Fachfrage

„Wenn Sie joggen gehen, dann ist das eigentlich kein Sport“

Peter Hofmann, Sportwissenschaftler an der Universität Graz
Peter Hofmann, Sportwissenschaftler an der Universität GrazUni Graz/Tzivanopouloss
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Wann ist Sport eigentlich Sport, und wann sind unsere Aktivitäten „nur“ Bewegung?

Zu dieser Fachfrage gibt es eine Vorgeschichte. Eine Kollegin hat gemeint, sie gehe regelmäßig spazieren, radle hier und da am Hometrainer und mache manchmal Yoga. Ich habe gesagt: „Was du machst, ist Bewegung, aber kein Sport.“ Wer hat Recht?

Peter Hofmann: Das ist eine Definitionssache. „Körperliche Aktivität“ ist jede Form von physischer Aktivität mit mehr oder weniger Energieumsatz. Dazu zählt auch, den Garten umzustechen. Die strukturierte Form von körperlicher Aktivität ist „Training“. Da habe ich ein Ziel, eine Planung, und eine klare Belastungsvorgabe in Hinblick auf Frequenz, Dauer, Intensität und Typ der Belastung. Viele, die sagen, sie gehen trainieren, machen eigentlich kein Training, sondern sind körperlich aktiv. Also per Definition.

Und was ist dann Sport?

Das ist jede Art von Tätigkeit, die Wettkampfcharakter hat. Eine Aktivität, für die man sich physisch und taktisch vorbereitet, um in einem Wettkampf bestehen zu können. Wenn Sie jetzt joggen gehen, dann ist das eigentlich kein Sport, sondern eine Form von körperlicher Aktivität. Außer Sie bereiten sich auf einen Wettkampf vor.

Okay, damit habe ich jetzt nicht gerechnet. Und warum definiert man das so?

Weil die Unterscheidung in Prävention und Behandlung von Krankheiten entscheidend ist. Wir wissen, dass gezielte Trainingsformen bei sehr vielen Krankheiten helfen. Bei der Erkrankung selbst, bei Schmerzen, bei der Lebensqualität. Dafür brauche ich aber strukturierte Programme. Wenn ich „körperliche Aktivitäten“ als Therapie anbieten würde, dann wäre das vergleichbar mit einer Handvoll Tabletten, die ich Patienten hinhalte und sage: „Nimm eine.“

Und beim Leistungssport?

Habe ich den gleichen Zugang, nur mit einer anderen Zielsetzung.

Das macht mich jetzt aber schon fertig. Ich dachte, ich mache sehr viel Sport . . .

Das muss Sie nicht irritieren. Ich war selbst Leistungssportler, bin aber mittlerweile sehr weit weg davon und aus beruflicher Sicht auch sehr kritisch.

Warum?

Wenn man sich allein beim Hobbysport die Verletzungen ansieht und die dadurch entstandenen Kosten, dann hat das mit Gesundheit nichts mehr zu tun. Das mag natürlich niemand hören, aber es wäre spannend, sich anzusehen, wer im Alpinsport noch keinen Kreuzbandriss hatte. Das ist eine Verletzung, die zu schwerer Kniearthrose führen kann. Die Leute brauchen dann künstliche Kniegelenke.

Zurück zum Thema. Wie viel soll man sich körperlich bewegen in der Woche?

Die WHO geht von zirka 150 Minuten pro Woche bei einer moderaten Aktivität aus. Einfach formuliert: Zumindest eine halbe Stunde am Tag sollte man etwas tun. Es geht bei diesen Empfehlungen aber nie um den Optimalwert. Wer sich nur 2000 Schritte am Tag bewegt, der wird auf einmal keine 8000 Schritte schaffen. Es reicht, wenn derjenige einfach mehr tut als bisher. Gerade wenn man untrainiert ist, haben 3000 Schritte statt 2000 einen riesigen Effekt. Das muss man den Menschen viel mehr sagen.

Wenn ich keinen Schrittzähler bei mir habe, wie kann ich Distanzen einschätzen?

Indem man die Distanz kennt. Die Kilometer sind die Hälfte der Schrittzahl mal 1000. Also zwei Kilometer sind ungefähr 4000 Schritte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2023)

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