Sofa Surfers: Die Flucht vor der Szene

Sofa Surfers Flucht Szene
Sofa Surfers Flucht Szene(c) Fabry
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Die vier Musiker suchen in ihrer Heimatstadt Wien nach Orten abseits der Szene - um dann erst recht immer wieder dort zu landen. Mit Klischees können sie wenig anfangen.Ein Cityguide.

Otto Schenk hat uns für eine Jazzband gehalten“, sagt Michael Holzgruber, während er mit seinen Kollegen von den „Sofa Surfers“ durch das Theater in der Josefstadt führt. Dass der Schlagzeuger selbst nicht gerade zu jenem Publikum zählt, das man in diesem Theater vermuten würde, braucht er nicht extra zu erwähnen. Die Kombination aus Lederjacke, Dreitagebart und Espresso mit Cola zum Frühstück wird eher mit dunklen Clubs als mit einem Theaterabo assoziiert.

Letzteres braucht Holzgruber derzeit aber gar nicht, um die Josefstadt regelmäßig zu besuchen. Mit seinen Kollegen ist er für die Musik bei „Der böse Geist Lumpazivagabundus“ zuständig. Bis mindestens Ende November ist die Kombination aus Johann Nestroy und Sofa Surfers zu hören – eine Verlängerung bis Jänner ist angedacht. „Es ist ein ganz anderes Arbeiten, man muss sich als Musiker mehr zurücknehmen. Und es sitzen nicht unbedingt Leute im Publikum, die uns kennen. Ich finde das mutig, wenn sich ein Theater so öffnet“, sagt Holzgruber. Sein Kollege Wolfgang Schlögl, der neben verschiedenen Soloprojekten (etwa I-Wolf) auch schon im Burgtheater spielte, meint hingegen: „Ich finde die Josefstadt hat da schon einen positiven Ruf, dass sie nicht unbedingt den Klischees entspricht.“

Und mit Klischees können die insgesamt fünf Musiker – Sänger Mani Obeya macht derzeit in England Theater – wenig anfangen. Das Jammern über Wien liegt ihnen gar nicht. „Wien hat die richtige Größe. Es ist nicht völlig von der Welt und auch nicht der Nabel der Welt“, sagt Markus Kienzl. So lässt es sich hier einerseits gut leben – „in London muss man noch nebenbei bei McDonald's arbeiten“ – andererseits liefert die Stadt auch Inspiration.


Untertauchen in Linz. Um dann aber konzentriert zu arbeiten, kann es schon einmal vorkommen, dass sich die Musiker zehn Tage lang in ein Studio am Rande von Linz einquartieren. „Das braucht man dann auch. Man hat keine alltäglichen Pflichten, und die Frau ruft nicht an und fragt, wann man endlich heimkommt“, sagt Holzgruber. Im Frühling war es letztens so weit, da wurde am neuen Album gearbeitet. Den Erscheinungstermin legen die Herren bei einem Kaffee im Breakfast Club recht spontan auf September 2012 fest. „Das müsste sich ausgehen“, sagt Holzgruber. Zu dem kleinen Lokal im Freihausviertel haben die vier nicht nur durch den Betreiber, einen befreundeten Maler, einen Bezug. Der Ort hält auch öfter für (spontane) Besprechungen her. Leicht ist es offensichtlich nicht, Bandproben, verschiedene Soloprojekte – soeben ist Wolfgang Frischs neues Album „Watering the Land“ erschienen – und das jeweilige Familienleben inklusive Kinder unter einen Hut zu bringen.

Letztere sind wohl auch der Grund, warum sich die Musiker nicht immer am Puls der Zeit fühlen. „Es gibt eine junge Szene, man spürt, dass es brodelt. Aber man bekommt das heute nicht mehr so schnell mit wie früher“, sagt Kienzl. Seit rund 14 Jahren werken die Sofa Surfers nun gemeinsam. Da kommen schon einige Orte zusammen, die für die Band wichtig waren, vom einstigen Kunstwerk in Ottakring übers Flex bis zum Café Europa. Gehalten hat sich etwa das Espresso in der Burggasse, wo schon vor zehn Jahren Weihnachtsfeiern abgehalten wurden. „Dort wird einfach irgendeine Musik gespielt. Das ist inspirierender, als wenn immer der letzte Hype läuft“, so Kienzl. Dazugekommen ist etwa die Bar im schicken 25hours Hotel, wo Holzgruber im Sommer seinen 40er gefeiert hat. „Das ist einfach ein ,special place‘“, sagt er. Manchmal haben die Musiker aber einfach Lust auf „uncoole Orte“, fernab jeder Szene. Die finden sie im Café Sacher, in der Natur oder bei Admiral Sportwetten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2011)

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