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Keine Erhöhung über Inflation: Pensionen dürften um 9,7 Prozent steigen


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(Symbolbild)Clemens Fabry
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Kanzler Nehammer will sich bei der Erhöhung der Pensionen diesmal an den Wert der Statistik Austria halten.

Die Regierung plant laut Kanzler Karl Nehammer (ÖVP), sich beim Pensionsplus diesmal an den Wert der Statistik Austria - voraussichtlich 9,7 Prozent - zu halten. Im Gegensatz zu früheren Jahren will man also nichts drauflegen - es handle sich ohnehin schon um „Milliardenbeträge“, sagte Nehammer im Sommergespräch mit der Austria Presse Agentur.

Der voraussichtliche Richtwert zur Anpassung der Pensionen, berechnet nach den Teuerungsraten der vergangenen zwölf Monate, dürfte bei 9,7 Prozent liegen. In den vergangenen Jahren hatte die Regierung oft höhere Zuwendungen beschlossen, und auch jetzt wurden von Seniorenvertretern wieder Rufe nach einer zusätzlichen Abgeltung laut. Nehammer verwies allerdings auf die Zahl der Statistik Austria: „Wir werden das auch aus meiner Sicht genauso umsetzen.“ Draufgelegt werden soll nichts mehr: „Also bei 9,7 Prozent haben wir es mit einem Prozentsatz zu tun, der sehr hoch ist.“ Man spreche hier „von Milliardenbeträgen, die wirksam werden für das Budget“, erklärte der Kanzler. Die Inflation müsse „abgegolten werden für Pensionistinnen und Pensionisten, und das haben wir vor“.

Nehammer: „Wird kein Sparbudget geben“

Schon lange nichts mehr gehört hat man von der groß präsentierten Arbeitsgruppe zu Anreizen für längeres Arbeiten. Versenkt wurde sie nicht, versicherte der Kanzler auf Nachfrage: Es seien „harte Bretter“ zu bohren, „aber wir bohren nach wie vor“. Genauso weiterverhandelt würden Klimaschutzgesetz und Informationsfreiheitsgesetz, wobei Nehammer betonte: „Es hat noch keine Bundesregierung gegeben in der Zweiten Republik, die so viele Gesetze für den Klimaschutz und für die Umwelt beschlossen hat“, erinnerte er etwa an die ökosoziale Steuerreform, das Klimaticket oder das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz.

Eines der nächsten großen Projekte sind die Budgetverhandlungen. Auch wenn Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) seit Monaten einmahnt, zur Budgetdisziplin zurückzukehren, wird es laut Nehammer „kein Sparbudget geben“. Denn, so der Kanzler, „die Krisen sind noch nicht vorbei“, und man habe die Erfahrung gemacht, „dass in die Krise hinein Investieren immer besser ist, um der Krise zu begegnen“. Gelassen gibt sich Nehammer trotz der Reibereien zwischen Bund und Ländern bei den Finanzausgleichsverhandlungen: „Es ist jetzt gerade eine ruppige Phase, das gehört zu jedem Verhandlungsprozess dazu. Es geht immer am Ende des Tages um sehr viel Geld, um Interessen, um Ausgleich, aber auch um Verantwortung und Aufgaben.“ Finanzminister und Sozialminister verhandelten da gerade „intensiv“, und auch er werde seinen „Beitrag leisten als Bundeskanzler, damit die Verhandlungen auch zu einem guten Ende finden“.

„Keine Zeitnot“ bei EU-Spitzenkandidatur, aber Kritik an Karas

Fix ist jedenfalls, 2024 wird ein Superwahljahr. Im Juni steht zunächst die EU-Wahl an, wer für die ÖVP als Spitzenkandidat antritt, ist noch offen. „Es gibt aus meiner Sicht überhaupt keine Zeitnot, diese Frage jetzt zu beantworten“, vertröstete Nehammer auf Jahresende. Ob der langjährige ÖVP-Europapolitiker und Vizepräsident des EU-Parlaments Othmar Karas wegen seiner Querschüsse gegen die Parteilinie schon aus dem Rennen sei, beantwortete Nehammer so: „Es ist Othmar Karas unbenommen, sich so zu verhalten, wie er sich verhält - aber natürlich wird dieses Verhalten dann auch bewertet in der Gesamtsicht einer möglichen Wahlauseinandersetzung.“ Ob er also schlechte Karten habe? „Das ist Ihre Interpretation. Ich habe es nur gesagt, wie es bei mir ankommt.“ Gerüchte, dass Außenminister Alexander Schallenberg Spitzenkandidat werden könnte, hätten „keinen Realbezug“. Auch für die Frage des EU-Kommissars gebe es noch“ genug Zeit“.

Die Nationalratswahl mit der EU-Wahl zusammenzulegen, sei nicht geplant, sagte Nehammer. Erstere werde „plangemäß im September“ 2024 stattfinden. Von den derzeit schlechten Umfragewerten für die ÖVP will sich Nehammer nicht beirren lassen: „Mein Ziel ist es natürlich, die Volkspartei in den Wahlkampf zu führen, und vor allem aber, das allerwichtigste, das Vertrauen der Menschen zu erhalten, um wieder Verantwortung tragen zu dürfen.“ Gefragt, ob er gerne mit den Grünen weiterregieren will, meinte Nehammer: „Ich habe gelernt in der Politik, dass es keine Frage von Befindlichkeiten ist“, sondern eine „Frage von Möglichkeiten“, und die würden die Wähler verteilen.

Zuletzt hatte sich die ÖVP in der „Mitte“ zu positionieren versucht und dabei eine Debatte um das Wort „normal“ ausgelöst. Man wolle Politik „für die Vielen“ machen, bekräftigte Nehammer. „Diese Debatte über ‚was ist normal‘ war ein Versuch darzulegen, dass wir alles Radikale als nicht normal definieren.“ Einmal mehr übte er in diesem Zusammenhang Kritik an den Klimaaktivisten: „Die Folgen des Klimawandels ernst zu nehmen, halte ich für absolut essenziell in der Politik, aber den Protest, so wie er jetzt gerade gelebt wird von denen, die sich auf der Straße festkleben, den halte ich deshalb für völlig sinnlos, weil er die Menschen noch zusätzlich beschwert.“

Herbert Kickl als „Sicherheitsrisiko“

Ob auch FPÖ-Chef Herbert Kickl für ihn zum Extremen oder Radikalen zählt? „Herbert Kickl ist ein Sicherheitsrisiko“, meinte Nehammer, er habe „mehrfach bewiesen, dass ihm die Sicherheit der Menschen in diesem Land nicht am Herzen liegt“. Kickl habe als Innenminister den Verfassungsschutz „zerstört“ und sei nun gegen das Raketenschutzschirm-Programm Skyshield. „Er hat wenig Verantwortung bisher getragen und in den Momenten, wo er sie getragen hat, hat er versagt.“

Nehammer selbst definierte auch die Identitären als „nicht normal“, die FPÖ distanziert sich nicht von der rechtsextremen Bewegung. Der Frage, warum die ÖVP dann in drei Bundesländern mit der FPÖ regiert, entgegnete Nehammer, man müsse „differenzieren“. Dass die FPÖ doch eine einheitliche Partei sei, sieht der Kanzler nicht so: Es gebe „in den Ländern eine ganz andere Form der Zusammenarbeit“. Sein Ansprechpartner auf Bundesebene sei nun eben einmal Kickl. „Es ist Sache der FPÖ, wen sie an die Spitze stellt. Ich sage, mit Herbert Kickl kann man keinen Staat machen“, betonte Nehammer, „weil er selbst ein Verschwörungstheoretiker geworden ist“. Eine Koalition mit Kickl kann sich Nehammer offenbar nicht vorstellen: Sein Ziel sei es, Kickl als Bundeskanzler zu verhindern. Ob er als Vizekanzler denkbar wäre? „Ich glaube nicht, dass es möglich ist, einen Staat zu machen mit Herbert Kickl, in irgendeiner Form der Verantwortung.“

Mit der SPÖ könnte es für die ÖVP allerdings auch schwierig werden, hat deren neuer Chef Andreas Babler doch Vermögenssteuern als Koalitionsbedingung ausgerufen. All jenen, „die jetzt Bedingungen aufstellen und so absolutistische Forderungen postulieren, denen unterstelle ich jetzt mal noch Unerfahrenheit in der Bundespolitik“, meinte Nehammer. Die Zusammenarbeit mit Babler werde sich weisen. „Er wird sich einfach auch noch selbst in die Rolle einfügen müssen, die die Demokratie einem gibt als Mitbewerber“, in einer Demokratie gehe es auch um Kompromissfähigkeit. Babler habe sich auch selbst als Marxist bezeichnet, und „ich halte es ein Stück weit für anachronistisch, nach Rezepten der Vergangenheit zu suchen, um Probleme der Zukunft zu lösen“. Er halte „den Marxismus für genauso gefährlich wie den Faschismus“, unterstrich Nehammer

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