Sturmtief

Sie nannten ihn Ylenia: Der Tag des Sturmes

APA/CHRISTOPHER NEUMAYER
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Temperaturen bis zu 22 Grad und Windböen, die in Wien über 100 km/h schnell wurden: Am Donnerstag sorgte die Wetterlage für zahlreiche Feuerwehreinsätze und einen Rekord in Eisenstadt. Eine Chronologie in Zahlen.

Ist schon April? Der Donnerstag sorgte in Österreich für eine ungewöhnliche Wetterlage: Während Temperaturen bis zu 22 Grad erreicht wurden, sorgte das Sturmtief Ylenia für Böen, die in Wien bis zu 100 km/h erreichten.

167km/h

Die maximale Windgeschwindigkeit wurde am Nachmittag aber am oberösterreichischen Feuerkogel mit 167 km/h gemessen. Der Berg ist übrigens für Spitzenwerte bekannt: 2007 fegte etwa der Orkan „Kyrill“ über West- und Mitteleuropa und erreichte am Feuerkogel mit 207 km/h Rekordgeschwindigkeit. Auf der Jubiläumswarte in Wien schaffte es die Windspitze am Donnerstag immerhin auf 127,1 km/h. In Enns fegte der Sturm mit 120 km/h durch den Ort, in Melk mit 117 km/h.

„Der subjektive Eindruck eines sehr windigen Winters ist richtig“, sagt dazu Alexander Orlik, Klimatologe der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (Zamg). Zum Beispiel bringe ein durchschnittlicher Winter auf der Hohen Warte in Wien fünf Tage mit Windspitzen von mindestens 80 km/h – in diesem Winter gab es bereits zehn stürmische Tage. Das derzeitige Sturmtief bildete sich über dem Nordatlantik, sein Zentrum zog am Donnerstag über die Nord- und Ostsee hinweg. Solche Stürme bilden sich besonders häufig im Winter und Herbst: „Weil dann die Temperaturgegensätze über dem Nordatlantik am größten sind“, so Orlik. Dadurch bilden sich Tiefdruckgebiete, die zu Sturmtiefs werden können.

4700 Feuerwehrleute

Der Sturm sorgte für zahlreiche Einsätze im Land, besonders waren Oberösterreich und Niederösterreich betroffen. Insgesamt 4700 Feuerwehrleute waren allein in diesen beiden Bundesländern im Einsatz. Umgestürzte Bäume oder abgeknickte Äste auf Freileitungen führten unter anderem dazu, dass 20.000 Haushalte in Oberösterreich vom Stromnetz abgeschnitten waren. So mussten Feuerwehren auch immer wieder Personen aus steckengeblieben Aufzügen befreien.

Allein 60 Einsätze gab es im niederösterreichischen Bezirk Amstetten, etwa weil an der Westautobahn (A1) bei St. Valentin Bäume umgestürzt waren. In Salzburg waren vor allem der Flachgau, die Stadt Salzburg und der Tennengau betroffen. Gegen Mittag hat eine Windböe im Schlosspark von Hellbrunn in der Stadt Salzburg einen Baum umgeworfen. Vorsorglich ließ die Stadt den Schlosspark, die Hellbrunner Allee, alle städtischen Friedhöfe und die Stadtberge sperren.

Bei der Wiener Berufsfeuerwehr war es am Donnerstagnachmittag hingegen ruhig. „Der Tag ist bisher nicht mit anderen Sturmeinsätzen zu vergleichen“, hieß es dort gegenüber der „Presse“. Einen einzigen Einsatz gab es in Wien bis zum Nachmittag: Ein Baum war auf ein Haus gestürzt, verletzt wurde aber niemand.

4Lkw

Der Sturm führte auch zu zahlreichen Autounfällen mit Lkw. Vorübergehend gesperrt war unter anderem die Südautobahn (A2) im Bereich der Anschlussstelle Industriezentrum NÖ-Süd. Der Anhänger eines Lkw war von einer heftigen Sturmböe erfasst und umgeworfen worden. Den eintreffenden Helfern bot sich ein skurriles Bild, schwebte doch die Hinterachse des Zugfahrzeuges quasi in der Luft. Die Aufräumarbeiten dauerten rund eineinhalb Stunden und führte auf der A2 zu einem kilometerlangem Stau.

In Sierning (Bezirk Steyr-Land) wurde außerdem ein Kleinlaster von einer Sturmböe erfasst und auf das Dach geschleudert. Der verletzte Fahrer wurde aus dem eingeklemmten Fahrzeug geborgen. Auf der B17 im Gebiet von Schönau an der Triesting (Bezirk Baden) kippte ein Lkw-Anhänger um und musste von der Feuerwehr geborgen werden. In Ohlsdorf (Bezirk Gmunden) landete außerdem ein Lkw im Straßengraben.

22,1Grad

Nicht nur der Sturm, auch die Temperatur sorgte für eine außergewöhnliche Wetterlage. „Am wärmsten war es am Donnerstag mit 22,1 Grad an der Zamg-Wetterstation Graz-Straßgang“, so Klimatologe Orlik. In Deutschlandsberg wurden 21,9 Grad gemessen, in Köflach 21,2 Grad. In Eisenstadt kletterte das Thermometer auf 21,1 Grad: „Das ist die höchste hier in einem Februar gemessene Temperatur und exakt gleich wie am 5. Februar 2004“, so Orlik. „Der österreichweite Februar-Temperatur-Rekord liegt weiterhin bei 24,2 Grad, gemessen am 28. Februar 2019 in Güssing und Deutschlandsberg.“

Temperatur-Rekorde dürften am Wochenende keine gebrochen werden. Es bleibt windig, wechselhaft, mild. Die Höchsttemperatur wird am Freitag mit 17 Grad im Rheintal erwartet.

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