Chinesischer Künstler Ai Weiwei festgenommen

Der chinesische Gegenwartskünstler Ai Weiwei
Der chinesische Gegenwartskünstler Ai Weiwei(c) AP (Lennart Preiss)
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Unmittelbar vor seinem Flug nach Hongkong wurde der Künstler festgenommen. Anschließend wurde sein Studio durchsucht, auch acht seiner Mitarbeiter wurden inhaftiert.

[Peking/lie] Der international bekannte chinesische Aktionskünstler Ai Weiwei ist nach Berichten seiner Mitarbeiter Sonntagfrüh auf dem Pekinger Flughafen bei der Passkontrolle festgenommen worden. Er wollte nach Hongkong fliegen. Per Twitter informierte ein Assistent die Öffentlichkeit. Die Polizisten hätten einem Reisegefährten erklärt, der Künstler habe „anderes zu tun“ und könne nicht mitreisen.

Zur gleichen Zeit seien mehrere Beamte in die Studiowohnung Ai Weiweis im Stadtviertel Caochangdi eingedrungen. Sie hätten seinen Computer untersucht und acht Mitarbeiter und Angestellte zum Verhör abgeholt. Auch seine Frau, Lu Qing, sei einvernommen worden. Bis zum Abend blieb das Schicksal des Künstlers unklar.

Damit weitet sich die Repression aus, die nicht nur in Peking, sondern in vielen Teilen Chinas zu Verhaftungen geführt hat: In den vergangenen Wochen sind nach Informationen von Menschenrechtlern in China Dutzende Anwälte, Schriftsteller, Journalisten und Internet-Kommentatoren festgenommen oder unter Hausarrest gestellt worden. Außerdem verschwanden mehrere prominente Bürgerrechtler, darunter auch der Anwalt Teng Biao. Die Sorge ist groß, dass sie in Polizeigewahrsam gefoltert werden.

Ai sprach heikle Themen an

Ai Weiwei gehört zu den mutigsten Dissidenten in China. Als Sohn eines berühmten Dichters wagte er es in den vergangenen Jahren immer wieder, besonders heikle Themen anzuprangern, etwa den Pfusch am Bau von Schulen, die beim Erdbeben in Sichuan eingestürzt waren.
Erst vor wenigen Tagen hatte der auch in Österreich schon aufgetretene Ai angekündigt, er wolle sich mit einem neuen Studio in Berlin ein zweites Standbein im Ausland aufbauen. Seine Lage sei in China unsicher geworden, er wolle aber nicht ins Exil gehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2011)

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