Personalmangel

"Äußerst beunruhigend": 2775 Spitalsbetten in Österreich gesperrt

APA/HELMUT FOHRINGER
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Der Personalmangel habe dazu geführt, dass aktuell weit mehr Betten gesperrt sind, als es im AKH gibt. Das teilt die GÖD-Gesundheitsgewerkschaft mit und fordert einen Spitalsgipfel.

Österreichweit sind aktuell 2775 Spitalsbetten gesperrt. Das teilten die GÖD-Gesundheitsgewerkschaft und younion am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien mit. Vorsitzender Reinhard Waldhör sprach von "äußerst beunruhigenden Zahlen“ und einem „Notstand". Ein Spitalsgipfel müsse einberufen werden, so sein Tenor. Das Ministerium stellte jedoch noch am Vormittag klar, dass es einen solchen Krisengipfel nicht geben werde.

Erstmals in Österreich wurden von der Gewerkschaft bundesweite Zahlen zum Pflege- und Ärztemangel erhoben. "Die hohe Arbeitsbelastung und der Mangel an medizinisch pflegerischem Personal hat dazu geführt, dass aktuell weit mehr Betten gesperrt sind, als es im AKH mit 1732 gibt", sagte Waldhör. Laut Statistik Austria standen Ende 2021 in österreichweit 264 Krankenanstalten 61.927 Spitalsbetten zur Verfügung. Basierend auf diesen Zahlen sind also 8,41 Prozent der Betten in Österreich nicht belegbar. Die Zahlen zeigten laut Göd deutlich, wie hoch die Arbeitsbelastung im Gesundheitssektor mittlerweile sei und verdeutlichen den Engpass an Personal, so Waldhör.

Verschärft werde die Situation durch knapp 700 offene Stellen bei den Medizinerinnen und Medizinern, hieß es. "Dabei stehen wir erst am Anfang, die Pensionierungswelle der Babyboomer steht gerade erst an", so Waldhör. Man fühle sich vom Bund und den Ländern nicht gehört. Wir brauchen österreichweit ein koordiniertes Vorgehen, die politischen Spielchen müssen aufhören", hieß es.

„Wollen sie Zustände wie in Großbritannien?"

Die Zahlen zeigten laut Göd deutlich, wie hoch die Arbeitsbelastung im Gesundheitssektor mittlerweile sei und verdeutlichen den Engpass an Personal, so Waldhör. "Es ist gerade jetzt der richtige Zeitpunkt für den Gipfel, denn zurzeit laufen die Verhandlungen zum Finanzausgleich", ergänzte Edgar Martin, younion-Vorsitzender der Hauptgruppe II. "Der Herr Minister und die Landeshauptfrauen- und männer müssen dabei auch Farbe bekennen: Wollen sie ein funktionierendes Gesundheitswesen, oder so Zustände wie in Großbritannien?", hieß es bei dem Medientermin.

Martin wies auf 2200 fehlende Pflegekräfte in Österreich hin. Beim Verwaltungspersonal seien 200 Stellen frei. Die Rede war von einem Notstand. "Wir werden die Leistungsdichte, die wir jetzt erbringen, nicht mehr in Zukunft erbringen können", ergänzte Waldhör.

„Auf Behandlungen und Operationen warten"

Es sei unerlässlich, Bund und Ländern die Situation im Gesundheitswesen vor Augen zu führen. "Patientinnen und Patienten müssen auf Behandlungen und Operationen warten, was unweigerlich nicht nur zu verlängertem Leid führt, sondern auch zu höheren Kosten. Für das gesamte Personal bedeutet dies eine noch höhere Arbeitsbelastung und noch weniger Zeit für die individuelle Betreuung der Patientinnen und Patienten", kritisierte Katarzyna Resch, ebenfalls younion.

Auch Gerlinde Buchinger (GÖD-Gesundheitsgewerkschaft - Ausbildung) mahnte am Podium, dass die Patientenversorgung auf dem bisher gewohnt hohen Niveau nicht mehr sichergestellt werden könne. "Das Personal ist durch den täglichen Arbeitsdruck so schwer belastet, dass auch die Aufgaben der praktischen Ausbildung vor Ort nicht adäquat durchführbar sind. Es braucht daher die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Verringerung des Arbeitsdrucks zeitgleich mit der Vermehrung der Ausbildung", so Buchinger.

Gesundheitsministerium: Reformen aktuell verhandelt

Buchinger verwies auf Mängel bei Praktikumsplätzen im Bereich Pflegeausbildung und eine Aufstockung der Praxisanleiter. Derzeit sieht ein Praktikant den Anleiter nur am Beginn und am Ende seiner Ausbildung. Derzeit gebe bei der Ausbildung im Pflegebereich eine kumulierte Drop-out-Rate von 25 Prozent.

Am Freitag fand zudem eine Protestaktion der Gewerkschaft vor dem Gesundheitsministerium statt. Das Ministerium erteilte der Forderung nach einem eigenen Spitalsgipfel jedoch noch am Freitagvormittag eine Absage. Die Lage sei selbstverständlich bekannt. "Gerade deswegen sind Reformen aktuell auch Gegenstand von Verhandlungen im Rahmen des Finanzausgleich. Daher braucht es aus Sicht des Gesundheitsministeriums keinen Spitalsgipfel", hieß es. Man befinde sich ohnehin in laufendem Austausch mit den Ländern.

(APA)

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