ORF-Debatte

Wie ist die Finanzierung Öffentlich-Rechtlicher in Europa geregelt?

October 18, 2022, London, United Kingdom: General view of Broadcasting House, the BBC headquarters in Central London, as
October 18, 2022, London, United Kingdom: General view of Broadcasting House, the BBC headquarters in Central London, as(c) IMAGO/ZUMA Wire (IMAGO/Vuk Valcic)
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In Deutschland gibt es sie schon, die Haushaltsabgabe. Im hohen Norden finanzieren sich öffentlich-rechtliche Sender durch einkommensabhängige Steuern. Für France Télévisions und die BBC ist es offen, wie es weitergeht.

Mit 2024 ist die derzeitige GIS-Gebühr Geschichte. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat das Streamen von ORF-Programm, ohne dafür Programmentgelt zu entrichten, als verfassungswidrig erkannt, darum muss die Regierung die ORF-Finanzierung neu regeln. Wie der Blick in andere Länder zeigt, gibt es unterschiedliche Zugänge, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu finanzieren.

Die Finanzierung Öffentlich-Rechtlicher in Europa im Überblick:

In Österreich zahlt man derzeit monatlich 18,59 Euro Programmentgelt bei vorhandenem Radio- und Fernsehgerät für den Empfang von ORF-Programm. Insgesamt macht die GIS-Gebühr je nach Bundesland zwischen 22,45 Euro und 28,65 im Monat Euro aus, weil zudem Gebühren und Abgaben an Bund und Länder wie auch Umsatzsteuer anfallen. Am Donnerstag präsentierte Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) eine Haushaltsabgabe, genannt ORF-Beitrag.

Eine Haushaltsabgabe gibt es bereits in Deutschland. Pro Monat und Wohnung sind dort derzeit 18,36 Euro pro Monat zur Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Medienhäuser ARD, ZDF und Deutschlandradio fällig. Welche Geräte vorhanden sind, spielt keine Rolle. Der Bezug von Sozialleistungen bzw. gesundheitliche Gründe ermöglichen die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht.

Auch die Schweiz setzt seit wenigen Jahren auf eine geräteunabhängige Haushaltsabgabe, die großteils an die öffentlich-rechtliche SRG, aber auch zu Teilen an private regionale Radio- und Fernsehsender fließt. Zuvor gab es ähnlich zu Österreich eine geräteabhängige Empfangsgebühr. Mit dem Wechsel sank der zu zahlende Beitrag markant, was auch damit zusammenhängt, dass mehr Haushalte und Betriebe Abgaben leisten mussten. Europaweit betrachtet ist der Betrag mit 335 Franken pro Jahr (ca. 336 Euro) hoch, was auch damit gerechtfertigt wird, dass viele Sprachen abgedeckt werden müssen.

Für Frankreichs France Télévisions wurde die Rundfunkgebühr im Vorjahr vom Parlament abgeschafft. Die Gebühr betrug bis dahin 138 Euro im Jahr und war für alle Haushalte fällig, die einen Fernseher aufwiesen. Bis Ende 2024 wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk unter anderem durch einen Teil der Mehrwertsteuer finanziert. Wie die Finanzierung des französischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks ab dann aussieht, ist noch offen.

Unklar ist auch in Großbritannien, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Gestalt der BBC künftig finanziert wird. Bis 2024 wurden die Gebühren in Höhe von jährlich 159 Pfund (ca. 178 Euro) pro Haushalt eingefroren, was bereits zu Streichungen im Programm geführt hat. Die Gebühren sind derzeit für den Fernsehempfang fällig, wobei unerheblich ist, auf welchem Gerät (Fernseher, Laptop, etc.) geschaut wird. Ende 2027 läuft das Gebührenmodell der BBC aus. Alternativen werden diskutiert. Befürchtet wird, dass die Politik durch eine andere Finanzierungsform stärkeren Einfluss über die Berichterstattung bekommt.

Im hohen Norden Europas setzt man auf einkommensabhängige Steuern zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. So wurde in Norwegen vor wenigen Jahren die bis dahin geltende Rundfunkgebühr auf eine Finanzierung des NRK aus Steuermitteln umgestellt. Wer mehr verdient, zahlt mehr, wobei der Betrag bei 1700 Norwegische Kronen (ca. 155 Euro) gedeckelt ist.

Ähnlich verlief es in Schweden. Auch dort musste eine ans Fernsehgerät gekoppelte Gebühr einer geräteunabhängigen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weichen. Konkret muss jede volljährige Person ein Prozent des steuerpflichtigen Einkommens entrichten. Auch dort ist der Betrag bei circa 1300 Schwedische Kronen (ca. 114 Euro) gedeckelt.

In Finnland ist ebenfalls eine Steuer für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk YLE fällig. Sie muss von jeder volljährigen Person ab einem gewissen Mindesteinkommen entrichtet werden und ist bei ca. 160 Euro gedeckelt.

In Dänemark wurde die Rundfunkgebühr für den DR in den vergangenen Jahren schrittweise reduziert und letztlich abgeschafft. Seitdem wird der dänische Rundfunk aus Steuermitteln finanziert.

Eine nach wie vor an Geräte gekoppelte Abgabe gibt es etwa in Italien. Dort werden pro Jahr 90 Euro für den Besitz eines Fernsehers – oder für ein Gerät, das Rundfunksignale empfangen kann – mit der Stromrechnung eingehoben. Die Mittel fließen an RAI.

Die öffentlich-rechtliche Rundfunkgesellschaft Spaniens, die RTVE (Corporación de Radio y Televisión Española, S.A ), hatte immer wieder mit enormen finanziellen Defiziten zu kämpfen. Seit 2010 wird der Großteil der Kosten des Senders durch öffentliche Gelder finanziert.

Seit Dezember ist das öffentlich-rechtliche Radio und Fernsehen RTVS in der Slowakei der Politik stärker ausgeliefert: Eine Mehrheit aus drei regierenden konservativ-populistischen Parteien und den oppositionellen Liberalen hat die Rundfunkgebühren abgeschafft (monatlich 4,64 Euro pro Haushalt) und durch eine ab Juli 2023 jährlich neu festzulegende staatliche Direktzahlung ersetzt.

(APA/Red.)

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