Horst Pöchhacker: Der unantastbare Präsident

Horst Poechhacker unantastbare Praesident
Horst Poechhacker unantastbare Praesident(c) APA (ROBERT JAEGER)
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Horst Pöchhacker ist ein Fall für die Justiz – wegen des Verdachts der Schmiergeldzahlungen als Porr-Chef und als ÖBB-Präsident. Gut, dass er den Kanzler hinter sich weiß: Werner Faymann lässt ihn nicht verkommen.

Es gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung, das kann nicht oft genug betont werden. Einerseits. Andererseits ist die Optik halt nicht die beste: Gegen Horst Pöchhacker wird gerade heftig ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Wien führt ihn in einer Nebenfront der Causa Buwog als Beschuldigten. Bei der Durchforstung von Konten des Lobbyisten Peter Hochegger sind die Ermittler nämlich auf Rechnungen an den Baukonzern Porr gestoßen.

Unter dem früheren Porr-Generaldirektor Pöchhacker hatte Hochegger Geld für „Beratungsleistungen“ rund um Ausschreibungen für ungarische Autobahnen kassiert. Die Fahnder gehen der Frage nach, ob es sich dabei um Schmiergelder gehandelt hat.

Jetzt hat sich auch die Korruptionsstaatsanwaltschaft Pöchhackers angenommen. Diesmal geht es um Pöchhackers Tätigkeit als Aufsichtsratspräsident der ÖBB. Es sind Tonbandaufzeichnungen einer ÖBB-Aufsichtsratssitzung vomFebruar 2008 aufgetaucht, in der über Millionenzahlungen an die ungarische Lobbyingfirma Geuronet im Zusammenhang mit dem Kauf der ungarischen Güterbahn diskutiert wurde. Die ÖBB-Aufsichtsräte quälte damals offenbar die Frage, welche Leistungen Geuronet konkret erbracht habe. Und Pöchhacker meinte, es sei „naiv“, Lobbyisten nach deren Leistung zu befragen. Nachsatz: „Wir können natürlich so naiv sein, dass wir kein Geschäft mehr machen.“ Als ehemaliger Porr-Chef wisse er, wovon er rede: „Wir haben keinen ungarischen Auftrag ohne irgendeinen ähnlichen Lobbyingabschluss erhalten.“

Sehr erhellend, aber wie gesagt: Es gilt die Unschuldsvermutung. Pöchhacker will da auch „nichts Verfängliches“ sehen, wie er der „Presse“ sagt: „Das war ein ganz normaler Lobbyistenvertrag und keine Bestechungsgeschichte.“ Rücktritt? „Warum sollte ich?“, fragt Pöchhacker zurück.

Da scheint er einer Meinung mit SPÖ-Verkehrsministerin Doris Bures zu sein: Er genieße nach wie vor ihr volles Vertrauen, sagt sie. Glaubt man den Gerüchten aus ihrem Ressort, kam diese Wortspende allerdings nicht wirklich von Herzen. Schon länger soll sich Bures mit dem mächtigen und also „unkontrollierbaren“ Pöchhacker nicht wohlfühlen. „Der Horst darf bleiben, so lange er will“, soll ihr aber Kanzler Werner Faymann schon vor Monaten beschieden haben. Offenbar ist Dankbarkeit doch eine politische Kategorie.

Macht natürlich auch – und der 72-jährige Horst Pöchhacker ist ein mächtiger Mann. Zu verdanken hat er das seinem über die Jahre behände aufgebauten, beachtlich verzweigten Netzwerk in Wirtschaft und Politik. Doch selbst die besten Netzwerke können bekanntlich filigran werden, wenn es hart auf hart geht. Gut also, dass Pöchhacker Werner Faymann hat.

Dem Bundeskanzler hat er tatsächlich viel zu verdanken – nicht nur die schützende Hand, die jetzt über ihm schwebt. Es war Verkehrsminister Faymann, der Pöchhacker im Jahre 2007 in die Aufsichtsräte der zu ihm ressortierenden wichtigsten Unternehmen holte. Pöchhacker wurde Präsident des ÖBB-Aufsichtsrates und Vizepräsident des Straßenbaukonzerns Asfinag.

Dem damaligen SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer war das gar nicht recht – er soll von einem groben Misstrauen Pöchhacker gegenüber geplagt gewesen sein. Doch Faymann war das einerlei: Als Wiener Wohnbaustadtrat hatte er ein überaus enges Verhältnis zum „roten“ Porr-Generaldirektor Pöchhacker aufgebaut. Und er brauchte einen Vertrauten in den beiden Staatsunternehmen. Gusenbauer hin oder her.

Gleich zu Beginn von Pöchhackers Tätigkeit wurde denn auch manifestiert, wie eng die künftige Zusammenarbeit tatsächlich werden sollte: Pöchhacker bekam ein Büro im Verkehrsministerium.

Beispiellos, aber von SPÖlern gern als „völlig harmloser Pragmatismus“ beschrieben: In der ÖBB-Zentrale am Wienerberg sei halt kein Platz für Pöchhacker gewesen. Faymann selbst hingegen gab im September 2007 in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung offenherzig zu, dass die ungewöhnliche WG die Abstimmung mit dem Kabinett erleichtern würde. „Daher wird die Ansiedlung in meinem Ressort als überaus zeitökonomisch erachtet.“ Von den Errungenschaften der gemeinen Sprachtelefonie dürfte Faymann damals offenbar nicht restlos überzeugt gewesen sein.

Das räumliche Zusammenrücken hatte eine tiefe Symbolik, wie sich bald herausstellen sollte: Es war der Anfang einer gedeihlichen, fast symbiotischen Zusammenarbeit. Gleich zu Beginn seines neuen Amtes ließ Pöchhacker den gesamten Asfinag-Vorstand vor die Tür setzen. Nicht nur den „schwarzen“ Franz Lückler und den „blauen“ Mathias Reichhold – sondern auch den „roten“ Christian Trattner. Mit ihm soll Pöchhacker eine offene Rechnung gehabt haben: Denn ein Jahr zuvor hat das Porr-Konsortium den Zuschlag für den Bau der Nordautobahn A5 nicht bekommen. Weil aber den dreien eigentlich nichts vorzuwerfen war, wurden sie mit saftigen Abfindungen gegangen. Faymann ließ Pöchhacker gewähren.

Dafür konnte sich Faymann stets auf Pöchhacker verlassen: Er wurde Faymanns „Mann fürs Grobe. Pöchhacker verhandelte etwa den teuren, weil vorzeitigen Abschied des „schwarzen“ ÖBB-Chefs Martin Huber, ebenso von dessen Vorstandskollegen Erich Söllinger. Dann gelangte der „rote“ Peter Klugar an die Spitze der Bahn – führungstechnisch ein Schwachmatiker. Was Pöchhacker noch mehr Macht ermöglichte: Er wurde der heimliche ÖBB-Chef. „Strategische Entscheidungen musst du mit mir absprechen“, sagte er Klugar gleich zu Beginn.

So viel Macht – noch dazu in gesetztem Alter – da kann man schon mal übermütig werden: Im Sommer 2009 etwa vereinbarte er mit der ÖVP, dass die ÖBB-Holding auf zwei Vorstände abgespeckt wird. Es sind immer noch drei – wobei die „Roten“ selbstredend in der Überzahl sind. Seitdem ist für ÖVP-Verkehrssprecher Ferdinand Maier der Ofen aus: „Zu Pöchhacker gibt es keine Gesprächsbasis mehr“, sagt er kühl.

Was allerdings nicht für alle ÖVPler gilt. Generell hat die Volkspartei ein recht ambivalentes Verhältnis zu Pöchhacker: Einerseits hagelte es in den vergangenen Tagen massiv Rücktrittsaufforderungen. Andererseits hat Pöchhacker „immer sehr geschickt Kontakte zur ÖVP gehalten“, sagt Maier, „zu Vertretern des Wirtschaftsbundes, der Industriellenvereinigung – und zu Raiffeisen“. Mit Raiffeisen-Boss Christian Konrad etwa versteht sich Pöchhacker bestens.

Als Pöchhacker 2007 als scheidender Porr-Chef das „Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich“ bekam, schwärmte die damalige ÖVP-Wirtschaftsstaatssekretärin Christine Marek in ihrer Laudatio von der „schillernden, großartigen Unternehmerpersönlichkeit“.

Pöchhacker sagte damals in seiner Dankesrede: „Ein Generaldirektor ist ein ganz normaler Mensch. Er weiß es nur nicht.“ Ob das für Aufsichtsräte auch gilt?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2010)

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