Außenhandel

Sind Österreichs Exporteure gegen Krisen immun?

Viele Rohstoffe und eine strategisch gute Lage. Usbekistan rückt ins Visier heimischer Unternehmen.
Viele Rohstoffe und eine strategisch gute Lage. Usbekistan rückt ins Visier heimischer Unternehmen. Fabian Sommer/dpa/picturedesk
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Krieg, Lieferketten-Chaos und Energiekrise konnten Österreichs Exporteuren 2022 nichts anhaben. Und glaubt man den Unternehmen, wird sich daran auch im heuer erwarteten globalen Abschwung nichts ändern. Aber warum?

Wien. Die Welthandelsorganisation WTO malt schwarz: Der internationale Warenhandel werde heuer eine Vollbremsung hinlegen, prognostizierte die WTO-Chefin Ngozi Okonjo-Iweala vor wenigen Wochen. Der Krieg in der Ukraine, die geopolitischen Spannungen zwischen China und den USA und immer mehr Protektionismus lasteten demnach schwer auf der Globalisierung. Die jüngste Prognose der Weltbank schlägt in dieselbe Kerbe: Die Welt könne von Glück reden, wenn sie heuer einer Rezession entgehe, so die Experten. Nur die österreichischen Exporteure scheint all das nicht zu kümmern. Oder wie sonst ist zu erklären, dass Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer nach dem starken Exportjahr 2022 gleich weitere Rekorde in Aussicht stellt?

Die Presse

Im Vorjahr konnten die Betriebe trotz des Ausfalls ganzer Märkte, Lieferkettenchaos und Materialknappheit Waren im Wert von 192 Milliarden Euro über die Grenze verkaufen. Zählt man auch die exportierten Dienstleistungen hinzu, steigt das Volumen auf 269 Milliarden Euro. Die Werte sind zwar nominell, es wurden also weder die Inflation, noch die Schwankungen der Wechselkurse berücksichtigt, aber die Richtung stimmt. Und 2023 soll es in derselben Tonart weitergehen. Die Kammer schätzt, dass die Exporte in Summe auf 278 Milliarden Euro anwachsen werden.

Zentralasien statt Russland

Voraussetzung für den Optimismus: Der geplante Energiekostenzuschuss hält, was die Regierung verspricht und die Betriebe können hierzulande zu wettbewerbsfähigen Preisen produzieren. Dann aber stehe dem Wachstum kaum etwas im Weg. Mahrer hofft, dass die Exporteure im Warenhandel heuer die 200-Milliarden-Euro-Marke überspringen.
Gänzlich losgelöst von geopolitischen Entwicklungen können aber auch die österreichischen Exporteure nicht agieren. So verloren viele von ihnen im Vorjahr schlagartig ihr Geschäft in Russland, der Ukraine und Weißrussland. Russland, vor zehn Jahren noch unter den Top Ten der heimischen Handelspartner, rangiert nur noch auf Platz 19. Die Tendenz ist weiter fallend, denn die Sanktionen wiegen schwer und viele Altverträge sind mittlerweile ausgelaufen.

Doch die betroffenen Unternehmen hätten sich rasch umorientiert, sagt Michael Otter, Leiter der Außenwirtschaft der WKO. Etliche von ihnen weiter in den zentralasiatischen Raum weitergezogen, wo Europa zuletzt auch verstärkt nach neuen Energielieferanten gesucht hat. Mit der Abkehr des Westens von Russland hätten Staaten im Südkaukasus die große Chance, Teil der neuen Transportkorridore zwischen Ost und West zu werden. Beim Aufbau dieser Handelswege müsse Österreich dabei sein, fordert Mahrer, weshalb 2023 auch eine neue Außenhandelsstelle in Tashkent (Usbekistan) eröffnet werden soll. Weitere Schwerpunkte liegen in Afrika (neuer Standort in der Elfenbeinküste), Südostasien und in den bewährten Exportmärkten Deutschland, Italien und den USA.

Dahin, wo das Gras grüner ist

Warum die heimischen Exporteure bisher vom generellen Abschwung und wachsendem Protektionismus bisher relativ unbeeindruckt bleiben, hat zwei Gründe: Erstens machen die österreichischen Unternehmen einen Großteil ihres Geschäfts bei großen Infrastrukturprojekte, wie dem Bau der saudiarabischen Mega-City Neom am Roten Meer. Das saudische Königreich ist gewillt, 500 Milliarden US-Dollar in das Prestigeprojekt zu pumpen, und lässt sich von Konjunkturdämpfern nicht abhalten.
Zudem sind viele Regionen nicht oder sogar positiv von der Energiekrise betroffen, die Europa im Griff hat. Die Energiepreise in den USA und in Teilen Asiens sind deutlich niedriger als in Europa. Viele Golfstaaten haben durch die Preisexplosion bei fossilen Treibstoffen sogar noch mehr Geld zur Verfügung, das sie vorwiegend in Infrastruktur und Erneuerbare Energien investieren. Es mangelt also trotz der gefühlten Dauerkrise in Europa nicht an Geschäftschancen auf der Welt.

Wachsen wenn alles schrumpft

In den ausländischen Niederlassungen österreichischer Unternehmen sieht man das ganz ähnlich. Bei einer aktuellen Umfrage waren 41 Prozent der Exporteure überzeugt, ihren Umsatz 2023 steigern zu können. Damit waren sie nicht nur optimistischer als viele Wirtschaftsforscher, sondern revidierten auch ihre eigene Prognose aus dem Sommer deutlich nach oben.

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