hat gezeigt, wie viel man durch Geschlossenheit erreichen kann. Das hat der Union leider auf weiten Strecken gefehlt."
51 Prozent der Unionswähler sind laut einer Civey-Umfrage für einen Rücktritt des CDU-Vorsitzenden Armin Laschet. Insgesamt seien 70 Prozent der Befragten dafür, dass er sein Parteiamt niederlege, heißt es in der für die Funke-Mediengruppe erstellten Umfrage. Zuvor hatten konservative Unions-Gruppierungen einen Rücktritt von Laschet und auch CSU-Chef Markus Söder gefordert. Die rheinland-pfälzische Landtagsabgeordnete Ellen Demuth verlangte auf Twitter, dass Laschet abtreten müsse. Im Rennen um den CDU-Parteivorsitz war Demuth von dem damals unterlegenen Kandidaten Norbert Röttgen als potenzielle Generalsekretärin präsentiert worden.
„Laschet für Ergebnis verantwortlich"
Wahlforscher sehen die Verantwortung für die herben Verluste der Union zu einem großen Teil beim CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet. Zu keinem Zeitpunkt habe eine Mehrheit der Bevölkerung Laschet das Kanzleramt zugetraut, sagte Nico Siegel vom Umfrageinstitut Infratest dimap am Montag in Berlin.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz habe stärker überzeugen können. Dies sei bis "weit ins bürgerliche Lager hinein, bis in die FDP-Wählerschaft" der Fall gewesen.
Der CDU/CSU sei im Vorfeld der Wahl vom Sonntag "eine Rote Karte gezeigt" worden, "wie wir uns das Anfang des Jahres nicht hätten vorstellen können". Siegel sprach von "erheblichen Kompetenzproblemen bei der Union verbunden mit einem Kandidaten, der einen Wahlerfolg letztendlich nicht ermöglicht hat". Der Wahlforscher fügte hinzu: "Man darf gespannt sein, ob und in welchem Maße der Kanzlerkandidat der Union nach diesen persönlichen Werten den Anspruch auf die Kanzlerschaft aufrechterhält."
Die Union hatte bei der Bundestagswahl mit 24,1 Prozent der Stimmen ihr historisch schlechtestes Ergebnis erzielt. CDU/CSU lagen damit hinter der SPD mit 25,7 Prozent. Forsa-Forscher Peter Matuschek sagte, das historisch schlechte Wahlergebnis der Union könne "Folgen haben für das Parteiensystem in Deutschland so wie wir es kannten". Die "relative Stärke der SPD" sei zugleich "ein Spiegelbild der relativen Schwäche der Union" gewesen. Bei der SPD sei der "Kandidatenstatus zum Tragen gekommen".
Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen verwies darauf, dass "ein ganz großer Teil sowohl in der Gesamtheit der Wählerschaft als auch in der CDU/CSU-Anhängerschaft einen anderen Kandidaten" favorisiert habe. Mit Blick auf CSU-Chef Markus Söder sagte Jung, dieser Kandidat habe "auch zur Debatte" gestanden. Mit ihm hätte die Union "ein deutlich besseres Ergebnis erzielt".
(APA/Reuters/dpa)