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Waldbrand im Rax-Gebiet: Handydaten für Ermittler tabu

 Ein Feuerwehrmann bei der Brandbekämpfung in Hirschwang/Rax. 
Ein Feuerwehrmann bei der Brandbekämpfung in Hirschwang/Rax. APA/EINSATZDOKU
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115 Hektar verbrannte Fläche, knapp 30 Millionen Euro Schaden: Die Folgen des Feuers in Hirschwang sind enorm - seine Verursacher könnten dennoch davonkommen.

Es gilt als der größte Waldbrand in der österreichischen Geschichte: Jenes Feuer, das Ende Oktober/Anfang November 13 Tage lang an die 9000 freiwillige Einsatzkräfte im niederösterreichischen Hirschwang an der Rax (Bezirk Neunkirchen) in Atem gehalten hat. Rund 115 Hektar Fläche sind den Flammen – ausgelöst von einer illegalen Feuerstelle auf dem Mittagstein – zum Opfer gefallen, mit knapp 30 Millionen Euro wird der Schaden beziffert. Unklar dagegen ist mehr als ein Monat später hingegen nach wie vor, wer den Brand verursacht hat – und das könnte so bleiben.

Wie der „Kurier“ und der ORF Niederösterreich berichten, wurde seitens der Justiz eine Funkzellenauswertung und Analyse der Mobilfunkdaten untersagt. Das bedeutet: Die ermittelnde Kriminalpolizei kann nicht erheben, wer in der Nacht vor dem Brandausbruch mit seinem Handy am Berg eingeloggt war. Die Begründung: Es fehlt die rechtliche Grundlage dafür. In den Worten von Erich Habitzl, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt: „Es benötigt ein Delikt mit einer Strafandrohung von mehr als einem Jahr Haft.“

Im konkreten Fall jedoch führt die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren nach Paragraf 170 StGB wegen der „fahrlässigen Herbeiführung einer Feuersbrunst“, das mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen ist. Zu wenig folglich, um eine Handydatenauswertung durchzuführen.

Pikant: Das Landeskriminalamt hatte dem „Kurier“ zufolge ursprünglich das Delikt der Brandstiftung vorbringen wollen – ein Verbrechen mit einem Strafmaß von bis zu zehn Jahren Haft. Der eingesetzte Brandsachverständige konnte damals einen „bedingten Vorsatz“ durch das achtlose Wegwerfen einer Zigarette nicht ausschließen. Heute geht die Behörde hingegen davon aus, dass das Feuer von einem Lagerfeuer ausgegangen ist, das schlecht abgelöscht worden ist. Und, wie Habitzl im ORF erläuterte: „Eine entsprechende Auswertung (…) wäre im konkreten Fall erst dann möglich, wenn das Feuer vorsätzlich verursacht worden wäre. Dafür gibt es aber keine Hinweise.“

„Weder Lagerfeuer noch Zigarette sind Kavaliersdelikt“

Wiens Forstdirektor Andreas Januskovecz (der Brand ereignete sich im Quellenschutzgebiet der Bundeshauptstadt) wollte die Entscheidung nicht bewerten, betonte aber: „Wir können nach so einem Brand nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Es geht nicht darum, dass jemand den Schaden bezahlt, sondern darum, dass so etwas nicht mehr passiert.“ Deutlicher wurde Niederösterreichs Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP): „Das ist auch aus Sicht der Einsatzkräfte ein Schlag ins Gesicht.“ Den Waldbrand könne man nicht mehr ungeschehen machen, so Pernkopf, aber: „Weder ein Lagerfeuer im Wald noch eine weggeworfene Zigarette sind ein Kavaliersdelikt.“

>>> Bericht im „Kurier"

>>> Bericht des ORF Niederösterreich

(hell)

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