Der im Februar 2010 bestellte Gutachter in der Meinlaffäre zieht einen Schlussstrich, weil sein Gutachterauftrag massiv eingeschränkt wurde.
Der Grazer Wirtschaftstreuhänder Fritz Kleiner, seit Februar 2010 Gutachter in der Anlegeraffäre rund um Meinl/Meinl European Land (MEL), zieht einen Schlussstrich. Das Meinl-Verfahren wird sich dadurch erneut verzögern. In der Causa wird die interessierte Öffentlichkeit weiterhin Geduld haben müssen. Die Staatsanwaltschaft Wien geht davon aus, dass es aber zumindest zu "keinen erheblichen Verfahrensverzögerungen" kommen wird.
Kleiner hatte in der Causa Meinl vor einigen Wochen um seine Enthebung ersucht, da sein Gutachterauftrag massiv eingeschränkt worden und ein zusätzlicher Sachverständiger ernannt worden war. Die Staatsanwaltschaft hatte das Ersuchen zunächst abgelehnt.
"Ich habe bei einer Arbeit dieser Größenordnung eine festgelegte Arbeitsweise und einen Plan. Und ich habe das Gefühl gehabt, diesen Plan nicht realisieren zu können", so Kleiner im Radiointerview. Er wisse, dass er Auftragnehmer der Staatsanwaltschaft sei und daher eine Verpflichtung habe. Aber: "Ich werde diesen Auftrag nicht um jeden Preis erfüllen.
Meinl Bank greift Staatsanwaltschaft an
Die Meinl Bank sah am Mittwoch damit "den Versuch der Staatsanwaltschaft gescheitert, Gutachter unter Druck zu setzen." Die Bank beschuldigt den zuständigen Staatsanwalt, im Nachhinein die U-Haft gegen den Banker Julius Meinl rechtfertigen zu wollen. Meinl-Bank-Vorstand Peter Weinzierl warf in einer Aussendung der Justiz "dreieinhalb Jahre nach der unrechtmäßigen U-Haft von Julius Meinl desaströsen und unerträglichen Aktionismus" vor.
Der - seit einigen Wochen medial angekündigten - Demission Kleiners als Meinl-Gutachter waren längere Unstimmigkeiten mit der Justiz vorangegangen. Von Differenzen wegen Fristen war die Rede, die Kleiner nicht eingehalten haben soll. Damit wurde bei der Staatsanwaltschaft Wien die vor ein paar Wochen erfolgte teilweise Enthebung Kleiners vom Gesamtgutachten argumentiert. Als zusätzlicher Gutachter wurde Martin Geyer beauftragt. Ein Enthebungswunsch Kleiners vom Auftrag wurde laut Medien aber aus Kostengründen abgelehnt.
Staatsanwaltschaft: "Vertrauensverlust"
In einem Schreiben des Gutachters an die Justiz vom Oktober beklagte er sich über Zwischenberichte, die er dem Staatsanwalt liefern soll, damit dieser seine Meinung als Sachverständiger erkennen könne. Der Staatsanwalt hätte, so ein ORF-Bericht, Kleiner gegenüber auch von "Vertrauensverlust" gesprochen.
Die Meinl Bank interpretierte das Schreiben, das sich im Akt befinde, als schriftlichen Beleg dafür, dass die Staatsanwaltschaft versucht habe, auf das Gerichtsgutachten Einfluss zu nehmen. Sie hat am Wochenende die Staatsanwaltschaft daher wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch angezeigt.
(APA)