Umfragen-Affäre

Karmasin gegen Kronzeugenstatus für Sabine B.

Ex-Ministerin Sophie Karmasin
Ex-Ministerin Sophie Karmasin APA/ROLAND SCHLAGER
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Die Ex-Ministerin leitet rechtliche Schritte gegen ihre frühere Vertraute und Mitbeschuldigte ein.

In der ÖVP-Umfragenaffäre entwickelt sich nun ein Match unter den Beschuldigten: Die frühere Familienministerin Sophie Karmasin hat sich dagegen gewandt, dass die mitbeschuldigte Meinungsforscherin Sabine B. von der Staatsanwaltschaft den Kronzeugenstatus zuerkannt erhält. In einem achtseitigen Schreiben argumentiert der Anwalt von Karmasin, dass die Voraussetzungen für die Kronzeugenregelung nicht vorliegen würden.

Bei der Affäre geht es um Umfragen, die laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vom Finanzministerium beauftragt wurden, aber im Interesse der ÖVP bzw. des späteren Parteichefs Sebastian Kurz lagen. Die Behörde wirft etlichen Beschuldigten Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit vor.
Im Zentrum der Affäre steht unter anderem die Meinungsforscherin B.: Sie hat die Umfragen erstellt und falsche Rechnungen ans Finanzministerium gerichtet. Im Herbst des Vorjahres wurde sie festgenommen, weil sie im Umfeld einer Hausdurchsuchung versucht haben soll, Unterlagen zu vernichten.

Im Zuge der Vernehmungen bot sich B. dann als Kronzeugin an und belastete ihre frühere Arbeitgeberin, Ex-Ministerin Sophie Karmasin, schwer – und zwar mit Vorwürfen, die über den anfänglichen Verdacht der Staatsanwaltschaft hinausgingen: Karmasin habe nicht nur in ihrer Zeit als Ministerin den Deal mit dem Finanzministerium eingefädelt und dafür eine Provision von 20 Prozent der Auftragssumme erhalten, sondern auch nach ihrer politischen Karriere in mehreren Fällen ein Kartell gebildet: Für Aufträge von Ministerien hatten B. und eine weitere Meinungsforscherin höhere Vergleichsangebote gelegt, damit Karmasin den Auftrag erhält.

Wenn B. der Kronzeugenstatus zuerkannt würde – was noch offen ist –, würde sie eine geringere Strafe erhalten oder mit einer Diversion davonkommen. Dagegen argumentieren nun Karmasins Anwalt, Norbert Wess: Die Voraussetzungen für einen Kronzeugenstatus seien nicht gegeben. Denn dafür müsste laut Gesetz der Kronzeuge freiwillig an die Staatsanwaltschaft herantreten und er dürfte noch nicht Beschuldigtenstatus haben. Beides sei bei B. eindeutig nicht der Fall.
B.s Anwältin argumentiert, dass ihre Mandantin neue Erkenntnisse geliefert habe, die zuvor nicht bekannt gewesen seien.

Eine Trennung in Straftaten, für die der Kronzeugenstatus gilt, und solche, für die er nicht gilt, sei aber nicht möglich, schreibt Wess. Auch ein reumütiges Geständnis von B. – das ist eine weitere Voraussetzung – liege nicht vor. B. habe ihren Tatbeitrag relativiert. Karmasins Anwalt beantragt daher, den Kronzeugenstatus nicht zu gewähren. Die Entscheidung darüber liegt bei der WKStA, in weiterer Folge bei der Oberstaatsanwaltschaft und beim Justizministerium.

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