Zweite Razzia

Palmers soll für Hygiene Austria Steuern hinterzogen haben

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Im Vorjahr kam es beim Maskenhersteller binnen kürzester Zeit zu zwei Razzien. Grund waren die Etikettierung und der Verkauf von FFP2-Masken. Nun ist dazu ein neues Dokument aufgetaucht.

Im September 2021 fanden an 15 Standorten in mehreren Bundesländern Razzien von Beamten mehrerer Behörden unter Leitung der WKStA statt. Ermittelt wurde gegen die Hygiene Austria, wo bereits im März 2021 Hausdurchsuchungen stattgefunden hatten. Aber auch Standorte von Unternehmen, die mit dem Maskenhersteller in Verbindung stehen respektive standen, wurden gefilzt. Hintergrund war der Skandal um umverpackte FFP2-Masken aus China. Bisher war jedoch unklar, warum es beim Maskenhersteller innerhalb kürzester Zeit zu einer zweiten Razzia gekommen war.

Ein brisantes Dokument, das dem „Standard“ nun vorliegt, soll diese Frage beantworten. Im Raum stünden schwere Vorwürfe, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht. Konkret „fortgesetzte Steuerhinterziehung in großem Ausmaß unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege“. Das Textilunternehmen und Hygiene-Austria-Eigentümer Palmers soll mindestens 693.000 Euro an Zoll und Einfuhrumsatzsteuer hinterzogen haben. Dem gegenüber stehen 37 Millionen FFP2-Masken aus China, die Palmers - wohl für die Hygiene Austria - nach Österreich transportiert habe.

Die Ermittler hegen einen Verdacht, wie Palmers beim Transport der Masken nach Österreich vorgegangen sein könnte, so der „Standard“. Ende Jänner 2021 war die FFP2-Maske in vielen Bereichen per Verordnung zur Pflicht geworden. Das dürfte sich auf die Nachfrage bei Hygiene Austria ausgewirkt haben, die das Unternehmen allem Anschein nach nicht stemmen konnte.

Zollabgaben deutlich gedrückt

Um "Produktionsspitzen" abzudecken, wurden Masken aus China bestellt, die anschließend unter heimische Ware gemischt wurde, wie Hygiene Austria bereits einmal eingestand. Rund acht Millionen Masken aus China sollen demnach auf "Made in Austria" umgemodelt und hierzulande in Umlauf gebracht worden sein.

Was bisher allerdings nicht bekannt war: Laut Ermittlern sollen mehr als 37 Millionen FFP2-Masken nach ihrer Fertigung in Südostchina über eine internationale Speditionsfirma und Flugzeuge der Lufthansa-Gruppe zunächst nach Frankfurt geliefert worden sein. Die gleiche Firma habe sich dann "als Vertreterin" der Palmers Germany dort auch um die Zollabfertigung gekümmert. Mit „künstlich niedrig gehaltenen chinesischen Ausgangsrechnungen“ seien die Zollabgaben deutlich gedrückt worden. So lautet zumindest der Vorwurf im Durchsuchungsbefehl. Die Ermittler gehen von einem 40 Prozent höheren Warenwert aus als angegeben. Daher die zweite Razzia binnen kurzer Zeit, deren Anlass bisher nicht bekannt war.

Gebrüder Wieser im Fokus der Ermittler

Was die mutmaßliche Steuerhinterziehung anlangt, steht laut „Standard“ mit Luca Wieser eine Person besonders im Fokus der Ermittler. Ihm wird vorgeworfen, die sogenannte Unterfakturierung als Vorstandsvorsitzender der Palmers Textil AG in Österreich veranlasst und die zollrechtliche Abwicklung durch die Speditionsfirma im Namen der Palmers Germany "in direkten Verhandlungen" vereinbart zu haben. "Dementsprechend erfolgte eine Rechnungsstellung gegenüber Palmers Germany, wenngleich die Zahlungen auf diese Rechnungsbeträge offenbar durch Angehörige der Firma Palmers AG in Österreich und vom dortigen Firmensitz aus, aber auf dem Briefkopf der Palmers Germany erfolgten", wird in den Akten dazu festgehalten.

Aber die Korruptionsjäger gehen davon aus, dass die Gebrüder Wieser - für beide gilt die Unschuldsvermutung - in der Sache gemeinsam gehandelt haben könnten. Hygiene-Austria-Geschäftsführer Tino Wieser habe sich selbst als Verantwortlicher bei Hygiene Austria für den Einkauf von Masken aus China bezeichnet, heißt es in der Ermittlungsanordnung. Das decke sich auch mit Aussagen eines Zeugen der Firma Lenzing. Palmers habe über die Kontakte nach China verfügt, wie es im Bericht heißt.

Palmers weist Vorwürfe zurück

Palmers weist alle Vorwürfe "entschieden" von sich – auch für alle genannten Personen des Konzerns. "Es gab keine Hinterziehung von Zollabgaben und keine künstlich niedrig gehaltenen Ausgangsrechnungen aus China", heißt es laut „Standard“ in einer Stellungnahme.

Auf einen Blick

Am 2. März 2021 haben beim niederösterreichischen Maskenhersteller Hygiene Austria Razzien stattgefunden. Dabei sollen Schwarzarbeiter erwischt worden sein, wie sie in China fabrizierte Masken im Firmen-Keller umverpackten. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt wegen des Verdachts der organisierten Schwarzarbeit sowie schweren gewerbsmäßigen Betrugs. Die Firma hat zugegeben, einen chinesischen Produzenten beauftragt zu haben.

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(red)

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