Tisch für vier

Lokalkritik im Belly‘s Bistro: Die Achtsamkeit beginnt beim Gast

Waldschaf mit Knödel: zart und schön pfeffrig, ein Signature Dish im Belly‘s Bistro.
Waldschaf mit Knödel: zart und schön pfeffrig, ein Signature Dish im Belly‘s Bistro. Christine Pichler
  • Drucken

Wo kulinarisch sonst wenig gedeiht, versucht sich das Belly’s Bistro an Fine Dining mit afrikanischem Einschlag. 

Wer des Abends von der Schnellbahnstation Breitensee kommend die Penzinger Meiselgasse entlangschreitet, den Kragen hochgeschlagen, der Magen vielleicht schon murrend, der entdeckt bald Tröstliches am Horizont: warmes Licht, das den dunklen Gehsteig in einen Schimmer kulinarischer Vorfreude taucht. Oder halluzinieren wir schon? Es ist jedenfalls nicht die Gegend, die mit ihrer Lokaldichte zu beeindrucken weiß, insofern schon einmal thumbs up für Belly’s Bistro, das hier seit Kurzem die Flagge hochhält. Aber welche genau?

Man sitzt eng in dem kleinen Lokal, mit den Sitznachbarn akustisch wie an einem Tisch, das sollte bedenken, wer’s ein bissl privater (oder gar romantisch) haben will. Für ein Bistro geht das in Ordnung, da soll ja freundlicher Wirbel herrschen zwischen Bar, Snackerei und richtig gut essen (siehe Beaulieu). Das Belly’s hat sogar Lunch im Programm, hoffentlich hält man’s durch.

Christine Pichler

Wir starten festlich mit einem Glas Crémant, ein bissl frivol um 6,90 Euro das Zehntel, andererseits kostet schon die Hauslimo 4,90 Euro. Im Überschwang bestellen wir das „Chef’s Menu“ mit fünf Gängen um stolze 70 Innenstadt-Euronen, so spannend finden wir das Motto der „Organic Zimbabwean Austrian Cuisine“. Von den Betreibern wissen wir, dass sie (mit österreichischer Verstärkung) im Geschwister-Team antreten, drei Mudenda, die afrikanische Wurzeln haben und dem Planeten viel Gutes tun wollen: ethisch, nachhaltig, achtsam, so kurz zusammengefasst ihr mission statement.

Mit der Achtsamkeit könnte man allerdings gleich beim Gast beginnen. Dass statt vorab eines kleinen Saluts aus der Küche der erste Gang in Form einer Handvoll Oliven kommt, knickt die Freude etwas. Die snacken wir schon gern, vor allem in der Qualität, aber so nackt?

(Anmerkung: Die Betreiber haben uns darauf hingewiesen, dass es sich bei erwähnten Oliven um den Gruß aus der Küche und eben nicht um den ersten Gang gehandelt hat. Wir haben es anders in Erinnerung, räumen aber die Möglichkeit eines Missverständnisses ein. Wir empfehlen im Belly‘s die Bestellung á la carte, auf diese Weise kommt man bereits zu ausreichender Vielfalt).

Zweiter Gang, Beef Tatar: Haben wir richtig gelesen, ist das Fleisch? Man hätt’s auch als gewitzte ­vegetarische Alternative abgekauft, als Getreide- oder Bohnenart mit Rote-Rüben-Schnitz, warum nicht. Jedoch nein, das Beef ist bloß stark gebeizt, mehr „Beef Jack“ als Tatar. Irritierend, aber gut; sobald jedoch die feine Mayo zur Neige geht, wird es sportlich für die Kaumuskeln.

Lustig, überraschend und richtig schmacko: Kaspressknödel auf hausgemachtem Sauerkraut. Die Prise Simbabwe bringt das Waldschaf, zart, pfeffrig, aromatisch. Man wünschte sich mehr Afrika, davon gibt’s in Wien zu wenig. Das Schoko-Dessert: naja. Dennoch ein Glücksfall in vielerlei Hinsicht, an der Fine-Dining-Atmo (versus Bio­laden-Strenge) wär noch zu arbeiten. 

Info

Belly’s Bistro, Meiselstraße 59, 1140 Wien, Tel.: +43/(0)664 41 38 22.

Öffnungszeiten:

Di - Fr Lunch: 12:00 - 14:00 Uhr, Dinner: ab 18:00 Uhr

Samstag Dinner ab 18:00 Uhr. Brunch jeden Samstag 9:30 - 14:00 Uhr.

Feiertage Di - Sa ab 18:00 Uhr.

Mehr Kolumnen auf: DiePresse.com/lokalkritiken

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Eine ehemaligen Direktorenvilla der Steyr-Werke wurde zum Restaurant umfunktioniert.
Lokal-Kolorit

Lokalkritik: Lukas Kapeller kocht in Steyr neben Baumkronen

Im Dachgeschoß der ehemaligen Direktorenvilla der Steyr-Werke hat Lukas Kapeller ein sehr fesches Refugium aus intimem Restaurant und 5 Hotelzimmern geschaffen. Und zitiert in seinem Menü unter anderem Pombären und Bahlsen-Messino.
Das Hollerkoch in Gersthof wurde neu übernommen.
Unkompliziert essen

Lokalkritik: Das Hollerkoch in Gersthof

Das Hollerkoch in Gersthof hat nach einer Neuübernahme wieder geöffnet. Hier gibt es Schnitzel, Champagner und Beef Tatar. Die Nachbarschaft nimmt das Abendlokal gut an.
Sehr rot, sehr scharf - dieses Vorurteil wird auch hier nicht widerlegt
Lokal-Kolorit

Lokalkritik: Koreanisch essen im Shilla nahe der Staatsoper

Aus der Gattung „Wenn man in der Gegend ist und Gusto auf Kimchijeon hat“. Auf der Speisekarte stehen alte Bekannte.
Unkompliziert Essen

Lokalkritik im Comal Mexicano: Diese Tacos sind wirklich spitze

Das Comal Mexicano hat sich vergrößert. Das neue Lokal im vierten Bezirk brummt, völlig zu Recht: Die Tacos sind nämlich absolute Spitze – vor allem zwei Varianten.
Wenn es hier voll ist, kommt man leicht ins Gespräch.
Unkompliziert essen

Lokalkritik in La Paninoteca: Ein Sandwich zum Aperitivo

Es kann nie genug Aperitivo-Lokale geben. In der Kaiserstraße hat mit La Paninoteca ein weiteres aufgesperrt: mit Sandwiches, Feinkost und Potenzial für gute Stimmung.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.