44.000 Demonstranten

„Nein zum Impfzwang“: Proteste in Wien und Klagenfurt

"Nein zum Impfzwang", hieß es auf Tafeln zahlreicher Demonstranten.
"Nein zum Impfzwang", hieß es auf Tafeln zahlreicher Demonstranten.(c) APA/FLORIAN WIESER (FLORIAN WIESER)
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Die Versammlung begann Samstagmittag am Heldenplatz. FPÖ-Chef Kickl wetterte gegen Bundeskanzler Nehammer und Gesundheitsminister Mückstein. Es gab Anzeigen wegen Missachtung der Maskenpflicht, sowie der Verwendung von Pyrotechnik.

Die Stimmung mitten in der Corona-Pandemie bleibt angespannt: In der Wiener Innenstadt protestierten am Samstag rund 44.000 Gegner der Corona-Maßnahmen, angeführt von FPÖ-Chef Herbert Kickl, der deftig gegen die Regierung wetterte. Auch die Regierung verschärfte die Tonart, Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) warf Kickl "Blut an den Händen" vor. Bei den Demonstrationen kam es zu mehreren Anzeigen und Festnahmen, auch Journalisten wurden wieder angegriffen.

In einem am Samstag veröffentlichten Ö1-Interview platzte Köstinger wegen des Corona-Kurses der FPÖ der Kragen: Es gebe "eine sehr große Partei in Österreich, die extrem Verschwörungstheorien anhängt, die keine Gelegenheit auslässt, um Menschen zu überzeugen, eben die Impfung nicht in Anspruch zu nehmen". Die Blauen hätten sogar ein Entwurmungsmittel statt der Impfung empfohlen. Sie habe sich jetzt schon ein paar Mal gedacht, dass Herbert Kickl eigentlich mittlerweile Blut an den Händen hat", verwies Köstinger darauf, dass auch Kinder-Herz- oder Krebsoperationen verschoben werden müssen, weil die Intensivbetten von vorwiegend ungeimpften Corona-Patienten belegt sind.

Kickl tituliert Mückstein als „Möchtegern-Feldwebel"

"Wer mir ausrichtet, dass ich Blut an den Händen habe, dem richte ich aus, dass er nur Mist im Kopf hat", antwortete Kickl der Ministerin von der Bühne der Demonstration am Heldenplatz aus. Manche hätten noch nicht begriffen, dass sie von einer Regierung "verarscht" und in den "Hintern getreten" würden, da man ihnen eine Karikatur von Freiheit für die echte Freiheit anbiete, kritisierte Kickl Lockdown und Impfpflicht. Man würde, so beteuerte er, auch für jene kämpfen, die das doch nicht "gneißen" würden: "Das ist unsere Form der Solidarität." Die Aktionen würden noch so lange dauern, bis die Regierung "vor die Hunde" gehe: "Wir alle können dazu einen Beitrag leisten." Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) wurden von Kickl als "Möchtegern-Feldwebel" und "Frankenstein" tituliert.

Verstöße bei Maskentragepflicht und Pyrotechnik

Die Szenerie am Heldenplatz entsprach dem inzwischen gewohnten Bild. Zahlreiche Slogans auf den Transparenten, Tafeln oder Aufklebern widmeten sich der - von den Teilnehmern sichtlich rigoros abgelehnten - Impfpflicht. "Nein zum Impfzwang" war vermutlich am häufigsten zu lesen. Auch die Forderung "Hände weg von unseren Kindern" war sehr präsent. Skandiert wurde wiederholt "Wir sind das Volk". Auch eine "neue Hymne für die Freiheit" erschallte aus den Lautsprechern.

Einmal mehr wurde die Maskentragepflicht weitgehend ignoriert. Zwar gab es Durchsagen der Polizei, in denen auf die Gesetzeslage verwiesen wurde, eingehalten wurden die rechtlichen Bestimmungen von vielen Personen aber nur, wenn Exekutivbeamte in der Nähe waren. Laut Polizei, die mit rund 1400 Beamten im Einsatz war, wurden Anzeigen wegen der Verwendung von Pyrotechnik und der Missachtung der Maskenpflicht gelegt. Zudem wurde von Festnahmen unter anderem aufgrund des Verbotsgesetzes oder wegen mutmaßlichen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt berichtet. Am späten Nachmittag lag die Bilanz bei insgesamt vier Festnahmen, wie die Polizei auf APA-Anfrage mitteilte. Störer und Aggressoren würden gezielt angehalten und deren Identität festgestellt, hieß es weiters.

Während des auf die Standkundgebung folgenden Protestzuges um den Ring wurden auch Medienvertreter mit Schneebällen bzw. Eisbrocken beworfen. Die Angreifer konnten laut Polizei angehalten werden. SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner kritisierte in einer Aussendung, es sei "inakzeptabel, dass die FPÖ auf ihren Demonstrationen Rechtsextreme duldet, die rücksichtslos auf Polizei und Medienvertreter*innen losgehen".

Demonstrationen auch in Klagenfurt und Linz

Bis zu 2500 Personen haben am Samstag laut Polizeiangaben auch in Klagenfurt an einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen teilgenommen. Versammelten sich bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt zuerst nur knapp 1000 Teilnehmer vor dem Stadttheater, so waren es schließlich doch mehr, als sich der Demozug in Richtung Landesregierung in Bewegung setzte. Dennoch waren es deutlich weniger Teilnehmer als bei der Demo vor zwei Wochen.

Die Teilnehmer hatten neben Schildern mit altbekannten Slogans auch Kuhglocken, Kochtöpfe oder Trillerpfeifen mitgebracht. Angeführt von einem Traktor mit leistungsfähigen Boxen auf dem Anhänger ging es quer durch die Stadt bis zum ORF und weiteren Medienunternehmen, wo die Teilnehmer ihrem Unmut über ihrer Meinung nach nicht wahrheitsgemäße Berichterstattung Luft machten. Mit der von der Polizei mehrmals durchgesagten Maskenpflicht nahmen es nur wenige Demonstrationsteilnehmer genau. Zu Zwischenfällen war es bis zum Nachmittag nicht gekommen.

In Linz waren Samstagnachmittag rund 150 Corona-Demonstranten unterwegs, wie die oberösterreichische Polizei mitteilte. Vorfälle habe es keine gegeben.

Proteste in Deutschland nehmen zu

Auch in mehreren Städten Deutschlands haben am Samstag erneut Menschen gegen die Corona-Maßnahmen demonstriert. In Hamburg protestierten mehrere Tausend Menschen unter dem Motto "Das Maß ist voll – Hände weg von unseren Kindern!". Die Polizei sprach von einem friedlichen Verlauf und bis zu 10.000 Teilnehmern. "Die Abstände werden eingehalten, soweit man das sehen kann", sagte ein Polizeisprecher.

Demonstriert wurde unter anderem auch in mehreren bayerischen Städten. In Neumarkt in der Oberpfalz trafen sich zunächst 1300 Menschen, wie die Polizei mitteilte. Als sich der Demonstrationszug in Bewegung setzte, hätten sich weitere angeschlossen, sodass in der Spitze rund 2.000 Menschen mitgingen. Zu Verstößen sei es nur vereinzelt gekommen, hieß es. Auch in Fürth versammelten sich nach Polizeiangaben knapp 2.000 Menschen zu einer Kundgebung gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Die Demonstration sei friedlich verlaufen, sagte ein Polizeisprecher.

Auch in weiteren deutschen Städten hat es am Samstag kleinere Kundgebungen gegeben. So wurde etwa auch in München, Berlin, Frankfurt, Trier und Schwerin demonstriert.

(APA)

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