Wohngeschichte

Japandi-Stil mit dem Wiener Twist zwischen Währing und Hernals

Das von Japan über Skandinavien bis Wien inspirierte Design.
Das von Japan über Skandinavien bis Wien inspirierte Design. Barbier
  • Drucken

Die Innenarchitektin Claudia Grundmann lebt mit Mann und Hündin in einem Gründerzeithaus im Kreuzgassenviertel, bei dessen Umbau und Gestaltung sie ihre kreative Ader voll ausleben konnte.

Es ist ein richtiges „Urhaus“, in dem Claudia Grundmann wohnt: 1860 erbaut, später aufgestockt und 1896 um ein Werkstattgebäude erweitert. „In den 1960er-Jahren suchten meine Eltern einen neuen Standort mit Wohnmöglichkeit für ihre damalige Sonnenschutzproduktion. Aber es war nicht so einfach, ein Haus mit Werkstatt zu finden“, erzählt die Innenarchitektin. Im Kreuzgassenviertel wurden sie schlussendlich fündig und lösten die dort ansässige Hutproduktion durch die Erzeugung von Holzrollläden und die damals typischen Bretteljalousien ab.

Seit ihrer Geburt wohnt Grundmann also in diesem Haus, seit der Sohn „flügge“ wurde nunmehr mit Mann und Cockerspaniel-Dame Ella. Das ehemalige Zinshaus besteht aus drei Etagen mit einer Fläche von 120 m2 pro Geschoß. Im Erdgeschoß sind aktuell zwei Büros untergebracht. Im ersten Stock befindet sich die ehemalige „Hausbesitzerwohnung“, die in den 1970er-Jahren um eine Terrasse im Hof erweitert wurde. Die vier kleinen „Zimmer-Küche-Wohnungen“ im zweiten Obergeschoß legte man zu einer großen Wohnung zusammen, Gangbereich samt Gang-WCs wurden in die Wohnung integriert.

Die Hausherrin verwendete viel Holz und Schrauben

Umbau, Gestaltung und Ausstattung hat die Hausherrin selbst in die Hand genommen. Ein schönes Arbeiten „mit viel Holz und jeder Menge Schrauben“, erzählt sie. Schwierigkeiten wie plötzlich auftauchende Gasleitungen, genau dort, wo ein Durchbruch für eine Tür geplant war oder unterschiedliche Niveaus von einem zum anderen Raum, wurden nonchalant hingenommen: „Ein altes Haus ist immer für Überraschungen gut. Noch nie habe ich eine Baustelle erlebt, wo alles glatt läuft.“

Großen Wert legte Grundmann auf ursprüngliche Materialien: Das Fischgrätparkett wurde repariert, die Stuckelemente erhalten oder ergänzt. Nur in den Bädern und Küchen durfte es zeitgemäßer sein, dort kamen Marmor bei Arbeitsplatten und Wandverkleidungen zum Einsatz. „In puncto Inneneinrichtung bin ich sehr wählerisch und etwas pingelig. Wenn ich das passende Stück nicht finde, entwerfe ich das Möbelstück auf dem Papier.“ Im Innenraum setzt Grundmann helle, natürliche Farben und Stoffe mit dunklen Möbelstücken in Szene. Entstanden ist ein klassischer, zeitloser Einrichtungsstil im Japandi-Stil, der Verbindung von japanischer Ästhetik und skandinavischem Design – mit „Wiener Touch“.

Einige Möbelstücke gibt es bereits seit 40 Jahren: die Kredenz im Memphis-Stil aus den 80er-Jahren, ein dezenter farbiger Blickfang im Wohnzimmer, aber auch den Jugendstilschrank im Vorraum, ein Familienerbstück. „Er wird in unserer Wohnung immer vorhanden sein.”

In den grünen Wänden nisten Amseln.
In den grünen Wänden nisten Amseln.Barbier

Lieblingsplatz: Die Terrasse mit Pool und Wildem Wein

Auch wichtig: Stoffe und Beleuchtung. „Vorhänge lassen das Licht weicher erscheinen, und durch gezielt eingesetzte Beleuchtung wirken die Räume in den Abendstunden gemütlich und spannend zugleich.” Der Fernseher sollte außerdem nicht immer im Blickfeld des Wohnzimmers stehen und versteckt sich nun in einem der beiden Schränke neben dem Kamin. Ihr Lieblingsplatz ist die Terrasse mit Pool, wo Wilder Wein die Fassaden überwuchert. „In den grünen Wänden nisten jedes Jahr Amseln, und auch Bienen summen darin.“ Eine grüne, kühle Oase mitten im 18. Wiener Bezirk, mit der heiße Sommer auch ein wenig ihren Schrecken verlieren.

Zum Ort, zur Person

Dort wo sich Währing und Hernals kreuzen, befindet sich das Kreuzgassenviertel, das aufgrund der dichten Bebauung als „Hitzeinsel“ gilt. Neben Plänen zur Verkehrsberuhigung wurde der Johann-Nepomuk-Vogl-Markt nach Schwammstadt-Prinzip erbaut: Regenwasser wird im Boden gespeichert und die Bäume damit versorgt. Claudia Grundmann studierte an der Interior Design School und unterstützt – neben ihrer kreativen Leidenschaft – ihren Mann Peter Grundmann bei der Online-Plattform Hearonymus.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Tschaikner in ihrer sehr schlicht eingerichteten Wohnung in Dornbirn. Der Teppich ist aus Pakistan und ein Souvenir ihrer Weltreisen.
Wohngeschichte

Minimalismus in Dornbirn: „Die Fülle muss der Leere gegenüberstehen“

Nach stetiger Wanderlust ließ sich Künstlerin Bianca Tschaikner nun in ihrer Heimatstadt Dornbirn nieder. Über beruhigende Schlichtheit und Abwaschfreuden mit dem goldenen Schwamm.
Melanie Lichtenschopf im Wohn-Esszimmer ihrer 60-Quadratmeter-Wohnung im 17. Bezirk.
Wohngeschichte

Ein warmer Skandi-Wind weht durch Hernals

Im Altbau von Content Creator Melanie Lichtenschopf findet vieles zusammen: silbernes XL-Besteck, Leuchten in Pilz-Design, Willhaben-Schätze und viel helles Holz. Die Inspirationsquelle: Stockholm.
Altes, Neues, Buntes: In Primavesis Altbauwohnung wird alles gemischt.
Wohngeschichte

Die fröhliche Patina des Upcyclings

PR-Expertin und Autorin Eva Primavesi wohnt seit 24 Jahren im 9. Bezirk in einer gemütlichen Altbauwohnung mit viel selbst Designtem und Gebautem sowie mit Geerbtem.
Kreatives Arbeiten – und dazu gehört auch Tee trinken: Foodartist Judith Larcher in ihrer Wohnung im 7 Bezirk.
Wohngeschichte

Flohmarkt-Mix mit Gartenidyll in Wien Neubau

Vor drei Jahren siedelte Foodartist Judith Larcher vom 3. in den 7. Bezirk – passenderweise in einstige Räume der Konfiserie Altmann & Kühne.
Giora Seeliger genießt den Ausblick von seiner Altbauwohnung auf den Karmelitermarkt.
Wohngeschichte

In der Lichtoase am Karmelitermarkt

Vom Provisorium zum „Imperium“: wie Schauspieler Giora Seeliger, Leiter der internationalen Rote Nasen, seit 30 Jahren in der Wiener Leopoldstadt wohnt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.