Cholera in Port-au-Prince: "Können nur noch beten"

(c) AP (Ramon Espinosa)
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Die Cholera hat in Haiti schon mehr als 284 Todesopfer gefordert. Nun droht eine weitere Ausbreitung in der Hauptstadt, wo 1,3 Millionen Erdbeben-Überlebende in Zeltlagern campieren.

Port-au-prince. Im Karibikstaat Haiti hat sich die Cholera-Epidemie am Wochenende auf die Hauptstadt Port-au-Prince ausgeweitet. In der Nacht zum Sonntag wurden dort nach Angaben der UNO fünf Fälle bestätigt. Zuvor hatten Ärzte gewarnt, dass die Seuche, sollte sie die Millionenstadt erreichen, unkontrollierbar ausufern könnte.

Die Angst vor der Ausbreitung in der Stadt ist groß. Seit dem verheerenden Erdbeben vom Jänner, bei dem 250.000 bis 300.000 Menschen vor allem im Raum Port-au-Prince und im Süden Haitis gestorben sind, und das das schon zuvor bettelarme Land in seiner Entwicklung noch weiter zurückgeworfen hat, campieren hier 1,3 Millionen Überlebende unter ärmlichsten Umständen in Zeltlagern.

Kranke kamen vom Land

Die Zahl der Cholera-Toten kletterte nach offiziellen Angaben auf mehr als 284. Insgesamt gibt es über 3000 Erkrankte während der ersten Cholera-Epidemie in Haiti seit einem Jahrhundert. UN-Vertreter sagten indes, die fünf Kranken in der Hauptstadt hätten sich nicht dort angesteckt, sondern in den Cholera-Regionen im Norden Haitis, den Provinzen Artibonite und Central Plateau. Sie seien dann in die Hauptstadt gereist.

Port-au-Prince sei daher vorerst kein neues Infektionsgebiet, sagte UN-Sprecherin Imogen Wall: „Die Fälle wurden schnell diagnostiziert und isoliert“, gab sie unter Berufung auf Informationen der haitischen Gesundheitsbehörden bekannt. Die Präventionsmaßnahmen in Port-au-Prince seien verschärft worden. Experten fürchten, dass sich die Epidemie ungeachtet aller Anstrengungen im ganzen Land ausbreiten wird.

Grenze schwer kontrollierbar

Vor allem ist man in Sorge, dass sie auf die Dominikanische Republik überspringt – sie liegt wie Haiti auf der Insel Hispaniola, ist aber ungleich höher entwickelt und dank Tourismus recht wohlhabend. Die Grenze, die durch Dschungel und Gebirge führt, ist kaum kontrollierbar, und so halten sich mehrere hunderttausend Gastarbeiter, aber auch illegale Einwanderer aus Haiti in der Dominikanischen Republik auf; im Jänner waren es schätzungsweise eine halbe Million Menschen.

Das Bakterium Vibrio cholerae wird vor allem durch verunreinigtes Wasser oder Lebensmittel übertragen. Die Krankheit erzeugt Erbrechen und Durchfall und kann oft binnen Stunden zum Tod durch Austrocknung führen.

Ein Vertreter der US-Hilfsorganisation „Food for the Poor“, Daniel Rouzier, warf den Behörden Haitis sowie deren Partnern Versagen vor: „Mittlerweile sind mehr als 72 Stunden vergangen, und es gibt keine Abriegelungen. Wenn die Kranken vor Ort angemessene Versorgung gehabt hätten, wären sie nicht in diese chaotische Stadt gekommen“, sagte er unter Verweis auf die fünf Erkrankten, die es nach Port-au-Prince geschafft hatten. Helfer aus der Stadt Saint-Marc in der Region Artibonite berichteten von überfüllten Krankenhäusern. Viele Patienten müssten im Freien behandelt werden.

Kein Geld für Seife

Haitis Gesundheitsminister Alex Larsen appellierte an die Menschen, ihre Hände mit Seife zu waschen und kein rohes Gemüse zu essen, Essen und Wasser grundsätzlich zu kochen. Baden in Flüssen und Trinken des Flusswassers solle vermieden werden. Viele Bewohner der Lager in Port-au-Prince sagten, sie hätten kein Geld für Seife. „Alles, was wir machen können, ist, zu Gott zu beten“, sagte die 35-jährige Camp-Bewohnerin Helen Numa. „Aber Sie können selbst sehen, wie die Menschen hier leben, eingequetscht wie Ölsardinen.“ Reuters, wg

Lexikon

Vibrio cholerae ist der Name des Cholera-Bakteriums. Es gibt ein Toxin ab, das schweren Durchfall („Reiswasserstuhl“) erzeugt, bis 25l am Tag, rasche Austrocknung droht. Die Therapie ist an sich simpel: viel Wasser versetzt mit Salz, Traubenzucker, ev. Antibiotika trinken.

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