Asyl

Widerstand gegen Zelte für Asylwerber: Auch Vorarlberg und Tirol dagegen

Der Bund drängt wegen der starken Zunahme von Flüchtlingen in den Bundesbetreuungseinrichtungen darauf, dass die Länder verstärkt Asylwerbende in ihre Grundversorgung aufnehmen. Die Ankündigung der Zeltunterbringung sorgt für Unmut.

In Vorarlberg wird es zumindest vorerst keine Zelte zur Unterbringung von Asylwerbenden geben. Das teilte das Land am Freitagabend nach einem Gespräch von Landesrat Christian Gantner (ÖVP) und Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) in einer Aussendung mit. Man prüfe derzeit intensiv Alternativen bis hin zu Containerlösungen. Auch Tirol will laut "Tiroler Tageszeitung" (Samstagsausgabe) keine Zelte, man werde Gebäude suchen und anbieten.

"Wir werden in Vorarlberg keine Zelte aufstellen. Nach dem Gespräch mit dem Innenminister werden zum jetzigen Zeitpunkt auch bundesseits keine Zelte in Vorarlberg aufgestellt", so Gantner. Außerdem bemühe man sich mit besonderem Nachdruck, verstärkt Asylwerbende in die Landes-Grundversorgung aufzunehmen.

Der Bund drängt wegen der starken Zunahme von Flüchtlingen in den Bundesbetreuungseinrichtungen - mittlerweile sind es mehr als 2015 - dringend darauf, dass die Länder verstärkt Asylwerbende und Vertriebene in ihre Grundversorgung aufnehmen und für entsprechende Unterbringungsmöglichkeiten sorgen. Die Bundesbetreuungsagentur (BBU) hat wegen der Engpässe bei den Betreuungsplätzen angekündigt, wie schon 2015 wieder Asylwerber in Zelten unterzubringen. Der Aufbau auf Bundesgrundstücken in Kärnten, Tirol, Vorarlberg und Oberösterreich sollte schon am Wochenende beginnen. Gedacht sind die Zelte für mehrere hundert alleinreisende junge Männer ohne Bleibewahrscheinlichkeit. Frauen, Kinder und Familien kommen in feste Unterkünfte.

Hilfsbereitschaft in Bevölkerung niedrig

Die Suche nach Quartieren sei in Vorarlberg gegenwärtig sehr schwierig, sagte Gantner. Die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung habe leider stark abgenommen, der Wohnungsmarkt sei sehr angespannt. Derzeit sind 1999 Vertriebene aus der Ukraine in 77 Vorarlberger Gemeinden untergebracht, die Hälfte von ihnen in Privatquartieren. Das Land Vorarlberg erfüllt gegenwärtig die Aufnahmequote mit 2793 Asylwerbenden und Vertriebenen zu knapp 70 Prozent.

Massiven Widerstand gegen die Zelt-Pläne gibt es in Oberösterreich, konkret in der 4800-Einwohner-Gemeinde St. Georgen im Attergau, wo am heutigen Samstag Zelte auf dem Grund des Bundes beim bestehenden Erstaufnahmezentrum aufgestellt werden sollten. Der Bürgermeister der Gemeinde, Ferdinand Aigner (ÖVP), will sich wehren, berichten "Oberösterreichische Nachrichten" und das Ö1-"Morgenjournal". Im Erstaufnahmezentrum würden bereits 150 junge Männer leben, im ehemaligen Sanatorium Rupp habe man 70 Waisenkinder aus der Ukraine aufgenommen. Nun zusätzlich noch einmal zehn Zelte für bis zu hundert Menschen aufzustellen, das sei zu viel, so Aigner. Er habe sich mit allen Fraktionen in der Gemeinde und den Bürgermeistern der Nachbargemeinden Straß im Attergau und Berg im Attergau zusammengetan. "Wir werden uns wehren. Bis Montag schauen wir uns die Lage an, und dann wissen wir wie. Zur Not sperren wir die Autobahn", so Aichinger. Es müssten auch andere Gemeinden etwas beitragen, die Unterbringung in Zelten sei zudem "menschenrechtlich verwerflich".

Auch in Kärnten hatte die Ankündigung der Zeltunterbringung für Unmut gesorgt. In einer "Hauruck-Aktion" sei die Einrichtung der Klagenfurter Fremdenpolizei in der Ebentaler Straße aufgestockt und mit 160 Flüchtlingen belegt worden, ohne Stadt und Land im Vorfeld zu informieren, so der Vorwurf. Innenminister Karner habe Kärntens Vertrauen nun endgültig verspielt, kritisierte am Freitag die zuständige Landesrätin Sara Schaar (SPÖ), die darauf verwies, dass Kärnten bei der Unterbringung (ohne Ukrainern) die Quote zu fast 100 Prozent erfülle.

Opposition spricht von „Monumenten des Totalversagens"

Und auch die Opposition hat mit den Zelten aus unterschiedlichen Gründen keine Freude. "Diese Zelte sind 'Monumente des Totalversagens' dieser Bundesregierung und von Innenminister Karner. Sie haben unser Land sehenden Auges in dieselben Zustände geführt, wie wir sie aus dem Katastrophenjahr 2015 kennen und die sich noch verschärfen werden", so FPÖ-Chef Herbert Kickl. Er tritt per Aussendung für ein sofortiges Aussetzen des Asylrechts und echten Grenzschutz samt Legalisierung von Zurückweisungen ein. Illegal eingereiste Migranten müssten konsequent in Ausreisezentren untergebracht werden.Neos-Asylsprecherin Stephanie Krisper fordert Karner wiederum auf, er solle "endlich von seinem Durchgriffsrecht Gebrauch machen und dieser Managementkrise ein Ende setzen". Er solle nicht länger hinnehmen, dass sich vor allem die ÖVP-geführten Bundesländer weiter weigern, bereits zugelassene Asylwerber aufzunehmen, und nun trotz leerstehender Quartiere Zelte aufgestellt werden sollen. "Der Föderalismus darf nicht dazu führen, dass Menschen in Österreich kein echtes Dach über dem Kopf haben und der Innenminister genauso tatenlos zuschaut wie der ÖVP-Parteichef Bundeskanzler (Karl) Nehammer", so Krisper in einer Aussendung.

Kritik an der Zeltunterbringung gab es auch vom UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR. Christoph Pinter von UNHCR Österreich nannte es auf Twitter "unverständlich", dass Zelte für Asylwerber gebraucht werden. "Die Grundversorgungszahlen sind kaum gestiegen, aber die Bundesländer stellen zu wenig Unterkünfte bereit", nahm er die Länder in die Pflicht.

(APA)

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