Umwelt

Kompromiss rettet EU-Naturschutzgesetz

Die neuen Regeln sollen dafür sorgen, dass Europas Artenvielfalt erhalten bleibt.
Die neuen Regeln sollen dafür sorgen, dass Europas Artenvielfalt erhalten bleibt. Imago
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Rat und EU-Parlament einigen sich darauf, dass Landwirte von der Pflicht zur Renaturierung verschont werden. Die Zielvorgaben für die Wiederherstellung von Naturräumen bis 2030 bleiben bestehen.

Es war eine der umstrittensten Materien, die heuer im Europaparlament behandelt wurde – die Rede ist vom Renaturierungsgesetz der EU (Nature Restoration Law), das darauf abzielt, dass die Unionsmitglieder einen Teil ihrer industriell genutzten Flächen in den ursprünglichen Zustand versetzen. Die Absicht dahinter: Je intakter ein Naturraum, desto widerstandsfähiger ist er gegen die Folgen des Klimawandels, desto vielseitiger seine Fauna und Flora, und desto nachhaltiger kann er von Bauern und Forstwirten weiter genutzt werden. Die Zeit drängt, denn Brüsseler Berechnungen zufolge sind momentan rund 80 Prozent der Lebensräume in der EU in schlechtem ökologischen Zustand.

Die Abstimmung im Straßburger Plenum im Juli fiel mit 336 zu 300 Stimmen sehr knapp aus, was kein gutes Vorzeichen für die darauffolgenden Verhandlungen mit den EU-Mitgliedstaaten war – denn EU-Parlament und Rat müssen ihre in eigenen Gremien abgestimmten Versionen des EU-Gesetzes miteinander in Einklang bringen, damit es inkraft treten kann.

Diese Einigung wurde nun doch erzielt: In der Nacht auf Freitag fixierten die Unterhändler des Europaparlaments und des Rats einen gemeinsamen Text zum Renaturierungsgesetz. Dieser Kompromiss muss noch von beiden EU-Institutionen final abgesegnet werden – was normalerweise eine Formsache ist. Bei einer politisch derart heiklen Materie gilt es allerdings, alle Abstimmungen abzuwarten.

Eckpunkte des Kompromisses

Was sind die Eckpunkte dieses Kompromisses? Um sie einzuordnen, muss man einen Blick zurück auf die heiße Debatte im Juli werfen. Das damalige Hauptproblem war, dass die Europäische Volkspartei (EVP) und die Rechtsgruppierungen im Europaparlament die Sorge hatten, ein allzu ambitionierter Plan würde den europäischen Landwirten zu große Verpflichtungen auferlegen und dadurch die Lebensmittelproduktion in der EU unnötig verteuern, während Grüne, Sozialdemokraten und Liberale vor einer Verwässerung des Gesetzes warnten. Die Einigung sieht nun vor, dass Landwirte doch nicht dazu verpflichtet werden sollen, einen bestimmten Prozentsatz ihres Landes für umweltfreundliche Maßnahmen zur Verfügung zu stellen.

„Entscheidend ist, dass die Verwirklichung unserer Klimaziele Hand in Hand mit Land- und Forstwirtschaft gehen“, fasste Christine Schneider (CDU), die Verhandlungsführerin der EVP-Fraktion, am Freitag das Verhandlungsergebnis zusammen. Die EVP werde den Entwurf vor dem finalen Votum im Plenum (das voraussichtlich im Jänner stattfinden wird) „ernsthaft prüfen und sorgsam abwägen“. Martin Häusling, agrarpolitischer Repräsentant der Grünen, nahm zwar „etliche Wermutstropfen“ zur Kenntnis, sprach aber insgesamt von einem „großen Erfolg“, während Delara Burkhardt, die umweltpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten, positiv hervorstrich, dass „nun europaweit trockengelegte Moore wiedervernässt werden“ müssten.

Bienen, Parks und Notbremsen

Doch zurück zum Inhalt des Renaturierungsgesetzes: Fix enthalten ist darin die Verpflichtung, dass bis 2030 20 Prozent der fragilen Umwelträume in der EU in ihren natürlichen Zustand zurückversetzt werden müssen. Bis 2050 müssen alle EU-Ökosysteme auf Land und See wieder intakt sein. Die EU-Mitglieder werden dazu verpflichtet, nationale Pläne zur Erreichung dieser Ziele vorzulegen. Was die Moore anbelangt, müssen 30 Prozent der landwirtschaftlich genutzten ehemaligen Feuchtgebiete bis 2030 wieder intakt sein – und 50 Prozent bis 2050. Ebenfalls vorgesehen sind Zielvorgaben zum Schutz der Bestäuber (Biene und Co.) sowie die Verpflichtung ab dem Jahr 2030, urbane Grünräume in europäischen Städten auszuweiten.

Sollte die Erreichung dieser Ziele mit der Lebensmittelsicherheit der EU kollidieren, sieht der Gesetzesentwurf eine Notbremse vor, mit der Maßnahmen suspendiert werden können. Auch soll gewährleistet werden, dass erneuerbare Energieanlagen (wie Solarparks) auf geschützten Arealen errichtet werden dürfen.

»Die Verwirklichung der Klimaziele muss Hand in Hand mit Landwirten gehen.«

Christine Schneider

EVP-Verhandlerin

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