Reportage

Aufgeregte Debatte im Parlament: WKStA gegen Sobotka und alle gegen Kickl

Dass die WKStA die Aufhebung der Immunität des Nationalratspräsidenten beantragte, platzte am Mittwoch in ein ohnehin schon aufgeregtes Plenum.
Dass die WKStA die Aufhebung der Immunität des Nationalratspräsidenten beantragte, platzte am Mittwoch in ein ohnehin schon aufgeregtes Plenum.APA / Roland Schlager
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Die erste von drei Nationalratssitzungen war am Mittwoch von einigen Aufregungen geprägt. Die WKStA will Sobotkas Auslieferung, die ÖVP möchte dafür das Justizressort unter die Lupe nehmen. Am Nebenschauplatz Nulllohnrunde für Spitzenpolitiker gab es unterdessen eine türkis-rot-grüne Offensive gegen Herbert Kickl.

Sie platzte am Mittwoch in eine ohnedies recht aufgeregte Debatte: Die Nachricht, dass die WKStA die Immunität von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) nach mutmaßlich neuen Vorwürfen rund um die Erwin-Pröll-Stiftung aufheben lassen will, gab der Nationalratssitzung am Mittwoch eine unerwartete Dynamik. Erst in der Vorwoche war die ÖVP mit der Nachricht konfrontiert worden, dass sich mit Sobotka erneut der laut Vertrauensindex unbeliebteste Politiker des Landes an vorderster ÖVP-Front befindet. Der Auslieferungsantrag der WKStA wurde zeitgleich mit einer unerwartet aufbrausenden Politiker-Gehaltsdebatte im Nationalrat bekannt.

Keine neuen Vorwürfe, oder doch?

Bei den Vorwürfen geht es um eine Prüfung der (mittlerweile aufgelösten) Erwin-Pröll-Stiftung. Für sie soll Sobotka bei Thomas Schmid interveniert haben, Steuererleichterungen zu erhalten. Der Ex-Generalsekretär im Finanzministerium soll dazu einen belastenden Schriftverkehr vorgelegt haben, wie das „Profil“ am Mittwoch berichtete. Erst am Montag war Schmid im Falschaussage-Verfahren gegen Sebastian Kurz vernommen worden.

Sobotka beteuerte am Mittwoch einmal mehr seine Unschuld. Schmids Vorwürfe zu der Steuercausa seien nicht neu. Tatsächlich waren sie auch schon Thema in U-Ausschüssen. Er wolle sich auch „ausliefern“ lassen, hieß es aus seinem Büro zur „Presse“. Je früher aufgeklärt werde, desto besser.

In den Angriffsmodus schaltete die ÖVP relativ zeitgleich bei der Debatte um die Weisung von Justizministerin Alma Zadić im Falle der Haft einer Klimaaktivistin. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker hatte am Dienstag „dringend Aufklärung über die mutmaßlich ideologisch motivierte Intervention“ von Zadić gefordert. Am Mittwoch legte er nach: Die von Zadic anlässlich der Pilnacek-Causa einberufene Kommission solle auch in anderen Fällen aufklären. Es müsse etwa untersucht werden, warum die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Enthaftung der Aktivistin „daschlogn‘“ worden sei. „Nur von Transparenz zu reden, diese aber nie zu verwirklichen, ist zu wenig“, ließ Stocker wissen.

Aus dem Justizministerium hieß es dazu, die Entscheidung habe die für die Fachaufsicht zuständige Sektion getroffen.

Wöginger zu Kickl: „Sie sind der Systempolitiker schlechthin“

Zeitgleich schaukelte sich die Stimmung rund um die Nulllohnrunde für Spitzenpolitiker im Plenum hoch: Reihum meldete sich ein Redner spontan nach dem anderen zu Wort, um Herbert Kickl (FPÖ) zu kritisieren. Kickl hatte erneut gegen den Antrag gewettert, die Politikergehälter um die halbe Inflation (4,85 Prozent) zu erhöhen – und damit auch jene seiner eigenen Parteikollegen in den Bundesländern.

Dass Kickl von einer „unmoralischen Lohnerhöhung“ sprach und selbst 17.000 Euro pro Monat als Klubchef verdiene, ließ den Grünen Michel Reimon heftig widersprechen. Ausgerechnet Kickl, der selbst seit Jahrzehnten vom Steuerzahler lebe, richte als Parteichef seinen Kollegen in den Ländern aus, sich die Taschen vollzustopfen. „Sie, der noch keinen Tag außerhalb der Politik gearbeitet hat!“, rief Reimon. „Es wäre besser gewesen, Sie hätten ihr abgebrochenes Philosophiestudium beendet, dann würde der Blödsinn, den Sie hier reden, zumindest ein wenig gescheiter klingen“.

ÖVP-Klubchef August Wöginger verwies auf die schwarz-blauen Koalitionen in den Ländern: Kickl wolle „die Menschen doppelt für dumm verkaufen“. Denn in Niederösterreich würde ein FPÖ-Klubchef Teufel eben nun ein halbes Jahr warten und dann dafür die volle Inflation (9,7) abgelten. Die Forderung nach einer Nulllohnrunde sei unglaubwürdig. „Das ist eine leidige Diskussion. Und es ist typisch FPÖ. Sie sind der Systempolitiker schlechthin. Genau das führt dazu, dass kein Mensch mehr Respekt hat vor diesem Hohen Haus“, sagte Wöginger. Auch SPÖ-Klubchef Philip Kucher hielt es nicht auf seinem Platz. Dass Kickl so tue, als seien die FPÖ-Landeschefs Svazek, Haimbuchner und Landauer „Haschalan“, die nur die Hand aufhielten, erinnere an eine „Familientherapie in den eigenen Reihen“.

Gesundheitsreform wird beschlossen

FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker wiederum zeigte sich über die „Nervosität“ der anderen Parteien amüsiert. Er wollen den Weihnachtsfrieden wahren, doch sei erstaunlich, „wie alle in letzter Sekunde das Rednerpult stürmen“, um gegen Kickl auszuteilen. „Ich freue mich schon auf den Volkskanzler Kickl“, sagte er.

Die Debatte um die Lohnerhöhungen war am Mittwoch aber nur einer von vielen Nebenschauplätzen. Inhaltlicher Schwerpunkt lag am Mittwoch auf der Gesundheitsreform, die mit den Stimmen von ÖVP und Grünen am Nachmittag beschlossen werden sollte.

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