ÖBB schlittert in eine Korruptionsaffäre

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oeBB schlittert eine Korruptionsaffaere(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Aufsichtsrat der ÖBB diskutierte 2008 offen über Schmiergeldzahlungen im Zusammenhang mit der Übernahme der ungarischen Güterbahn. Die Affäre könnte Horst Pöchhacker den Job kosten.

Dass bei internationalen Geschäften – nicht nur in Osteuropa – häufig als Lobbying-ausgaben getarnte Schmiergelder fließen, ist nichts besonders Neues. Dass darüber offen in Aufsichtsratssitzungen, die auf Tonband mitgeschnitten werden, geredet wird, schon.

Eine solche Aktion könnte jetzt den Aufsichtsratsvorsitzenden der ÖBB, Horst Pöchhacker, den Job kosten: Das Magazin „Profil“ veröffentlicht in seiner neuen Ausgabe einen Tonbandmitschnitt einer ÖBB-Aufsichtsratssitzung vom Februar 2008, in dem über einen 7,1- Mio.-Euro-Beratervertrag mit dem ungarischen Lobbyisten András Gulya im Zusammenhang mit der Übernahme der ungarischen Güterbahn (MAV Cargo, jetzt Rail Cargo Hungaria) durch die ÖBB ging.

Pöchhacker sagte laut „Profil“ bei dieser Sitzung, es sei naiv zu glauben, dass man Aufträge „ohne irgendeinen ähnlichen Lobbyingabschluss“ erhalten könne. Wenn man das infrage stelle, dann solle man mit Akquisitionen in gewissen Ländern aufhören.

Pöchhacker sagte demgemäß weiter, er komme aus der Bauwirtschaft (er war Porr-Generaldirektor, Anm.) und könne sagen, dass es auch bei der Errichtung der Autobahn M6 so gelaufen sei. Es sei nicht möglich, in Ungarn ohne solche Aufträge zum Zug zu kommen.

Gulya, der von den ÖBB 7,1 Mio. Euro bekam, repräsentiert das Ein-Mann-Unternehmen Geuronet mit einem Stammkapital von ganzen 120 Euro. Was er genau für das Geld gemacht hat, konnte nicht exakt eruiert werden. Pöchhacker soll damals jedenfalls gesagt haben, die Frage nach der Leistung eines Lobbyisten sei „naiv“: „Wenn du den richtigen Mann beauftragst, der den richtigen Minister in der richtigen Sekunde anruft, dann kannst du nicht das Telefonat verrechnen.“

Pöchhacker selbst wollte zu den Vorwürfen am Donnerstag nicht Stellung nehmen. Dem „Profil“ hatte er schon vorher gesagt, der Vertrag mit Gulya sei „selbstverständlich nicht abgeschlossen worden, um politische Verantwortungsträger in Ungarn zu korrumpieren“. Gulya sollte „ausschließlich mit den richtigen Leuten reden“.

Lopatka: „Pöchhacker soll gehen“

Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka verlangte am Donnerstag die Ablöse Pöchhackers. Dieser sei schon vor Bekanntwerden der Lobbyingaffäre vom Rechnungshof massiv für sein Vorgehen bei den missglückten ÖBB-Spekulationsgeschäften kritisiert worden. Außerdem habe er versucht, Kritiker (u. a. Lopatka) durch Gutachten mundtot zu machen.

Insider vermuten die missglückte Gutachten-Aktion, die auch in der Bahn selbst nicht unbedingt goutiert worden war, als Auslöser der derzeitigen Affäre: Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Tonband dem Magazin aus dem Unternehmen selbst zugespielt worden sei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29. Oktober 2010)

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