Angeklagter Ankläger: Der Freispruch, der zu erwarten war

Johann Fuchs durfte aufatmen: Im zweiten Rechtsgang bekam er einen Freispruch.
Johann Fuchs durfte aufatmen: Im zweiten Rechtsgang bekam er einen Freispruch.APA/EXPA/Johann Groder
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Der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs, wurde von den Punkten „Geheimnisverrat“ und „Falschaussage“ freigesprochen.

Es ist nichts übrig geblieben – und das hat sich abgezeichnet: Johann Fuchs, der Chef der Oberstaatsanwaltschaft Wien stand am Dienstag vor Gericht und wurde glatt freigesprochen.

Zuvor hatte das Oberlandesgericht (OLG) Innsbruck die Weichen gestellt. Eine frühere Verurteilung des Behördenleiters, verbunden mit einer Geldstrafe von 72.000 Euro, war wegen Urteils-Mängeln aufgehoben worden.

Die Wiederholung des Prozesses fand erneut im Landesgericht Innsbruck statt. Dorthin war das Verfahren gewandert, um im Hinblick auf die Wiener Justiz den Anschein der Befangenheit zu vermeiden. Die Anklagepunkte blieben freilich auch im zweiten Durchgang gleich: Verletzung des Amtsgeheimnisses und Falschaussage als Auskunftsperson vor dem Ibiza-U-Ausschuss.

Konkret drehte sich der Prozess um den Vorwurf, Fuchs habe dem – mittlerweile suspendierten – Sektionschef im Justizministerium, Christian Pilnacek, im Dezember 2020 „offenbart“, dass die Korruptionsstaatsanwaltschaft, die WKStA, eine seinerzeitige „Presse“-Journalistin wegen übler Nachrede und öffentlicher Beleidigung verfolgen lassen wolle. Und zwar wegen eines aus WKStA-Sicht unliebsamen Artikels.

Dazu sagte nun Fuchs vor Richter Gerhard Melichar: „Der Punkt, der mich belastet hat und wozu ich ihn (Pilnacek, Anm.) konsultiert habe, war, dass Staatsanwälte und die Leitung der WKStA versucht haben, kritische Berichterstattung in den Medien zu kriminalisieren.“
Der Vorstoß der WKStA war damals bei der Staatsanwaltschaft Wien gelandet. Diese sah freilich keinerlei Grund für eine Verfolgung und leitete nicht einmal ein Ermittlungsverfahren ein.

Die Achse Fuchs-Pilnacek

Fuchs bestritt, in dieser Sache Akten an Pilnacek – mit diesem verbinde ihn eine „berufliche Freundschaft“ – weitergeleitet zu haben. Dies glaubte der Richter aber nicht. Im Gegenteil: Die Aktenweitergabe sei „erwiesen“, aber diese habe weder öffentliche noch private Interessen verletzt. Die Autorin des Artikels sei auch nicht einer möglichen Stigmatisierung ausgesetzt gewesen, wie dies das Erstgericht gemeint hatte. Zudem hätte die Anzeige für die Investigativjournalistin vielleicht sogar „ein Sprungbrett“ in der Karriere sein können, setzte der Richter fort.

Der zweite Punkt des Strafantrags bezog sich auf den Auftritt von Fuchs vor dem Ibiza-U-Ausschuss am 10. März 2021. Damals gab er an, er könne sich nicht erinnern, Akten an Pilnacek weitergeleitet zu haben. Nun erklärte der angeklagte Chef-Ankläger, er sei „unter Riesendruck“ gestanden – er habe erfahren, dass in anderer Sache eine Verdachtsprüfung gegen ihn laufe (diese ist mittlerweile längst vom Tisch), daher habe er sich nur ja nicht irgendwie selbst belasten wollen. Auch in dem Punkt erging nun – wiederum im Gegensatz zum (später aufgehobenen) Ersturteil – ein Freispruch. Der Richter bejahte einen sogenannten Aussagenotstand und erläuterte: „Er hat mit seinen Aussagen versucht, die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung von sich abzuwenden.“

Staatsanwalt Andreas Leo von der Innsbrucker Anklagebehörde will den Freispruch nicht hinnehmen. Er meldete volle Berufung an. Wenn er diese auch ausführt (zuerst muss das Urteil in Schriftform vorliegen), muss erneut das OLG Innsbruck entscheiden.

Für Fuchs ist der Freispruch (auch wenn er nicht rechtskräftig ist) viel wert. Denn er ist aktiver Behördenleiter. Eine abermalige Verurteilung hätte ihn stark unter Druck gebracht.

(m. s./APA)

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