Landesparteichefin Birgit Gerstorfer und Landesgeschäftsführer Georg Brockmeyer sind unter anderem für eine Impfkampagne in die Kritik geraten. Vordergründig zumindest. Den Parteivorsitz soll Klubobmann Michael Lindner übernehmen.
Ein Wechsel an der Spitze der oberösterreichischen SPÖ steht bevor. Birgit Gerstorfer, Oberösterreichs SPÖ-Landesparteichefin, und Landesgeschäftsführer Georg Brockmeyer sind über eine Impfkampagne gestolpert. Bereits für Dienstagabend wurde in der Causa eine Präsidiumssitzung einberufen, zu der auch Gerstorfer, die am Dienstagnachmittag auf dem Rückweg aus dem Ausland war, erwartet wird.
Der Dritte Landtagspräsident Peter Binder bestätigte am Dienstag einen entsprechenden Bericht der Oberösterreichischen Nachrichten (OÖN). Ein Parteitag soll im Juni folgen. Als Gerstorfers Nachfolger wird der derzeitige Klubobmann Michael Lindner gehandelt.
Dieser ließ über das Büro des SPÖ-Klubs ausrichten: "Wenn die Sozialdemokratie mich braucht, stehe ich bereit.“ Er wolle aber Personalia nicht über die Medien, sondern in den Gremien diskutieren.
Auch Umgang mit Gewerkschaften ausschlaggebend
Die Kampagne, die Brockmeyer und der Dritte Landtagspräsident Peter Binder am Montag präsentiert haben, zeigt ein weinendes Kind, darunter ist zu lesen: "Ich will dich nicht verlieren. Lass dich impfen. Jetzt.“ Sie hat für Unmut in der Partei gesorgt. Nationalratsabgeordnete Dietmar Keck hat den "sofortigen Rücktritt" der beiden gefordert.
Aber auch eine andere Causa dürfte eine Rolle spielen: Eine Studie im Auftrag der Landespartei hat die Rolle der Gewerkschaften hinterfragt. Es sei der "zweite Eklat innerhalb weniger Wochen", so Keck, der auch Vorsitzender der Linzer Sektion voestalpine ist. Der Linzer Bürgermeister Klaus Luger meinte gegenüber der Oberösterreichischen Nachrichten, er habe den ganzen Vormittag Gespräche mit führenden Sozialdemokraten in Oberösterreich geführt, und das Stimmungsbild sei eindeutig gewesen.
„Gegen die Usancen der Partei verstoßen"
Binder bestätigte, dass nach der Kampagnenpräsentation Montagvormittag "der Stein ins Rollen" gekommen sei. Es stellte sich heraus, dass die Werbesujets von keinem Funktionär abgesegnet worden seien. Er sprach von einem Alleingang Gerstorfers und Brockmeyers. Innerhalb kürzester Zeit hätten die beiden zweimal gegen die "Usancen der Partei verstoßen". Daher ist auch für Binder das Duo nicht mehr tragbar. Klubobmann Lindner als neuer Parteivorsitzender sei für ihn logisch. "Er ist aus derzeitiger Sicht derjenige, der innerhalb der Partei mit der größten Unterstützung rechnen kann."
Binder geht davon aus, dass in der Präsidiumssitzung am Montag über den vorgezogenen Parteitag und den Wechsel an der Spitze entschieden werde.
Er selber "ärgert sich und bedauert", dass er am Montag noch gemeinsam mit Brockmeyer die Kampagne präsentiert habe, sagte Binder, der auch Gesundheitssprecher ist. Er sei am Freitag gefragt worden, ob er diese in einer Pressekonferenz vorstellen würde. Er habe eingewilligt, ohne jedoch vorher die Sujets gekannt zu haben. Als er dann am Montag kurz vor der Pressekonferenz diese gesehen habe, fand er sie eigentlich auch nicht tragbar, meinte er. Allerdings sei er davon ausgegangen, dass sie von mehreren Personen freigeben worden waren.
Rückzug bereits abgezeichnet
Gerstorfer hat bereits vor einiger Zeit erklärt, dass sie sich mittelfristig zurückziehen werde. Der Zeitpunkt war aber noch offen. Lindner wurde immer wieder als ihr Nachfolger gehandelt. Die Partei hatte bei der Landtagswahl im Herbst nur ein mageres Ergebnis erzielt und war in ihren Regierungskompetenzen beschnitten worden. Zuletzt sorgte zudem die erwähnte in Auftrag gegebene Analyse für Unmut. Darin legen die Politikberaterin Jana Faus, der Journalist Horand Knaup und der ehemalige SPD-Politiker Michael Rüter der Partei nahe, ihr Verhältnis zu den Gewerkschaften neu zu überdenken. Diese seien zweifelsfrei wichtig für die Sozialdemokratie, aber immer "einer bestimmten Klientel verpflichtet", oft wenig kompromissorientiert und mit "Hang zur Besitzstandswahrung" ausgestattet, heißt es in dem Papier. Dass immer bestimmte Listenplätze Gewerkschaftern vorbehalten sind, müsse zumindest einer Diskussion unterzogen werden, so der Rat, der für Unmut in den Reihen der Gewerkschaft gesorgt hat.
Den letzten Ausschlag dürfte dann eben die Impfkampagne gegeben haben. Ein SPÖ-Logo war auf ihr nicht zu sehen. In ganz Oberösterreich sollen in den kommenden Tagen rund 1000 Plakate affichiert werden, dazu wird die Kampagne auf Social Media und im Radio gefahren. Man wolle Verantwortung übernehmen, so die Begründung für die Aktion.
Nicht nur heftige Kritik der FPÖ war die Folge - Klaus Luger erklärte gegenüber der Gratis-Zeitung "Heute" (Dienstag-Ausgabe), dass er die Plakate für "nicht gelungen" halte, Keck fand noch wesentlich schärfere Worte: "Wenn man Kinder und den Tod verknüpft, ist eine Grenze überschritten worden", sagte er, "das geht gar nicht". Abgesehen vom Sujet sei es auch nicht Aufgabe der SPÖ, eine Impfkampagne zu machen, das sei Angelegenheit der zuständigen Regierungsmitglieder.
(APA)