Die EU-Kommission attestiert der heimischen Wirtschaft eine nach wie vor zu hohe Abhängigkeit von Gas aus Russland. Zweite offene Baustelle ist der schlecht funktionierende heimische Arbeitsmarkt.
Brüssel/Wien. Die Konsequenzen des russischen Überfalls auf die Ukraine vor gut einem Jahr sind in Österreich offenbar noch nicht in ihrer ganzen Tragweite erfasst worden – dieses wenig schmeichelhafte Fazit zieht die Europäische Kommission in ihrem am Mittwoch veröffentlichten Länderbericht. Der Report ist Teil des sogenannten Europäischen Semesters, in dessen Rahmen die Brüsseler Behörde die wirtschaftspolitischen Eckdaten der Mitgliedstaaten überprüft und gegebenenfalls Empfehlungen gibt. Ziel des Unterfangens ist ein regelmäßiges Feintuning des EU-Konjunkturmotors.
Von 80 auf 60 Prozent
Woran hakt es hierzulande? Zunächst einmal moniert die Kommission, dass sich die außerordentlich hohe österreichische Abhängigkeit von russischem Gas seit Kriegsbeginn nur relativ wenig verändert hat – und zwar von 80 auf knapp 60 Prozent. Nach Ansicht Brüssels bestehe daher nach wie vor die Gefahr, in den kommenden Wintern eine böse Überraschung zu erleben, sollte es zu „weiteren geopolitischen Zerwürfnissen“ kommen, wie es in dem Bericht heißt. Die bisher vorliegenden Pläne der Bundesregierung seien jedenfalls nicht ausreichend, um die mittelfristige Sicherheit der Energieversorgung zu gewährleisten. Vor allem der schleppende Umstieg von Gasthermen und Ölheizungen auf Wärmepumpen im Wohnbau sowie langwierige Verfahren zur Zulassung neuer Windparks und Solarfarmen würden die Abkoppelung von Russland unnötig verlangsamen.