Helga Rabl-Stadler über Salzburg: „Ich bin ein Kind des Glücks“

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Die Präsidentin der Salzburger Festspiele erwartet ein äußerst erfolgreiches Jahr, lobt den Kurzzeit-Intendanten Markus Hinterhäuser und will beim Sponsoring "wie bisher intern jedem Euro nachlaufen".

Die Presse: 2011 ist für die Salzburger Festspiele ein Ausnahmejahr. Intendant Jürgen Flimm ist vorzeitig ausgeschieden, Markus Hinterhäuser hat für ein Jahr übernommen, Finanzdirektor Gerbert Schwaighofer ist weg. Jetzt gibt es nur noch Sie und Hinterhäuser im Direktorium. Erleichtert das die Arbeit, oder wird es schwerer?

Helga Rabl-Stadler: Es ist komfortabler gewesen, als Präsidentin zwischen dem Kaufmann und dem Künstlerischen Direktor zu vermitteln: zum Beispiel, wenn sich die beiden nicht einigen konnten, ob das künstlerische Projekt oder die kaufmännische Not stärker war. Das ist jetzt weggefallen, weil ich nun gleichzeitig die wirtschaftliche Verantwortung habe. Ja, es ist in dieser Hinsicht mehr Arbeit, aber der künftige Intendant Alexander Pereira und ich werden die Aufgaben ab nächstem Jahr gut zu zweit leisten.

Pereira arbeitet schon intensiv am Programm für 2012. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit?

Uns hält die Freude an den Festspielen zusammen. Er sieht die Intendanz der Festspiele als Krönung seiner Karriere. Das verleiht Flügel.

Wie läuft es beim Kartenverkauf?

Zu meiner Riesenfreude haben wir bereits am 17. Juli die budgetierten Kartenverkaufszahlen erreicht. Alles seither ist eine zusätzliche Einnahme. So erfolgreich waren wir schon lange nicht, obwohl die letzten Jahre ausgesprochen gut waren. Im Vorjahr hatten wir eine Rekordauslastung von 94,7 Prozent. Ich hoffe sehr, dass wir diese noch übertreffen. Ich wage das aber öffentlich kaum zu sagen – erstens, weil man sonst als übermütig gilt, und zweitens, weil es noch immer genügend Karten zum Verkaufen gibt.

Wie zufrieden sind Sie mit Markus Hinterhäuser? Er hat dem Programm, das von Flimm stammt, doch auch eine eigene Prägung gegeben.

So wenig, wie ich von meinen Intendanten öffentlich beurteilt werden möchte, bewerte ich diese öffentlich. Jedenfalls haben die Wiener Festwochen einen tollen Fang gemacht, indem sie diesen fantasiereichen Mann als Intendanten geholt haben. Bei uns ist er kein interimistischer Festspieler, sondern seit 1993 tätig. Damals hat er das Zeitfluss-Festival mit erfunden. Er hat seither die Festspielgeschichte in Salzburg mitgeprägt. Bei Flimm hat er bewiesen, dass er auch alles vom Programmieren versteht.

Da ist es doch doppelt schade, dass er geht. Wünschen Sie ihn sich ab 2016 zurück?

Ich wünsche ihm erst einmal einen tollen Festspiel-Sommer und dann einen super Start in Wien. Dann wünsche ich Pereira, dass seine Zeit bei uns eine Ära wird. Alles andere wird sich weisen. Bei mir ist nach zwanzig Jahren 2014 endgültig Schluss. Ich bin ein Kind des Glücks, dass ich so lange eine so interessante Aufgabe machen darf, und hoffe, dass ich dies auch in den nächsten Jahren weiter mit solcher Kraft mache. Es gibt noch genug zu tun. Die Prioritäten neben dem besten Programm waren bei uns die Baustellen. Wenn wir zum Beispiel nicht das Dach der Felsenreitschule um 8,5 Mio. Euro repariert hätten, hätten wir ab 2013 keine Genehmigung mehr fürs Theaterspielen gehabt. Das hatte Vorrang vor einer Gesamtlösung für die EDV. Es wurde fälschlich so dargestellt, als hätten wir quasi auf der Holzschreibmaschine getippt. Wir haben sogar ein besonders gutes System im Kartenverkauf. Das Gesamtkonzept wird ab Oktober verwirklicht.

Die Festspiele haben ein Budget von 50 Mio. Euro. Die Subventionen der öffentlichen Hand sind seit 1997 eingefroren. Man hört von Ihnen aber kaum Klagen. Geht es Salzburg so gut?

Leider werden die Subventionen auch 2012 nicht erhöht. Soll ich die Politiker wegen ihres Sparkurses beschimpfen und in tiefe Depression verfallen? Davon halte ich nichts. Pereira und ich haben uns auf den Weg gemacht für neue Sponsoren, und ich werde wie bisher intern jedem Euro nachlaufen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2011)

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