TV-Notiz

ORF-Sommergespräch: Karl Nehammer und das halb volle Glas

„Die Atmosphäre ist ja unglaublich“, meinte Karl Nehammer zum Sprechzimmer des Parlaments. In diesem war er bei ORF-Moderatorin Susanne Schnabl zu Gast.
„Die Atmosphäre ist ja unglaublich“, meinte Karl Nehammer zum Sprechzimmer des Parlaments. In diesem war er bei ORF-Moderatorin Susanne Schnabl zu Gast.APA/Georg Hochmuth
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Der Bundeskanzler empfiehlt trotz Krise positive Sichtweisen. Auch das Glas für die Koalition sei halb voll, nicht halb leer. Eine Koalition mit einer FPÖ unter Herbert Kickl schließt er aus. Mehr Geld verspricht er für Kindergartenplätze.

Welcher Satz soll von Karl Nehammer als Kanzler in Erinnerung bleiben? „Glaubt an dieses Österreich“, antwortete der ÖVP-Chef in Anlehnung an die Rede von Amtsvorgänger Leopold Figl zu Weihnachten 1945. Damals seien die Menschen noch viel verzweifelter als heute gewesen, erklärte Nehammer. Überhaupt war er im ORF-„Sommergespräch“ bemüht, trotz aller Krisen positive Signale an die Wählerschaft zu setzen. Und sei es auch, indem der zunächst freundlich ins Gespräch gestartete Nehammer zwischenzeitlich den Konflikt mit Moderatorin Susanne Schnabl suchte.

Etwa, als diese die offenen Baustellen in der türkis-grünen Regierung erwähnte. „Das Glas ist halb leer in Ihren Augen, und ich sage, es ist halb voll“, entgegnete Nehammer. Während die Moderatorin etwa das fehlende Klimaschutzgesetz oder offene Personalentscheidungen wie am Bundesverwaltungsgericht erwähnte, zählte Nehammer die Abschaffung der kalten Progression und den Mietpreisdeckel auf. Warum hat die ÖVP nun dem Mietpreisdeckel, den sie vor fünf Monaten ablehnte, zugestimmt? Man müsse immer überlegen, welche Maßnahme „zu welcher Zeit am sinnvollsten“ ist, sagte Nehammer. Früher war er gegen den Mietpreisdeckel, weil er nur den im Altbau oder in Gemeinde- bzw. Genossenschaftswohnungen lebenden Menschen hilft. Aber auch der jetzige Deckel nützt Mietern auf dem freien Markt nichts, was ist nun mit diesen? „Wir suchen noch nach einer Lösung“, sagte der Kanzler.

Eine konkrete Ankündigung machte Nehammer beim Thema Kinderbetreuung. Bei der Altersgruppe der Ein- bis Zweijährigen sowie in jener der Zwei- bis Dreijährigen gebe es eine Versorgungslücke, gestand Nehammer ein. „Mein Ziel ist es, dass wir diese jetzt schließen.“ Bis zum Jahr 2030 sollen dafür 4,5 Mrd. Euro von Bund, Ländern und Gemeinden investiert werden. „Es darf nicht an der Frage der Kinderbetreuung scheitern, wenn Frauen arbeiten gehen wollen“, sagte Nehammer.

Schnabl wollte wissen, warum es in Österreich im Gegensatz zu Deutschland weiterhin keinen Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz geben soll. Es sei sinnvoll, erst die Infrastruktur und das nötige Personal zu haben, entgegnete Nehammer. Sonst schaffe man „eine falsche Erwartung“. Wenn später genug Angebot da sei, „dann ist ein Rechtsanspruch sinnvoll“, meinte Nehammer.

„Glaube an Unschuld von Kurz“

Auf Distanz ging der Kanzler erneut zu seinem früheren Regierungskollegen Herbert Kickl. Er habe damals noch nicht das heutige Wissen über Kickl („ein Sicherheitsrisiko“) gehabt, sagte Nehammer. Er schloss eine Koalition mit einer FPÖ, in der Kickl Parteichef sei oder Minister werden solle, aus. Umgekehrt sah Nehammer kein Problem darin, dass die ÖVP in drei Bundesländern mit der FPÖ koaliert. Die Länderebene sei etwas anderes.

Beim in der Koalition umstrittenen Thema Klimaschutz betonte Nehammer, dass dieser „mit Hausverstand“ erfolgen solle, und zwar nach dem Motto „Fördern statt verbieten“. Das von der Regierung schon lang angekündigte Informationsfreiheitsgesetz sei „zu 90 Prozent fertig“. Positiv fand Nehammer, dass der Prozess gegen Altkanzler Sebastian Kurz wegen falscher Beweisaussage im U-Ausschuss im Herbst starten würde, weil nun die Vorwürfe geklärt werden könnten. Von seinem Vorgänger als ÖVP-Chef distanzierte sich Nehammer nicht: „Ich glaube an die Unschuld von Sebastian Kurz.“

Positives Denken legte Nehammer allen ans Herzen. So biete die aktuelle Zeit trotz Problemen wie unbesetzten Arbeitsstellen auch Gutes: Es sei für junge Menschen noch nie so leicht gewesen, „jenen Job zu finden, den sie für sich selbst als richtig empfinden“.

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