Außenpolitik-Expertin Nathalie Tocci erklärt, warum Italiens Ultrarechte dermaßen populär und vom transatlantischen Kurs so überzeugt ist. Sogar in der EU-Politik dürfte Fratelli d' Italia moderat agieren – allerdings zähneknirschend.
Laut Umfragen wird die Rechte bei den Parlamentswahlen am Sonntag in Italien klar siegen. Was bedeutet das für die Beziehung zu Russland: Kippt der strikt transatlantische pro-Ukraine Kurs der bisherigen Regierung unter Mario Draghi?
Das erwarte ich nicht. Stimmen die Umfragen, werden die wichtigsten Putin-freundlichen Parteien im neuen Parlament stark geschwächt sein: Der rechtspopulistischen Lega, Silvio Berlusconis Forza Italia und der Fünf-Sterne-Bewegung drohen herbe Verluste. Diese Parteien hatten Mario Draghi im Juli zu Fall gebracht. Lega und Forza Italien werden höchstwahrscheinlich Teil der neuen Regierung sein – aber in der Regierung waren sie ja bisher schon. Ausschlaggebend werden nicht diese beiden Parteien sein, sondern Giorgia Melonis ultrarechte Fratelli d' Italia, die in allen Umfragen führt. Meloni hat, soweit ich weiß, keine bemerkenswerte Kontakte zum Kreml. Die engsten internationalen Beziehung sind zu den US-Republikanern. Ihre transatlantische Loyalität ist aufrichtig, sie beruht auf dem ultra-nationalistischen Glauben an eine weiße, christliche, abendländische Identität. Außenpolitisch richtet sich Meloni nach den Republikanern. Daher ist es zentral, welche Haltung diese zu Moskau einnehmen: Wenn Sie auf pro-Ukraine-Kurs bleiben, dann bleibt es auch Meloni. Falls sie aber in „Trumpianische“, Kreml-freundliche Positionen zurückfallen, dann – wer weiß?