Gertraud Jesserer lebt nicht mehr. Eine fragile Schauspielerin, die mit magischer Ausstrahlung und voller Intensität verzauberte. Ein Mensch, der verloren wirkte in dieser Welt. Bei ihrer letzten Auszeichnung hielt ihr Freund Michael Horowitz die Laudatio.
Mehr Wiener Milieu gibt's kaum. Als in Wolfgang Murnbergers Krimi Taxi für eine Leiche. Ein Panoptikum von schillernden Vorstadt-Typen. Im Café Nachtigall regiert Oberkellner Schorsch. Im schon speckigen Smoking. Fesch, traurig – aber immer für ein Abenteuer bereit – versucht Karlheinz Hackl in einer Szene, die ich nie vergessen werde, die Kinobesitzerin Hermi, die mit ihrer erotischen Aura spielerisch umgeht, zu gewinnen: „Drei Nächte mit der Bardot in Saint-Tropez, drei Wochen mit Gina Lollobrigida in Rimini, drei Monate mit Sharon Stone in Malibu. Nein. Aber eine Nacht mit der Hermine Huber in Ottakring . . .“ meint der melancholische Verführer Hackl.
Als Antwort ein Blick von Hermi Huber, der die Abfuhr mit wärmender Weiblichkeit verbrämt. Ein Augenblick, der keine Nuance zu lang ist, der nicht verletzen will, der liebevoll bleibt.