Karmasin-Prozess

Beinschabs erster Auftritt: Die Abrechnung der Kronzeugin

Sabine Beinschab (re.) wurde von ihrer Anwältin Katrin Blecha-Ehrbar zuweilen regelrecht "beschützt".
Sabine Beinschab (re.) wurde von ihrer Anwältin Katrin Blecha-Ehrbar zuweilen regelrecht "beschützt". APA/ROLAND SCHLAGER
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Die Meinungsforscherin Sabine Beinschab sagte erstmals öffentlich aus – als Kronzeugin gegen Ex-Ministerin Sophie Karmasin. Fazit: Beinschab belastet Karmasin schwer.

Schon einmal war sie gekommen, war vom Richter aber aus Zeitgründen wieder weggeschickt worden. Am Dienstag, dem dritten Prozesstag, war es soweit. Der Auftritt von Sabine Beinschab ging über die Bühne. Erster Eindruck: Die Kronzeugin spricht unbeschwert, fast locker. Und liefert, ganz offen, Antworten.

Und ja: Die 39-jährige Meinungsforscherin belastet die prominente Angeklagte, die frühere Familienministerin Sophie Karmasin (von der ÖVP nominiert), massiv. Karmasin muss schweren Betrug und wettbewerbsbeschränkende Absprachen verantworten.

Zum einen ließ sie sich ihr Gehalt als Ministerin (Amtszeit: 2013 bis 2017) noch monatelang zu 75 Prozent auszahlen, insgesamt knapp 79.000 Euro, obgleich sie andere Einkünfte hatte. Hier macht Karmasin tätige Reue geltend. Sie habe das erhaltene Geld rechtzeitig zurückgezahlt, sagt sie.

Sophie Karmasin vor Gericht am Dienstag.
Sophie Karmasin vor Gericht am Dienstag.APA/GEORG HOCHMUTH

Zum anderen legte sie dem Sportministerium zwischen 2019 und 2021 drei Angebote für Studien. Karmasin ging nun erneut auf diesen Punkt ein. Dabei zeigte sie sich erstmals angriffig. Als ob sie ahnte, dass die neue Linie auch anders verstanden werden könne, schickte sie voraus: „Ich will jetzt nicht arrogant wirken, aber . . .“

Um die Aufträge für die Studien (Beispiel: „Motivanalyse Bewegung und Sport“) zu erhalten, habe sie laut Anklage zwei (Pseudo-)Anbieterinnen dazu gebracht, Scheinangebote zu legen. So sei sie als Bestbieterin dagestanden. Karmasins Konter: Wegen der Auftragssummen, die unter 100.000 Euro geblieben seien, wäre es gar nicht erforderlich gewesen, andere Angebote einzuholen.

„Nicht die besten Freundinnen“

Eine der beiden anderen Angebots-Legerinnen: Sabine Beinschab. Die Kronzeugin sagte dann auch ziemlich viel – zu diesem Anklagepunkt. Beinschab, flankiert von ihrer Anwältin Katrin Blecha-Ehrbar, nahm die Verteidigungslinie ihrer früheren Freundin Sophie Karmasin regelrecht auseinander. Zunächst stellte die Zeugin klar: „Wir waren befreundet, ja, aber die besten Freundinnen waren wir nicht. Wir sind nicht Tag und Nacht zusammengepickt. Sie ist 18 Jahre älter als ich.“

Also wie war das nun mit den Scheinangeboten? Beinschab: „Sie bat mich um Hilfe.“ Karmasin habe erklärt, für die erste Studie bereits 80 Tiefeninterviews geführt zu haben. Und sie habe ein Scheinangebot erbeten, damit sie den Zuschlag auch wirklich bekomme. „Nicht, dass die noch jemanden finden, der es billiger macht“, habe die Ex-Ministerin gesagt.

Dies klang nun aber völlig anders, als jene Darstellung, die Karmasin, vertreten von den beiden Anwälten Norbert Wess und Philipp Wolm, abgeliefert hatte. Demnach sei Karmasins Anbot so bestechend gut gewesen, dass niemand anderer in der Lage gewesen wäre, etwas Vergleichbares auf den Weg zu bringen. Abgesehen davon, dass eben die Auftragssumme unter 100.000 Euro und damit unter der Ausschreibungs-Wertgrenze gelegen sei. Letzteres wurde aber schon am zweiten Verhandlungstag von einem Beamten des Sportministeriums relativiert. Es sei Hausbrauch gewesen, schon bei Aufträgen mit mehr als 5000 Euro Volumen Vergleiche anzustellen.

Beinschab stellte die Exklusivität des damaligen Karmasin-Angebots in Abrede. Ganz unverkrampft gab sie an: „Diese Studie hätte ich auch machen können.“ Und wurde noch deutlicher: „Das kann so ziemlich jedes Institut.“ Auch wenn der Schwerpunkt auf Verhaltensökonomie gelegen sei – das sei keine Raketenwissenschaft („Rocket Science“) gewesen.

„Das hätten Sie auch können?"

Richter Patrick Aulebauer wurde hellhörig: „Das hätten Sie auch können?“ Die Kronzeugin: „Ja, sicher.“ Nachsatz: „Alles, was sie machte, hätte ich auch können. Sie war meine Lektorin.“ Zuvor hatte Beinschab erklärt, dass sie ihr Handwerk bei Karmasin erlernt habe. Dann habe sie sich selbstständig gemacht. Sie, Beinschab, sei in Karmasins früherem Meinungsforschungsinstitut Assistentin der Geschäftsführung gewesen.

Zu den Scheinangeboten selbst erklärte Beinschab: Karmasin habe ihr vorgegeben, welche Angebotssumme sie hineinschreiben solle. Sie habe mitgespielt. Habe ihrer ehemaligen Chefin einen Gefallen getan. „Ich war ein bisserl ein Trottel.“ Und: „Ich hab' zu ihr aufgeschaut. Sie hat das Ganze ausgenutzt. Sie hat gedacht, sie kann mit mir alles machen.“ Ihre Ergebenheit komme sie nun teuer zu stehen, so Beinschab: Wegen des Einreichens von abgesprochenen Angeboten sei ihr jüngst von der Wettbewerbsbehörde 6000 Euro Geldbuße auferlegt worden.

Und da waren auch die Studien, die Beinschab unter der Ägide des damaligen Generalsekretärs im Finanzressort, Thomas Schmid (auch er bemüht sich um Kronzeugen-Status), machte. An diesen Studien (einige dienten der positiven Darstellung von Sebastian Kurz, der 2017 Kanzler werden wollte) verdiente Karmasin jeweils 20 Prozent mit. Beinschab: „Sie wollte mit im Paket sein.“ Dafür, dass sie, Karmasin, den Kontakt zwischen Schmid und Beinschab hergestellt hatte.

„Fehler, in Politik zu gehen“

Zwar werden die Beinschab-Studien für das Finanzressort („Beinschab-Tool“) wohl erst Gegenstand eines weiteren Prozesses (noch wird ermittelt), dennoch kamen sie zur Sprache. Aus Beinschabs Sicht war Karmasin informiert, wer die Studien bezahlte (nämlich die Steuerzahler). Für Karmasin sei es um die Frage gegangen: „Wie kommt sie zu ihrem Geld?“ Da Karmasin bis Dezember 2017 Ministerin war und ihre Nebeneinkünfte nicht aufscheinen sollten, habe man die Abrechnungen über die Firma ihres Mannes laufen lassen: „Die Sophie Karmasin ist auf diese Idee gekommen. Natürlich wollte die Sophie Karmasin so schnell wie möglich ihr Geld haben.“

Und das war es auch, was am ehesten von Beinschabs Auftritt haften blieb. Der nunmehrigen Angeklagten sei es immer wieder ums Geld gegangen. „Es wäre das Beste für Sophie gewesen, sie wäre im Unternehmen geblieben und wir hätten weiter legale Marktforschung betreiben können. Für sie war es wahrscheinlich ein Fehler in die Politik zu gehen.“

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