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Wien Energie: Institute sehen vorerst keine Anzeichen für Spekulation

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Die Prüfung habe bisher "keine Anzeichen für mögliche Spekulationsgeschäfte" ergeben, sagte Michael Sponring von PwC am Freitag vor Journalisten. Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke wies den Spekulationsvorwurf auf dieser Basis ebenfalls zurück.

Drei Institute kommen nach wenigen Tagen Prüfung zur vorläufigen Einschätzung, dass es bei der Wien Energie keine Spekulation mit Strom gegeben hat. Endgültige Berichte von PWC, Ithuba und Freshfields soll es in einer Woche geben. Die Prüfung habe aber bisher "keine Anzeichen für mögliche Spekulationsgeschäfte" ergeben, sagte Michael Sponring von PwC am Freitag vor Journalisten. Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke wies den Spekulationsvorwurf auf dieser Basis ebenfalls zurück.

Alle Börsengeschäfte der Wien Energie hätten nur dazu gedient, Mengen und Preisrisiken abzudecken, "es wurden nachweislich keine spekulativen Handelsbücher geführt", so Sponring. Auch seien alle gehandelten Produkte "großhandelsüblich" gewesen. Das Risikomanagement sei "branchenüblich" gewesen, es habe bisher keine Anzeichen für wesentliche Schwächen gegeben.

Die Wien Energie hat vor zwei Wochen überraschend beim Bund um eine Liquiditätshilfe in Milliardenhöhe angesucht, weil sie Sicherheiten für ihre Börsengeschäfte hinterlegen musste. Das sei durch eine Entwicklung am Freitag dem 26. August ausgelöst worden, bei der sich der Preisunterschied zwischen Gas und Stromhandel in einer nicht zu erwartenden Dimension vergrößert hat.

Marktsituation war "nicht erwartbar"

Die Wien Energie kauft mit Zukunftsverträgen Gas und verkauft Strom. Solange die Preise für beide Energieträger gleich stark schwanken, hat das Unternehmen wenig Probleme. An dem Tag sei aber Strom massiv teurer geworden, während sich der Gaspreis kaum bewegte. Der daraus entstehende Preisabstand zwischen den beiden Energieträgern sei mit Standardmodellen noch eine Woche davor zu 99,99 Prozent ausgeschlossen worden, so Sponring unter Berufung auf Berechnungen von Ithuba. Die Situation sei daher nicht erwartbar gewesen. Auch der Aufsichtsratschef der Wien Energie, Peter Weinelt, betonte in der gemeinsamen Pressekonferenz, dass kein bekanntes Prognosemodell so einen Ausschlag wie an jenem Freitag vorhergesagt hätte. Hanke sprach gleich von einem "Meteoriteneinschlag", der die Wien Energie getroffen habe.

Sponring empfiehlt der Wien Energie trotz der jüngsten Aufregung uneingeschränkt ihre Geschäfte weiter mit sogenannten Futures, also Börsenverträgen über künftige Gaskäufe und Stromlieferungen, abzusichern. Das sei "alternativlos". "Es gab keine Option, um das Risiko zu reduzieren", so Sponring. Denn das Risiko, zur Absicherung der Geschäfte Liquidität beisteuern zu müssen sei besser handhabbar als die Alternativen: Beim Kauf am Spotmarkt gebe es das Preisrisiko, dass also Kunden wegen Preisausschlägen an der Börse sehr teure Energie zahlen müssten. Und bei direkten Verträgen mit Lieferanten (OTC) gebe es das Ausfallsrisiko. Liquidität gehe aber nicht verloren, während bei den alternativen Modellen Verluste drohen.

Hanke kritisiert Bundespolitik

Finanzstadtrat Hanke kritisierte auch den Umgang der Bundespolitik mit der Information über den Liquiditätsengpass der Wien Energie. Davon sei man in Wien "überrascht" gewesen. Wien habe sich "vertrauensvoll an einen Bundesminister, an eine Bundesregierung gewandt" und als Ergebnis habe es eine "ganz eigentümliche Mischung" zwischen allgemeinen Börsenthemen und Spekulationsvorwürfen gegeben. In der Schweiz hingegen habe es bei Liquiditätsproblemen des großen Energieversorgers Axpo diskrete Verhandlungen und dann die gemeinsame Verkündung der Lösung gegeben, verglich Hanke.

Weinelt wollte auf Journalistenfrage zwar nicht sagen, wie viel die Absicherung des Unternehmens durch öffentliche Gelder koste, alle Gelder seien aber "marktüblich verzinst". Die Gesamthöhe der Kosten werde davon abhängen, wie lange etwa der Kreditrahmen der Republik benötigt wird. Bisher sieht er durch die Veröffentlichung von betriebsinternen Informationen im Zuge der ganzen Diskussionen keinen "materiellen Schaden" für Wien Energie, aber er behält sich vor, gegen geschäftsschädigende Äußerungen vorzugehen.

Grundsätzlich geht Weinelt davon aus, dass die Wien Energie in diesem Winter genug Gas haben wird, um den Strom, den sie für die Zukunft schon verkauft hat, auch zu produzieren. Wenn es aber europaweit einen Gasnotstand geben sollte, "dann tritt ein anderer Mechanismus in Kraft" mit Gaszuteilungen, so Weinelt. Aber es sei klar, "die Versorgungssicherheit Österreichs mit Strom ist ohne die Gaskraftwerke der Wien Energie im Winterhalbjahr nicht machbar".

Neos sehen "wichtigen Schritt“ zur Aufklärung

Wiener Neos und der Rote Rathausklub äußerten sich in einer ersten Reaktion positiv zum vorläufigen Prüfergebnis. Das sei "ein erster wichtiger Schritt zur vollständigen Aufklärung", heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung. Neos Wien Klubobfrau Bettina Emmerling nannte es "erfreulich, dass nun von externen Wirtschaftsprüfern die komplexen Vorgänge genau untersucht werden. Dies sind neben den Prüfungen durch Bundes- und Stadtrechnungshof notwendige Maßnahmen, um alles am Tisch zu legen und das Vertrauen der Wienerinnen und Wiener in die Wien Energie wieder herzustellen."

(APA)

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