EU-Innenminister beraten erstmals Schengen-Reform

EU-Innenminister beraten erstmals Schengen-Reform
EU-Innenminister beraten erstmals Schengen-ReformSymbolbild: Grenzkontrolle (c) AP (Uwe Lein)
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"Das Hochziehen von Grenzen in Binnenländern wäre eine massive Einschränkung der Reisefreiheit", sagt Österreichs neue Innenministerin Johanna Mikl-Leitner vor ihrem ersten Auftritt in Brüssel.

Erstmals kommen am Donnerstag die Innenminister der Europäischen Union in Brüssel zusammen, um über die von Frankreich und Italien geforderte Schengen-Reform mit der Möglichkeit zur leichteren Wiedereinführung von Grenzkontrollen zu beraten. Beschlüsse sind bei dem Sondertreffen nach Angaben von EU-Diplomaten nicht vorgesehen, sie sollen erst beim nächsten EU-Innenministerrat und beim EU-Gipfel im Juni fallen.

Für die neue österreichische VP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ist es der erste Auftritt auf Brüsseler Boden. Das "generelle Hochziehen von Grenzen in Binnenländern" wäre "eine massive Einschränkung der Reisefreiheit" und "ein großer Rückschritt", warnte sie.

Bereits jetzt gibt es die Möglichkeit, Grenzkontrollen im Schengen-Raum bei Großereignissen wie Sportveranstaltungen oder bei Gefährdung der inneren Sicherheit und Ordnung durchzuführen. Frankreich macht sich im Licht des jüngsten Ansturms von Zuwanderern aus Tunesien dafür stark, dass die Grenzkontrollen auch dann zeitlich befristet wieder eingeführt werden können, wenn es massive Flüchtlingsströme gibt oder ein Schengen-Land die EU-Außengrenze nicht ausreichend kontrollieren kann.

Mehrheit für Grenzkontrollen fehlt

Nach Angaben von EU-Diplomaten gibt es unter den EU-Staaten keine Mehrheit für ein neuerliches Hochziehen der Grenzkontrollen. Kritisch dürfte auch das EU-Parlament dem Vorschlag gegenüberstehen. Eine Reihe von Ländern, darunter etwa Deutschland, sind offen für eine Reform des Schengen-Kodex, wenn die Ausnahmen eng definiert und gemeinschaftlich geregelt sind und die Personenfreizügigkeit nicht gefährdet wird. Wie ein Schengen-Suspendierungsmechanismus im Detail geregelt ist und wer darüber entscheidet, dürfe eine der Kernfragen sein.

Grundlage der Beratungen ist eine Mitteilung der EU-Kommission, in der die EU-Behörde auch weitere Fragen der EU-Migrationspolitik aufwirft, etwa das bis 2012 geplante EU-Asylsystem, den verbesserten Schutz der Außengrenzen und neue Finanzmittel wie etwa einen Treuhandfonds und Instrumente zur Flüchtlingssteuerung. Laut Diplomaten soll die EU-Kommission am 24. Mai mit konkreteren Vorschlägen kommen.

Beratungen über Flüchtlinge

Die EU-Innenminister beraten am Nachmittag außerhalb der Tagung auch über die Aufnahme von rund 1100 Flüchtlingen aus Nordafrika, die aus dem Bürgerkrieg in Libyen nach Malta geflohen sind und Schutzbedürftige im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sind. Die bisherigen Zusagen seien nicht ausreichend, hieß es in EU-Ratskreisen. Schweden will 200 Flüchtlinge im Rahmen eines freiwilligen Resettlement-Programmes aufnehmen, Deutschland hundert Personen.

Auf der Tagesordnung des EU-Innenministerrates steht auch ein Sachstandsbericht zur Stärkung der EU-Grenzschutzagentur Frontex. Sie soll künftig eigenständig Ausrüstung und Gerät anschaffen können, die Verhandlungen sollen bis Juni abgeschlossen sein. Auch ein Überblick zu der von der EU-Kommission angeregten Reform der Vorratsdatenspeicherung von Telekom- und Internetdaten steht auf der Tagesordnung.

(Ag.)

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