Kanzleranspruch

Vranitzky: Rendi-Wagners Auftritt "muss Anfang einer Intensivperiode sein"

Franz Vranitzky und Pamela Rendi-Wagner am 27. September 2019 beim Wahlkampfabschluss der SPÖ  (Archivbild)
Franz Vranitzky und Pamela Rendi-Wagner am 27. September 2019 beim Wahlkampfabschluss der SPÖ (Archivbild)HERBERT NEUBAUER / APA / picture
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Für Altkanzler Franz Vranitzky steht es „außer Frage“, dass Rendi-Wagner die richtige Spitzenkandidatin für die SPÖ ist. Die Neutralität müsse man aber diskutieren - ohne deren Grundprinzip zu verletzen.

SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner hat am Sonntag klargestellt: Sie wolle ihre Partei in die nächsten Wahlen führen und sei bereit, erste sozialdemokratische Bundeskanzlerin Österreichs zu werden. Fünf Altkanzler trafen für ihre Grundsatzrede in der Aula der Wissenschaften ein. Unter ihnen Franz Vranitzky, der am Montagfrüh im Ö1-"Morgenjournal“ von einer „außerordentlich gelungen“ Veranstaltung sprach.

Dass Hans-Peter Doskozil nicht anwesend war, wollte er nicht weiter interpretieren. Der burgenländische Landeshauptmann hätte andere Terminverpflichtung gehabt, „Terminkollisionen gibt es immer, überhaupt bei vielbeschäftigten Leuten“. „Das war so“, meinte der ehemalige Kanzler und SPÖ-Chef, „und das ist, wie es ist."

Auftritt muss „Anfang einer Intensivperiode“ sein

Aber was muss nun geschehen, wie könne Rendi-Wagner die Partei hinter sich vereinen? Man dürfe sich jetzt nicht zurücklehnen, betonte Vranitzky, und sagen, „Frau Dr. Rendi-Wagner hat eine gute Rede gehalten, jetzt ist alles in Ordnung. Das ist nicht so.“ In Wahrheit müsse der gestrige Auftritt „der Anfang einer Intensivperiode sein“. Es gelte jetzt nicht, sich „dessen zu berühmen, was die Partei einmal gewesen ist oder welche Erfolge sie hatte“, sondern „was in der Zukunft zu tun ist“.

„Inhaltlich und formell“ stehe es außer Frage, dass Rendi-Wagner „Kanzler kann“, meinte Vranitzky. Abgesehen von seiner persönlichen Überzeugung sei es immerhin Usus, dass der österreichische Bundespräsident nach einer Wahl den Spitzenkandidaten oder die Spitzenkandidatin der siegreichen Partei mit einer Regierungsbildung beauftrage. Eine Ausnahme habe es in der Nachkriegsgeschichte schließlich erst einmal gegeben.

„Auch die Neutralität muss modernisiert werden"

Eine weitere heikle Frage, mit der sich die heimische Politik derzeit beschäftigt, ist, ob der ukrainische Präsident auch vor dem österreichischen Parlament reden soll. Als es im Nationalratspräsidium darum gegangen war, ob Wolodymyr Selenskij via Videoschaltung im Nationalrat das Wort ergreifen darf oder nicht, reagierte die SPÖ zurückhaltend. Im Hinblick auf Österreichs neutralen Status sei es fraglich, ob ein solches Intermezzo passend wäre. Vranitzky betonte am Montag, dass aus seiner Sicht nichts gegen eine Rede Selenskijs spreche. Das Zögern der SPÖ sei aber insofern verständlich, als man in der Präsidialsitzung keine Beschlüsse fassen würde, ohne zuvor in den eigenen Klubs darüber zu diskutieren. Die Vorgehensweise sei für die breite Bevölkerung vielleicht verwunderlich, entspreche aber dem parlamentarischen Gebrauch. Vranitzky hielt jedoch dazu an, Lehren daraus zu ziehen - und den Ablauf eventuell zu überdenken. Zu sagen: „Wenn der ukrainische Präsident sprechen will, dann soll er sprechen können“, hielte Vranitzky für einen guten Ansatz.

Das informell ausgesprochene Diskussionsverbot von Bundeskanzler Nehammer über die österreichische Neutralität ("Für meinen Teil ist damit die Diskussion beendet") sah Vranitzky hingegen kritisch. Um es nicht zu debattieren, sei das Thema zu wichtig und auch zu vielschichtig, meint der Altkanzler. Seit der Instandsetzung der österreichischen Neutralität 1955 habe sich in Europa vieles verändert. Neben Österreichs EU-Beitritt hätten auch andere Staaten neue Maßnahmen ergriffen. In einer Zeit der Modernisierung sei es also notwendig, die Neutralität neu zu interpretieren. Der SPÖ empfahl er, offener und konstruktiv darüber zu diskutieren - „in jeder Hinsicht“. Ohne dabei aber das Grundprinzip zu verletzen, fügte er an. „Und das heißt, an militärischen Operationen in anderen Staaten nicht teilzunehmen“.

(Red.)

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