Arbeitsmarkt

Arbeitslosigkeit steigt bei Industrie und am Bau

Ernst Weingartner via www.imago-images.de
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Die Arbeitslosigkeit ist im Oktober auf 6,3 Prozent, nach 6 Prozent im vorigen Oktober. Am Bau ist sie um fast 11 Prozent gestiegen.

Per Ende Oktober sind in Österreich 338.896 Menschen arbeitslos gewesen. 264.232 nahmen an Schulungen des Arbeitsmarktservice (AMS) teil, 74.664 machten eine Schulung. Die Quote ist mit 6,3 Prozent im Vergleich zum Oktober 2022 gestiegen, damals betrug sie 6 Prozent, teilte das Arbeitsministerium am Donnerstag mit. Im letzten Oktober vor der Coronakrise anno 2019 waren es 7 Prozent gewesen. Das AMS hat für Oktober aktuell 101.067 offene Stellen erhoben.

„Österreich befindet sich in einer Rezession“, gab AMS-Vorständin Petra Draxl zu bedenken. Die aktuellen Arbeitsmarktdaten zeigten ein ziemlich ähnliches Bild wie im Vormonat. „Vor allem im Bau und in der Industrie steigt die Arbeitslosigkeit an, hier sind vor allem die Steiermark und Oberösterreich betroffen.“

Die offenen Stellen seien zwar im Vergleich zu Oktober 2022 um 21.711 gesunken, aber mit der Zahl von gut 100.000 nach wie vor auf hohem Niveau. Trotzdem, so Draxl: „Obwohl die Arbeitslosigkeit steigt, ist Pessimismus - zumindest am Arbeitsmarkt - nicht angesagt.“ Der ÖVP-Wirtschaftsbund hat für Oktober aktuell mit 207.264 offene Stellen mehr als die doppelte Anzahl freier Jobs erhoben.

Anstieg laut Kocher „moderat“

„Wir sehen, dass die Situation am Arbeitsmarkt weitgehend stabil ist, sich aber insgesamt aufgrund der wirtschaftlich herausfordernden Situation verglichen zum Rekordjahr 2022 weniger dynamisch entwickelt“, hieß es von Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) in einer Aussendung. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit im Oktober im Vergleich zum Vorjahr falle angesichts der wirtschaftlichen Herausforderungen moderat aus. Die AMS-Daten zeigen, dass die Zahl der offenen Stellen mit gut 100.000 im Vorjahresvergleich um 17,7 Prozent eingebrochen ist.

Als „auffallend“ bezeichnete der Regierungspolitiker „das große Plus bei den in Schulung befindlichen Personen“. Darin ortet Kocher „ein Zeichen, dass die aktive Arbeitsmarktpolitik ihre Wirkung entfaltet“. Ende Oktober waren heuer mit den knapp 75.000 um 4.746 Personen (plus 6,8 Prozent) mehr in einer Aus- oder Weiterbildung des AMS als vor einem Jahr, auch in Mangelberufen und Ausbildungen im Rahmen des Pflegestipendiums, streicht Kocher hervor.

Die Arbeiterkammer (AK) forderte aufgrund „sehr vieler großer Herausforderungen“ mehr Personal fürs AMS. „Eine gute und nachhaltige Arbeitsmarktpolitik kann nur Erfolg haben, wenn dem AMS genug Personal zur Verfügung steht“, so Präsidentin Renate Anderl. Die geplante Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge bleibt in der AK-Kritik: „Der Sozialstaat wird dadurch geschwächt, die einzigen, die davon profitieren, sind die großen Unternehmen“, so Anderl. Die einzelnen Arbeitnehmenden spürten davon aber faktisch nichts.

Ungenutztes Potential an Arbeitskräften

Aus Sicht der AK sollte vermehrt in gute Ausbildungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitsuchenden investiert werden. „Wir haben ein so großes ungenutztes Potenzial an Arbeitskräften in Österreich, das durch gute Ausbildungen für den Arbeitsmarkt aktiviert werden kann,“ so Anderl. Anwerbung von Arbeitskräften etwa von den Philippinnen, wie zuletzt von der Regierung angedacht, seien derzeit „nicht die beste Lösung für die Herausforderungen des Arbeitsmarktes“.

Von der SPÖ kam Kritik an der Arbeitsmarktpolitik der türkis-grünen Regierung. Einerseits gebe es keine Valorisierung des Arbeitslosengeldes. Zudem drücke sich der Arbeitsminister in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung um Antworten dazu, bei welchen Arbeitsmarktprojekten - etwa in Tirol - eingespart werde, kritisierte die Sozialdemokratin Selma Yildirim. Und: „Die Zahl der Personen in Aus- und Weiterbildungskursen des AMS ist seit dem Jahr 2016 von über 95.000 auf nur mehr 51.000 im Jahr 2022 gesunken“, hielt sie Kochers Freude über den Schulungsanstieg im Vorjahresvergleich entgegen.

Aus Sicht der FPÖ betreiben Kocher und die schwarz-grüne Regierung „waschechte Realitätsverweigerung“. Jetzt von einem „moderaten Anstieg“ der Arbeitslosigkeit zu sprechen, bedeute „den Kopf in den Sand stecken“, verwies Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch im Speziellen auf die triste Lage am Bau. Der Arbeitsminister sei „mit seinen neoliberalen Ansichten nicht mehr länger tragbar“, so die Freiheitliche.

Industrie-Bundesländer mit hoher Quote

Die Zahl der Arbeitslosen am Bau ist im Oktober im Vorjahresvergleich laut den AMS-Daten um 1.626 Personen oder 10,9 Prozent auf 16.592 gestiegen. Die rezessive Industriekonjunktur zeigt sich im oft als „Industriebundesland“ tituliertem Oberösterreich: Dort gab es nach Ländern mit einem Plus von 10,9 Prozent oder 2.819 Menschen im vergangenen Monat 28.641 Menschen ohne Arbeit (ohne Schulungsteilnehmerinnen oder -teilnehmer).

Überdurchschnittliche Anstiege der Arbeitslosenzahlen (ohne Schulungsteilnehmende) zeigen sich in den besonders industriegeprägten Bundesländern Vorarlberg (plus 8,7 Prozent auf 10.291 Personen) und Steiermark (plus 6,4 Prozent auf 28.861). Auch in Wien und Salzburg stieg die Arbeitslosigkeit um 6,4 bzw. 6,3 Prozent auf 106.301 bzw. 11.671.

Ein Minus gab es nur im südlichsten Bundesland. In Kärnten sank die Arbeitslosigkeit (ohne Schulungen) um 1,1 Prozent oder 168 Personen auf 15.489.

Von der Industriellenvereinigung (IV) hieß es, dass die Zahl der Beschäftigten auf Rekordniveau liege, das Arbeitsvolumen je Beschäftigungsverhältnis tendenziell aber abnehme. Das schwäche den Arbeits- und Wirtschaftsstandort Österreich und steigere den Personalbedarf. „Wir müssen alles daransetzen, das Arbeitsvolumen insgesamt wieder zu erhöhen. Es braucht gezielte Leistungsanreize, um Menschen zur Mehrarbeit zu motivieren“, forderte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. Laut Statistik Austria lag die Teilzeitquote der Frauen im zweiten Quartal 2023 bei 50,6 und jene der Männer bei 13,4 Prozent. (APA)

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