EU-Budget: Eine Billion Euro für sieben Jahre

Eine Billion Euro für sieben Jahre
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Die EU wird nominell ein bisschen mehr, real aber weniger Geld erhalten, mehr Aufgaben haben und erneut eine EU-Steuer einzuführen versuchen.

Brüssel. Ein bisschen mehr Geld für Forschung, Infrastruktur, Europas Nachbarländer im Osten und Süden und Studentenaustauschprogramme, dafür weniger Geld für die Landwirtschaft und Umschichtungen bei der Kohäsionspolitik unter Verantwortung von Österreichs EU-Kommissar Johannes Hahn: Nach diesen Grundzügen werden die EU-Budgets der Jahre 2014 bis 2020 gestaltet sein, und es wird wieder rund eine Billion Euro zu verteilen geben.

Dazu unternimmt die Kommission erneut einen Versuch, sich mit einer Kombination aus Finanztransaktionssteuer und Anteil an den Mehrwertsteuereinnahmen eine eigene Geldquelle zu erschließen. „Worauf es wirklich ankommt ist nicht, wie viel da ist, sondern wie vollständig es investiert wird", sagte Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Mittwochabend bei der Vorstellung der mehrjährigen Finanzvorschau.

Angst vor den Nettozahlern

Genau ein Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung ist das Ausmaß, in dem die EU nach den Vorstellungen der Kommission zu Zahlungen ermächtigt werden soll. Das wären nach heutigen Schätzungen rund 972 Milliarden Euro. In der laufenden Finanzperiode sind es 1,06 Prozent beziehungsweise rund 926 Milliarden Euro.

Die EU soll zudem im Ausmaß von 1,05 Prozent der Wirtschaftsleistung Verpflichtungen zu solchen Zahlungen eingehen dürfen. Das wären derzeit 1,03 Billionen Euro. Derzeit sind es 1,12 Prozent der Wirtschaftsleistung respektive 976 Milliarden Euro. Zum Verständnis der Begriffe: Die Verpflichtungsermächtigungen stecken den Rahmen ab, in dem sich die EU vorab zu Zahlungen verpflichten darf. Die Zahlungsermächtigungen geben gleichsam grünes Licht für die konkreten, vertraglich zugesagten Zahlungen.

Der Vorschlag der Kommission spiegelt die politischen Realitäten in Europa wider. Denn eine Gruppe um Deutschland, Frankreich und Großbritannien fordert, den Anstieg der jährlichen EU-Budgets mit mit der jeweiligen Inflationsrate zu begrenzen. Sprich: Diese Staaten wollen, dass sich die EU sukzessive weniger zu neuen Förderungen und politischen Vorhaben verpflichten kann.

Mehr Geld für Bergbauern

Insofern ist es schlüssig, dass das Agrarbudget von rund 414 Milliarden Euro auf 382 Milliarden Euro sinkt. Doch innerhalb des Budgets steigen die Mittel für die „zweite Säule", also jene Fonds für ländliche Entwicklung und Bergbauern, von denen Österreichs Landwirte überdurchschnittlich profitieren.

Die zweite Säule soll 89 Milliarden Euro statt bisher 83 Milliarden Euro erhalten. Aber generell sinkt die Bedeutung der Agrarpolitik. Machten die Förderungen für die Bauern in den 80er-Jahren rund 80 Prozent des Haushaltes aus, sollen es 2020 weniger als 40 Prozent sein, sagte Budgetkommissar Lewandowski unlängst zur „Presse".

Hahns Kohäsionsmittel werden leicht von 347 Milliarden auf 336 Milliarden Euro gekürzt, allerdings wird Hahn mit Energiekommissar Günther Oettinger und Neelie Kroes, der Kommissarin für Digitale Agenda, rund 40 Milliarden Euro für transeuropäische Infrastrukturprojekte verteilen können - Geld, das innerhalb des Budgets herumgeschoben wird.

Neue Mittel für Burgenland

Hahn konnte sich zudem mit seiner Forderung nach der Schaffung einer neuen Zwischenform von nicht mehr ganz armen Regionen durchsetzen, die für Energie- und Klimaschutzprojekte sowie die Mittelstandsförderung in Summe 39 Milliarden Euro bekommen können. Das Burgenland zählt dazu und wird nach Einschätzung der Kommission mehr Subventionen als zuletzt erhalten können.

Auf einen Blick

Wie funktioniert das EU-Budget? Alle sieben Jahre beschließen Regierungen und Europaparlament auf Vorschlag der Kommission, wie viel Geld die EU bekommt. Sie kann sich immer zu ein bisschen mehr Zahlungen verpflichten, als sie dann faktisch auszahlen muss.

Von 2007 bis 2013 waren das 976 Milliarden Euro für Verpflichtungen und 926 Milliarden Euro für Zahlungen. In der Nacht auf Donnerstag legte die Kommission ihren Vorschlag für 2014–2020 vor, der ungefähr gleich groß war.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30. Juni 2011)

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