Göttinger Forscher scheinen die Ursache für die Aggressivität des Keims gefunden zu haben: Er kann ein sehr wirksames Gift zu produzieren. Die Zahl der Todesopfer in Deutschland ist auf 38 gestiegen.
Bei der Suche nach den Ursachen für den ungewöhnlich aggressive EHEC-Epidemie scheinen Forscher einen großen Fortschritt gemacht zu haben. Göttinger Mikrobiologen entschlüsselten das Erbgut des Erregers, der die Durchfallerkrankung verursacht, wie die Universität Göttingen mitteilte.
Der gefährliche Keim habe die Fähigkeit, ein sehr wirksames Gift zu produzieren. Zugleich könne er sich vor Antibiotika schützen. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) ebbt die Welle der EHEC-Neuerkrankungen ab.
EHEC nicht die Ursache, sondern EAEC
Der Universität zufolge entschlüsselten die Wissenschafter die genetische Information des Bakteriums Escherichia coli (E. coli O104:H4). Die Analyse des Blutes von zwei betroffenen Patienten aus Hamburg deute darauf hin, dass nicht der EHEC-Erreger, sondern ein mit dem Begriff EAEC (Entero-Aggregativer Escherichia coli) bezeichneter Keim die Krankheiten verursache, sagte der Leiter des Göttinger Laboratoriums für Genomanalyse, Rolf Daniel.
Der Keim binde sich besonders fest an Gewebe, bilde Zellansammlungen und spule dort sein krank machendes Programm ab. Den Forschern zufolge hat der EAEC-Keim sein Potenzial erheblich gesteigert, indem er aus anderen E. coli-Stämmen wie EHEC ein spezielles Gen übernommen und fest in seinem eigenen Chromosom verankert habe. Seine Zellen könnten einen massiven Infektionsherd im Darm bilden, und diese Zellmasse produziere ein sehr wirksames Gift.
Zahl der Todesopfer steigt auf 38
Trotz der wissenschaftlichen Fortschritte bleibt der Keim weiter gefährlich: Am Donnerstag ist ein weiterer Mensch an EHEC gestorben. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) starben damit in Deutschland mindestens 38 Patienten an den Folgen der Infektion, 3300 Menschen sind erkrankt. Die Zahl der Neuerkrankungen geht aber weiter zurück. Laut RKI werden seit etwa einer Woche EHEC- oder HUS-Fälle, also schwere Verlaufsformen, "auf deutlich niedrigerem Niveau als zuvor" an die Behörde übermittelt. Auch die Daten aus den Notaufnahmen von Krankenhäusern deuten den Angaben zufolge auf einen Rückgang der Fälle hin.
Zweifelsfrei nachgewiesen wurde der aggressive EHEC-Erreger vom Typ O 104 bisher auf Sprossen, weshalb weiterhin vom Verzehr roher Sprossen abgeraten wird. Nach dem Fund eines EHEC-Keimes auf Salat wurde ein Hof in Frankfurt am Main gesperrt. Vermutlich gelangte der Darmkeim mit dem Waschwasser auf den Salat, wie das hessische Umweltministerium in Wiesbaden mitteilte. Bei dem gefundenen EHEC-Erreger handle es sich aber nicht um den Typ, der für den aktuellen Ausbruch verantwortlich ist.
(APA/Ag.)