Studiengebühr: Von der Einführung bis zur de-facto-Abschaffung

Eine Chronologie der Geschichte der Gebühren seit dem Jahr 2000.

Studenten zahlen seit Oktober 2001 Gebühren. 2008 kam die de facto Abschaffung durch umfangreiche Sonderregelungen. 2011 hob der Verfassungsgerichtshof die Regelung auf aufgehoben. Eine Chronologie der Geschichte der Gebühren seit dem Jahr 2000.

19. September 2000: ÖVP und FPÖ beschließen die Einführung von Studiengebühren in Höhe von 5.000 Schilling (363,36 Euro) pro Semester ab 2001/02.

11. Oktober 2000: In Wien und anderen Uni-Städten demonstrieren Zehntausende Studenten, Schüler und Hochschullehrer gegen die Einführung der Gebühren.

15. Juni 2001: Die ÖH kündigt einen Gebühren-Boykott an, der aber scheitert.

1. Oktober 2001: Mit Beginn des Wintersemesters werden die Gebühren erstmals eingehoben. Die Studentenzahl sinkt um 19,7 Prozent, jene der Studienanfänger um rund 14 Prozent.

13. November 2001: Das "Bildungsoffensive- und Studiengebühren-Volksbegehren", das unter anderem für die Abschaffung der Gebühren eintritt, erreicht knapp 174.000 Unterschriften.

17. Jänner 2003: Laut "Bericht zur sozialen Lage der Studierenden" hat die Einführung der Studiengebühren Angehörige sozial schwächerer Schichten kaum vom Besuch einer Uni abgehalten. Die soziale Zusammensetzung der Studienanfänger an den Unis habe sich zwischen 1999 und 2001 nur gering geändert.

1. März 2004: Die Studiengebühren fließen nicht mehr ins allgemeine Budget, sondern direkt an die jeweiligen Universitäten.

Sommer 2006: Zum Auftakt des Nationalrats-Wahlkampfes verspricht SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer die Abschaffung der Gebühren, falls er Bundeskanzler wird.

8. Jänner 2007: SPÖ und ÖVP einigen sich auf die Beibehaltung der Studiengebühren, bei gleichzeitigem Ausbau des Stipendiensystems. Zusätzlich sollen Gebühren durch Sozialarbeit zurückverdient werden können. Nach Protesten von Sozialeinrichtungen wird das Modell auf Nachhilfe eingeschränkt. Doch "Nachhilfe statt Studiengebühren" scheitert am mangelnden Interesse.

7. Juli 2008: SP-Wissenschaftssprecher Josef Broukal kündigt am Tag der Neuwahl-Entscheidung der ÖVP an, dass seine Partei mit FPÖ und Grünen die Studiengebühren abschaffen will. Doch der SP-Klub wird zurückgepfiffen, woraufhin Broukal das Ende seiner politischen Laufbahn ankündigt.

25. August 2008: Die SPÖ kündigt das "Stillhalteabkommen" mit der ÖVP auf, sich bis zum Ende der Legislaturperiode nicht gegenseitig zu überstimmen, und will nun doch die Studiengebühren gemeinsam mit FPÖ und Grünen abschaffen.

24. September 2008: Im Nationalrat werden mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und Grünen die Studiengebühren de facto abgeschafft. Gebührenbefreit sind Österreicher und EU-Bürger, die innerhalb der Mindeststudiendauer plus zwei Toleranzsemestern studieren. Wer länger braucht, muss 363,36 Euro pro Semester berappen, es gibt aber Ausnahmen. Den Unis wird der dadurch verursachte Einnahmen-Entfall aus dem Bundesbudget abgegolten.

30. September 2010: Die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) schließt die Wiedereinführung von Studiengebühren nicht aus. In der Folge äußern sich immer wieder SP-Landeshauptleute positiv zu Studiengebühren, die Bundes-SPÖ bleibt aber bei ihrem Nein.

19. April 2011: Mit Karlheinz Töchterle (ÖVP), dem früheren Rektor der Uni Innsbruck, steht nach Beatrix Karl (ÖVP) erneut ein Befürworter von Studiengebühren an der Spitze des Wissenschaftsministeriums.

7. Juli 2011: Der Verfassungsgerichtshof erklärt die umfangreichen Ausnahmeregelungen für Studiengebühren für verfassungswidrig. Bis 29. Februar 2012 muss eine Neuregelung her.

20. September 2011: Töchterle präsentiert sein Studienbeitragsmodell, wonach Universitäten Gebühren autonom einheben und über deren Höhe bestimmen sollen. Mit einem ausgebauten Studienbeihilfesystem will er dem Koalitionspartner "eine Brücke bauen" - die SPÖ bleibt jedoch bei ihrem Nein.

17. Oktober 2011: Ein von Töchterle in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten von Verfassungsjurist Heinz Mayer besagt, dass die Universitäten ab März Beiträge in beliebiger Höhe einheben können, sollte sich die Regierung nicht auf eine Neuregelung einigen.

(APA)

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