Prozess

Beinschab belastet Karmasin vor Gericht schwer: "Ich war ein Trottel"

Schon am 27. April war Sabine Beinschab geladen. Ihre Befragung aber musste aus Zeitgründen auf heute verschoben werden.
Schon am 27. April war Sabine Beinschab geladen. Ihre Befragung aber musste aus Zeitgründen auf heute verschoben werden.(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Am dritten Tag des Karmasin-Prozesses tritt Kronzeugin Sabine Beinschab erstmals öffentlich auf. Sie sagt gegen ihre Ex-Chefin, eben Ex-Familienministerin Sophie Karmasin, aus. Beinschab belastet diese  massiv.

Im Wiener Landesgericht für Strafsachen wird heute der Prozess gegen Ex-Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) und einen mitangeklagten Abteilungsleiter im Sportministerium fortgesetzt. Vorgeworfen werden Karmasin schwerer Betrug und Bestimmung zu wettbewerbsbeschränkenden Maßnahmen. Um ihre Rolle in der ÖVP-Umfrageaffäre geht es bei der Verhandlung noch nicht. Als Zeugin geladen war am Dienstag die Meinungsforscherin Sabine Beinschab. 

Ex-Familienministerin Sophie Karmasin am ersten Prozesstag Ende April im Wiener Straflandesgericht.
Ex-Familienministerin Sophie Karmasin am ersten Prozesstag Ende April im Wiener Straflandesgericht.(c) APA/GEORG HOCHMUTH

Die Ex-Ministerin soll sich laut Anklage nach ihrem Ausscheiden aus der Politik widerrechtlich Bezugsfortzahlungen in Höhe von 78.589,95 Euro erschlichen haben, indem sie Bediensteten des Bundeskanzleramts verschwieg, dass sie ihre selbstständige Tätigkeit nach ihrer Amtszeit als Familienministerin nahtlos fortsetzte.

Der zweite Anklagekomplex betrifft drei Studien für das Sportministerium, für die Karmasin nach ihrem Ausscheiden aus der Politik den Zuschlag erhielt, indem sie laut Anklage zwei Mitbewerberinnen - darunter ihre ehemalige Mitarbeiterin Sabine Beinschab - dazu brachte, „abgesprochene Angebote an die Auftraggeber zu übermitteln“, um sicherzustellen, dass Karmasin die Aufträge bekommen würde, wie es in der Anklageschrift heißt.

Beinschabs Befragung wäre bereits am 27. April vorgesehen gewesen. Sie war zu dem Termin auch erschienen, hatte dann aber stundenlang vor dem Schwurgerichtssaal auf ihre Einvernahme gewartet, die dann allerdings kurzfristig verlegt wurde, weil Karmasins Verteidiger vorherige Zeugen länger in Anspruch nahm.

300 Euro für Podiumsdiskussion? „Das war ein Fehler“ 

Karmasin gab am Dienstagvormittag bei ihrer Befragung durch Richter Patrick Aulebauer im bis auf den letzten Platz gefüllten Schwurgerichtssaal Fehlverhalten zu. Schon am ersten Prozesstag hatte sie Fehler zugegeben und gesagt, dass ihr das leid tue.

Zu beruflichen Aktivitäten, etwa Vorträge oder Podiumsdiskussionen, bei denen sie Geld verdiente, obwohl sie das infolge der Gehaltsfortzahlung nicht durfte, sagte sie am Dienstag: „Ich will ja nicht arrogant wirken, aber es ist ja keine berufliche Tätigkeit, für 300 Euro an einer Podiumsdiskussion teilzunehmen“. Eigentlich hätte sie einen 40-Stunden-Job gesucht. Doch „es gab den einen oder anderen Vortrag. Das war unbedacht. Das war ein Fehler.“ 

Karmasin zu WKStA: „Sie haben sicher großartig recherchiert“

Karmasin zahlte die erhaltenen Honorare zurück. Währenddessen aber saß sie in U-Haft. Dazu sagte sie am Dienstag, dass ihr Anwalt und ihr Ehemann den Betrag für die Rückzahlung bestimmt hätten, denn: „Ich war isoliert in Coronahaft. Ich konnte mir keine Gedanken über den Betrag machen.“ Mit „Coronahaft“ meinte sie, dass sie in U-Haft auch an Corona erkrankte.

Bei der Befragung lieferte sich Karmasin auch immer wieder verbale Reibereien mit dem Ankläger der WKStA, Gregor Adamovic. Zuerst wollte Karmasin ihm gar keine Antworten geben, wie sie das auch am ersten Prozesstag zu tun pflegte. Dann aber antworte sie doch, zuweilen genervt und mit leicht hämischem Unterton: „Mir fällt es sehr schwer, Fragen von Ihnen zu beantworten“, sagte sie einmal. Oder: „Sie haben sicher großartig recherchiert.“ Oder: „Das sage ich jetzt zum gefühlt hundertsten Mal.“ 

Mit der Zeit wurde das Wortgefecht immer emotionaler, etwa als Staatsanwalt Adamovic Karmasin zahlreiche Schriftstücke vorhielt. „Wollen Sie mir vorhalten, welche Gedanken ich hatte?“, fragte sie genervt. „Nein, das sind Beweismittel“, antwortete der Ankläger.

Unter den Dokumenten befand sich auch ein E-Mail von Beinschab an Karmasin. Der Inhalt: „Wegen Studien T. haben wir gestern nicht explizit geredet.“ Adamovic fragte daraufhin, ob dieser „T.“ etwa Thomas Schmid, damals Generalsekretär im Finanzministerium sei. Aus dem E-Mail gehe jedenfalls hervor, dass Karmasin eine Provision von 20 Prozent bekommen haben soll. Karmasins Anwort darauf: „Wenn Sie glauben, nach der Politik kommt das Geschäft von ganz allein - dann liegen Sie leider ganz falsch.“ 

Beinschab: „Waren alle geschockt"

Kurz nach elf Uhr begann schließlich die Befragung Beinschabs. Und die ehemalige Karmasin-Mitarbeiterin belastete ihre frühere Chefin schwer: So habe Karmasin Aufträge über die Firma ihres Mannes abgerechnet, „weil sie nichts abrechnen durfte". Beinschab: „Sie wusste, dass sie nichts dazu verdienen darf.“ Das deckt sich mit den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft, die Karmasin bestritten hatte.

Ebenfalls erklärte Beinschab, dass sie einst stolz gewesen sei, für Karmasin zu arbeiten. Als Karmasin 2013 Ministerin wurde, seien im Büro „alle geschockt“ gewesen, erklärte Beinschab.

Karmasin soll Preis und Inhalt vorgegeben haben

Nachdem sich Beinschab 2015 selbstständig gemacht hat, habe sie weiterhin mit ihr zusammengearbeitet - und das hat sich auch für Karmasin ausgezahlt: Karmasin wollte laut Beinschab 20 Prozent Umsatzbeteiligung von jenen Aufträgen, die Beinschab von Ex-Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid bekommen hat. Als sie Karmasin den Preis für eine Studie mit Schmid weitergeleitet hatte, soll Karmasin geantwortet haben: „Me included, right?“ 

Auch in puncto Sportstudien belastete Beinschab die frühere ÖVP-Politikerin massiv: Nachdem Karmasin per Mail um Hilfe bat, „meinte sie, sie habe das Angebot für das Sportministerium bereits gelegt, brauche aber Vergleichsangebote". Der Grund: Karmasin wollte „sicher sein, dass sie den Zuschlag auch bekommt“. Das wäre wahrscheinlicher, wenn es ein höheres Scheinangebot gebe, dabei habe Karmasin sogar den alternativen Preis für Beinschabs Angebot vorgegeben. Für Beinschab, die sich davon Sub-Aufträge Karmasins erhofft habe, sei das übrigens nicht lukrativ gewesen. „Ich war im Prinzip ein Trottel, das war ein Fehler“, so Beinschab.

(m. s.)

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