Zinsen und Spesen

Bawag: Die umstrittene Hausbank der Republik Österreich

Clemens Fabry/Die Presse
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Die Republik bringt der Bawag viel Geschäft. 2022 übertraf der Zahlungsverkehr des Bundes die 300-Milliarden-Euro-Marke. Gebühren in Millionenhöhe sorgen im Parlament für hochgezogene Augenbrauen.

Schulden, Coronahilfen, Energiebonus oder Beamtengehälter. Der Staat muss einen gewaltigen Zahlungsverkehr abwickeln. Dafür nimmt er die Dienste der Bawag P.S.K. in Anspruch. Der Bank kommt damit ein ganz besonderer Status zu, dessen Ursprung in einer rund 125 Jahre alten Tradition liegt. Bei ihr haben alle Behörden und Ministerien Konten. Über diese laufen nicht nur großvolumige Zahlungsströme der öffentlichen Hand, sondern auch die Überweisungen von Pensionen, Studienbeihilfen, Arbeitslosengeldern oder Sozialhilfen. Einst erledigte das die staatliche Postsparkasse (P.S.K.). Diese wurde aber 2000 von der Bawag übernommen. Die Bank für Arbeit und Wirtschaft AG war damals noch in Gewerkschaftshand. Somit wurde der inzwischen börsenotierte Konzern, der bis 2019 mehrheitlich dem US-Hedgefonds Cerberus gehört hat, Hausbank der Republik.

Den Automatismus und ob er sich je ändern würde hinterfragten die Neos in einer parlamentarischen Anfrage an Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Seiner Beantwortung zufolge wurden die Vereinbarungen zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs des Bundes mit der Bawag P.S.K. „auf unbestimmte Zeit“ abgeschlossen. Eine offene Ausschreibung dafür gab es nie. „Die Selbstverständlichkeit, mit der man im Bundesfinanzministerium die Bawag P.S.K. als Rechtsnachfolgerin der Postsparkasse sieht, wird einem marktwirtschaftlichen Verständnis nicht gerecht“, sagt Neos-Abgeordneter Gerald Loacker zur „Presse“. Er fordert eine Ausschreibung des Bankgeschäfts. „Eigentlich müsste gerade das Bundesfinanzministerium ein großes Interesse an einer Vergabe an einen Bestbieter auf einem freien Markt haben.“

Die Bankkonditionen sind für den Steuerzahler nicht unerheblich. Gerade angesichts der hohen Schulden fallen Zinsen und Gebühren ins Gewicht. Wie sehr, ergab sich nun aus Brunners Aussagen.

Ausschreibung bisher abgelehnt

Für eine neue Vergabe wäre aus Sicht des Finanzministers „eine unmittelbare Änderung“ des Bundeshaushaltsgesetzes (BHG 2013) erforderlich. Im erwähnten Gesetz ist im Wortlaut immer noch von der „Österreichischen Postsparkasse“ die Rede. Die Bawag gilt für den Staat als ihre Rechtsnachfolgerin. „Aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge war die Bawag P.S.K. verpflichtet, für den Bund den Zahlungsverkehr abzuwickeln“, schreibt Brunner.

Einst stand der Sonderstatus zur Diskussion. Als der amerikanische Fonds Cerberus 2007 als neuer Eigentümer das Ruder der Ex-Genossenschaftsbank übernommen hatte, regte sich Kritik. Damals hatten fast alle österreichischen Großbanken Interesse am Geschäft mit dem Staat geäußert. Allen voran Raiffeisen, Erste Bank und Bank Austria. Doch ein Ausschreibungsantrag der FPÖ verlief im Sand. Auch 2018 lehnte der damalige Finanzminister, Hartwig Löger (ÖVP), eine Neos-Anfrage zu einer öffentlichen Ausschreibung ab.

Kontogebühren in Höhe von 9,9 Millionen Euro

Die neue Bawag-Führung aus den USA stellte die Bank schlanker auf. Die Zahl der Mitarbeiter wurde drastisch gestutzt. Heute unterscheidet sich das Geschäftsmodell der ehemaligen Arbeiterbank deutlich von dem der anderen Geschäftsbanken Österreichs. Das klassische Bankgeschäft spielt nur mehr eine Nebenrolle, was der Rentabilität keinen Abbruch tut. Im Gegenteil: 2022 wurde ein Gewinn in der Höhe von 318 Millionen Euro verbucht und 305 Millionen Euro an Gewinnbeteiligungen wurden ausgeschüttet. Geben die Behörden grünes Licht, plant die Bank sogar, eigene Aktien zurückzukaufen.

Für den Bund und das Finanzministerium stehe ein „eigenes Betreuungsteam“ zur Verfügung, schreibt Brunner. „Das Betreuungsteam wird auch täglich von Bundesdienststellen kontaktiert.“ Für die Dienstleistung nimmt die Bank ein entsprechendes Entgelt. Die Republik zahlte im vergangenen Jahr 9,9 Millionen Euro an Kontogebühren. In den drei Jahren zuvor waren es jeweils rund 9,1 Millionen Euro.

Zahlungsumsatz wegen Corona gestiegen

Die Summen, um die es beim staatlichen Zahlungsverkehr mit der Bawag geht, sind beträchtlich. Im Jahr 2022 lag der Zahlungsumsatz bei rund 306,3 Milliarden Euro. Im Jahr 2021 waren es rund 273,6 Milliarden Euro gewesen. Vor allem wegen der Coronahilfen und des dringlichen Liquiditätsbedarfs fielen die Beträge deutlich höher aus als 2019 (245 Mrd. Euro) und 2020 (247 Mrd. Euro). Allein heuer wickelte die Bank schon 68 Milliarden Euro für die öffentliche Hand ab.

Bei der Verzinsung teilt der Staat sein Schicksal mit dem kleinen Sparer: Zwischen 2019 und 2021 lag der Zinssatz bei null Prozent. 2022 stieg er auf 0,29 Prozent und heuer auf 2,30 Prozent. Sollzinsen freilich waren nicht vereinbart.

»„Es verwundert, wie groß die Volumina bei der OeNB sind, obwohl dort die Konditionen schlechter sind als bei der Bawag“«

Gerald Loacker (Neos)

Staat zahlte Negativzinsen bei OeNB

Hingegen verteilte die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) Negativzinsen. Auch über ihre Konten wickelt der Bund seinen Zahlungsverkehr – vor allem Zahlungen für Finanzschulden – ab. So lag der Zinssatz der Nationalbank bei minus 0,24 im Jahr 2019 und bei minus 0,5 Prozent für 2020 und 2021. Im vergangenen Jahr waren es nur mehr minus 0,03 Prozent. Heuer liegt er mit 2,18 Prozent wieder im Plusbereich, aber dennoch unter dem Zinsgebot der Bawag. „Es verwundert, wie groß die Volumina bei der OeNB sind, obwohl dort die Konditionen schlechter sind als bei der Bawag“, sagt der stellvertretende Klubobmann der Neos, Gerald Loacker.

Laut „Presse“-Informationen hätte es auch bei der Bawag eine negative Verzinsung gegeben, wenn das Volumen einen gewissen Betrag überschritten hätte. Detaillierte Konditionen wurden vom Finanzminister nicht bekannt gegeben.

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