DNA-Spur bringt Strauss-Kahn arg in die Bredouille

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Laut DNA-Test stammt der Spermafleck auf dem Kleid des Zimmermädchens von Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn.

Washington. Die hochnotpeinliche Angelegenheit erinnert an Bill Clinton, an den Oralsex im Oval Office und den Spermafleck auf dem blauen Samtkleid Monica Lewinksys. Die Amerikaner fühlen sich in der Affäre Strauss-Kahn zurückversetzt in die Tage des Amtsenthebungsverfahrens gegen den US-Präsidenten anno 1998 – nur, dass sich der Skandal diesmal nicht um politische Machenschaften dreht, sondern um kriminelle.

Wie DNA-Proben ergeben haben, stammen die Spermaspuren auf dem Kleid des Zimmermädchens im Sofitel-Hotel von Dominique Strauss-Kahn, dem in der Vorwoche zurückgetretenen Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF). Ein Testergebnis des Teppichflecks, auf dem die 32-jährige Immigrantin aus dem afrikanischen Guinea das Sperma ausgespuckt haben soll, stand vorläufig noch aus.

Damit dürfte es zweifelsfrei zum Oralverkehr im Badezimmer der Suite 2806 gekommen sein, was indes nicht einmal mehr die Verteidigung Strauss-Kahns bestreitet. Die Anwälte haben anfangs allerdings jedweden sexuellen Kontakt geleugnet. In ihrer Verteidigungsstrategie berufen sie sich nunmehr auf beiderseitiges Einvernehmen.

Für John McConnell, den New Yorker Staatsanwalt in der Causa, hat sich damit der Verdacht gegen Strauss-Kahn weiter erhärtet. „Die Klägerin hat einen zwingenden und unerschütterlichen Bericht von dem Vorfall präsentiert. Sie hat sich umgehend darüber ausgeweint, sowohl gegenüber Hotelmitarbeitern als auch gegenüber der Polizei.“ Die Beweise für die Anklagepunkte des sexuellen Missbrauchs und der versuchten Vergewaltigung, so hat die Staatsanwaltschaft bereits in der vorigen Woche festgestellt, würden mit jedem Tag wachsen.

Die „New York Post“, ein für ihre exzellenten Polizeikontakte bekanntes Boulevardblatt aus dem Hause Rupert Murdoch, rekonstruierte den Dialog des mutmaßlichen Tathergangs. „Weißt du denn nicht, wer ich bin?“, soll Strauss-Kahn demnach das Zimmermädchen mehrmals gefragt haben. Daraufhin soll sie gefleht haben: „Bitte, bitte, stopp. Ich brauche meinen Job. Ich kann es mir nicht leisten, meinen Job zu verlieren.“ Der 62-Jährige wollte laut „New York Post“ aber nicht ablassen: „Nein, Baby. Keine Sorge, du wirst deinen Job schon nicht verlieren.“

Champagner-Einladung

Bei einer Befragung des Hotelpersonals stellte sich heraus, dass der Spitzenbanker bereits vor der vermutlichen Sexattacke zwei Angestellte zu Champagner in seine Suite eingeladen hatte. Beide Frauen haben jedoch die anzügliche Einladung ausgeschlagen.

Das Zimmermädchen hatte in der vorigen Woche gleich zweimal in einer vertraulichen Sitzung vor einer Geschworenenjury ausgesagt – offenbar so glaubwürdig, dass die Jury für eine Anklageerhebung in allen Punkten plädierte. Benjamin Brafman, der Staranwalt Strauss-Kahns, lässt indessen nichts unversucht, die Glaubwürdigkeit der Klägerin zu erschüttern. Detektive sind bis in ihre afrikanische Heimat ausgeschwärmt, um ihren Ruf anzukratzen und dunkle Punkte in ihrer Vita aufzustöbern: Ist sie tatsächlich eine Witwe, hat sie beim Ansuchen um eine Aufenthaltsgenehmigung und um eine Sozialwohnung geschwindelt?

In einem E-Mail an die IWF-Mitarbeiter, unterzeichnet mit Dominique, beteuerte Strauss-Kahn erneut seine Unschuld. „Ich bestreite die Anschuldigungen mit aller Entschiedenheit. Ich bin zuversichtlich, dass die Wahrheit ans Licht kommen wird.“ Er schreibt darin von einem „persönlichen Albtraum“, der nicht die Arbeit des IWF überschatten sollte. Die Entscheidung zum Rücktritt sei ihm so schwer gefallen wie kaum etwas zuvor in seinem Leben.

Suche nach neuer Bleibe

Seine Frau und er sind unterdessen auf der Suche nach einer neuen Bleibe in New York. Ein Apartmenthaus an der noblen Upper East Side hat ihn als Mieter abgelehnt, und die Übergangslösung für die Wohnung, die ihm die für ihn zuständige Sicherheitsfirma zur Verfügung gestellt hat, neigt sich dem Ende zu. Strauss-Kahn bevorzugt ein Townhouse, ein kleines Stadthaus in möglichst abgeschiedener Lage, für das er angeblich bereit ist, eine Monatsmiete von bis zu 50.000 Dollar auszulegen. Vor der medialen Belagerung wird er auch dort nicht sicher sein.

Auf einen Blick

Die DNA-Probe, die Dominique Strauss-Kahn nach seiner Verhaftung entnommen wurde, ist ident mit den Spermaspuren auf dem Kittel des Zimmermädchens. Eine Auswertung des Flecks auf dem Teppich, auf den sie das Sperma ausgespuckt haben soll, steht vorläufig noch aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2011)

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