Konjunktur

Industrie erwartet stärkste „normale“ Rezession seit Zweitem Weltkrieg

Die Stimmung in den heimischen Industriebetrieben ist beinahe so schlecht wie im Coronajahr 2020. (Symbolbild)
Die Stimmung in den heimischen Industriebetrieben ist beinahe so schlecht wie im Coronajahr 2020. (Symbolbild)Daniel Ingold via www.imago-images.de
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Die österreichischen Industriebetriebe blicken derzeit pessimistisch in die nähere Zukunft. Ein Drittel berichtet laut IV-Konjunkturumfrage von einer Unterauslastung der Kapazitäten. Eine spürbare Besserung wird frühestens für den kommenden Frühling erwartet.

Dass Österreich heuer in die Rezession fällt, haben die Wirtschaftsforscher von Wifo und IHS bereits Anfang Oktober in ihrer Herbstprognose bekannt gegeben. Aus Sicht der Industriellenvereinigung (IV) wird es sich dabei um die „stärkste normalzyklische Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg“ handeln, sagte IV-Chefökonom Christian Helmenstein am Dienstag anlässlich der Präsentation der aktuellen IV-Konjunkturumfrage. Demnach hat sich die Stimmung in den heimischen Industriebetrieben zum neunten Mal in Folge verschlechtert, und zwar beinahe bis auf das Niveau des Coronajahrs 2020. Damals und 2009 war die Rezession wesentlich ausgeprägter, hatte mit der Pandemie und der globalen Wirtschaftskrise jedoch besondere Gründe. Heuer soll die Rezession laut Ökonomen zwischen 0,4 und 0,8 Prozent betragen, wobei laut IV der Wert schlussendlich eher am oberen Ende liegen wird.

Wann macht sich die Rezession auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar?

Ein Drittel der heimischen Industriebetriebe berichtet laut Helmenstein inzwischen bereits von einer Unterauslastung der Kapazitäten. Das werde sich mittelfristig auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar machen, da das sogenannte Labour Hoarding, also das Behalten von Arbeitskräften, obwohl sie derzeit nicht benötigt werden, für die Unternehmen immer teurer werde. Die Betriebe versuchen derzeit so wenigen Mitarbeitern wie möglich zu kündigen, da sie Sorge haben, bei einem Aufschwung wieder genügend Fachkräfte zu bekommen. Wenn sich diese Situation nun ändert, werde es aber doch zu einer spürbar steigenden Arbeitslosigkeit kommen. Zudem werde Österreich auch Fachkräfte dauerhaft ans Ausland verlieren, wenn etwa Osteuropäer in ihre Heimatländer zurückkehren, so Helmenstein.

Als „Silberstreifen am Horizont“ sieht die IV, dass sich im vierten Quartal die Produktionstätigkeit am unteren Wendepunkt befinden könnte, weil dann der Abbau von den im Nachgang der Coronapandemie aufgebauten Lager abgeschlossen sein dürfte. Einen echten Aufschwung werde es jedoch frühestens im kommenden Frühling geben. Und auch dann nur, wenn es internationale Impulse gibt beziehungsweise die Wettbewerbssituation Österreichs sich verbessere. Denn diese sorge derzeit dafür, dass Investitionen zunehmend in andere Länder fließen.

Lohnrunde als wichtiges Thema

Insofern ist auch die aktuelle Lohnrunde ein wichtiges Thema für die Industrie. Wie berichtet fordern die Arbeitnehmervertreter ein Plus von 11,6 Prozent, während die Arbeitgeber nur 2,5 Prozent plus Einmalzahlungen von 1050 Euro bieten. Seit Montag gibt es österreichweit Betriebsversammlungen, in denen sich die Gewerkschaft Streikfreigaben besorgen will. Sollte es bei der nächsten Verhandlungsrunde am kommenden Montag zu keiner Einigung kommen, stehen erste Streiks im Raum.

„Diesmal ist die KV-Verhandlung besonders schwierig“, sagt IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. „Es braucht daher auch besondere und flexible Lösungen. Man wird mit dem Althergebrachten nicht das Auslangen finden können.“ Man möchte bei der IV traditionellerweise keine konkreten inhaltlichen Aussagen zur Lohnrunde treffen. IV-Chefökonom Helmenstein zitierte jedoch den WKO-Chefverhandler, Christian Knill, der im „Presse“-Interview erklärte, es gebe eine so hohe Bereitschaft, Streiks hinzunehmen, wie seit Langem nicht mehr.

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