Mega-Deal

Raiffeisen kauft über Russland-Deal Mehrheit an Strabag

RBI kauft indirekt von sanktionierten Oligarchen Strabag-Anteile. Im Bild: Der einst reichste Mann Russlands, Oleg Deripaska.
RBI kauft indirekt von sanktionierten Oligarchen Strabag-Anteile. Im Bild: Der einst reichste Mann Russlands, Oleg Deripaska.IMAGO/Nikolai Khizhnyak
  • Drucken

Bisher saßen die russischen Gewinne der Raiffeisen Bank International aufgrund von Sanktionen fest. Doch ein Deal um die Strabag-Beteiligung des Oligarchen Oleg Deripaska könnte das ändern.

Wien/Moskau. Lange waren Raiffeisen Bank International (RBI) in Russland die Hände gebunden. Mehr als die Hälfte ihres Gewinns verbucht sie dort. Doch aufgrund der Sanktionen fließen dieses Geld nicht nach Österreich. Nun lässt ein außergewöhnlicher Deal die Branche aufhorchen. Anscheinend hat die RBI einen Weg gefunden, die Dividenden sozusagen „über die Bande“ nach Österreich zu holen. Mit dem Nebeneffekt: Raiffeisen erhält als Gruppe somit auch die Mehrheit am heimischen Baukonzern Strabag.

So kauft die russische RBI-Tochter in Moskau Firmenanteile indirekt von einer Gesellschaft in Russland. Das wäre an sich keine große Neuigkeit, aber es handelt sich um eine ganz besondere: die Iliadis JSC. Genau zu dieser Gesellschaft hatte die „Presse“ schon vor einem Monat eine Anfrage an die RBI gestellt. Damals ging es aber um ihre Beteiligung an dem Baukonzern Strabag. Denn die russische Gesellschaft Iliadis könnte bald Besitzer eines relevanten Aktienpaktes bei Österreichs größten Bauunternehmen sein. 

Aber die Geschichte von vorn: „Presse“-Recherchen ergaben, dass der russische Oligarch Oleg Deripaska mit seinem Strabag-Anteil etwas ganz Bestimmtes vorhat. Der einst reichste Mann Russlands hält immerhin 27,8 Prozent an der Strabag. Die von Deripaska kontrollierte Gesellschaft Rasperia bzw. deren Muttergesellschaft Valtoura holte sich schon im September eine Erlaubnis bei der russischen Kartellbehörde, ihre Anteile an eben diese russische Gesellschaft namens Iliadis zu verkaufen. 

Am Dienstag teilte die Strabag dann mit, dass der Vorstand der Strabag darüber informiert worden sei, dass ein Kaufvertrag über sämtliche Anteile der von Deripaska kontrollierten Rasperia abgeschlossen worden sei. Der Vollzug des Kaufvertrags sei allerdings noch nicht erfolgt. Laut den Beteiligungsmeldungen würde die Rasperia mit Durchführung des Kaufvertrags nicht mehr von Deripaska kontrolliert werden, hieß es in der Mitteilung.

Was hat Deripaska vor? Lange hatte er von der Strabag profitiert. Seit dem Börsengang der Strabag im Jahr 2007 schüttete die Firma einen dreistelligen Millionenbetrag an Deripaska aus. Die drei österreichischen Strabag-Kernaktionäre Raiffeisenbank Wien-Niederösterreich, Uniqa (zusammen 29,5 Prozent) und die Haselsteiner-Stiftung (28,3 Prozent) schlossen einen Syndikatsvertrag mit ihm. Dieser sichert den Miteigentümern ein Vorkaufsrecht zu. Zusätzlich hat die Rasperia auch eine Namensaktie, die den Oligarchen berechtigt, ein Mitglied in den Aufsichtsrat zu entsenden. Der 55-Jährige erlangte also erheblichen Einfluss bei Österreichs größtem Baukonzern.

Jedoch kam kurz nach dem Angriff auf die Ukraine den Russen im April 2022 die Sanktionsliste der EU. Seine Vermögenswerte sind seitdem eingefroren. Strabag gab die Russland-Ambitionen auf und zog sich von dort zurück. Deripaska versuchte vor Gericht, seinen Einfluss zu erhalten. Vor allem wollte er die Abberufung des von ihm installierten Aufsichtsrats Thomas Bull bekämpfen. Bereits im Juni hatte jedoch ein Gericht die Klage abgewiesen. 

Wer steht hinter der Iliadis?

Wer genau hinter der Iliadis steht, ist zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt. Daher könne derzeit „keine sanktionsrechtliche Prüfung“ erfolgen, heißt es bei der Strabag. Der Baukonzern gehe weiter davon aus, dass die Anteile der Rasperia gemäß EU-Sanktionsverordnung eingefroren sind. „Ob eine Beherrschung durch Oleg Deripaska vorliegt oder auszuschließen ist, kann nicht beurteilt werden“, hieß es vor Wochen vom Syndikatsanwalt zur „Presse“. Das sind aber sehr wichtige Aspekte. Schließlich geht es um die Frage, ob sich Österreich eines Sanktionsbruchs schuldig macht.

Doch für den nächsten Deal reichen die Informationen offenbar aus. Denn der Rasperia (die von Iliadis einverleibt werden soll) kauft die Raiffeisen Russland nun die Strabag-Anteile. Laut einer Aussendung der RBI sind es 28.500.000 Aktien für 1,51 Milliarden Euro (einschließlich früherer Dividenden). „Im Rahmen der Transaktion hat die RBI alle Sanktionsbestimmungen gewissenhaft eingehalten und wird dies auch weiterhin tun“, heißt es von der Bank.

Nachdem der Deal abgeschlossen ist, wird die russische Raiffeisenbank die Strabag-Aktien als Sachdividende an die Mutter in Wien übertragen. „Die Genehmigung der Sachdividende durch die zuständigen russischen Behörden ist auch eine aufschiebende Bedingung für den Erwerb der Strabag-Aktien.“ Doch damit das gelingt, muss eben die eingangs genannte Gesellschaft Iliadis die Gesellschaft von Deripaska, also die Valtoura und die dazugehörige Rasperia kaufen. Von einer sanktionierten Person wie Deripaska würde die RBI nichts kaufen, heißt es von der RBI zur „Presse“.

Kein Übernahmeangebot

Die RBI plant auch nicht, dem Syndikat der Kernaktionäre aus Raiffeisen Wien-Niederösterreich, Uniqa und Haselsteiner-Familie beizutreten. Daher entstehe auch kein Zwang zum Übernahmeangebot.

Damit wäre der Weg für den Befreiungsschlag in Russland offen und die Bank könnte endlich ihre großen Gewinne aus Russland über diesen Umweg an sich ausschütten lassen. Im vergangenen Jahr hatte die RBI die Hälfte ihres Gewinnes in Russland verbucht.

Die Bank ist seit 35 Jahren in Osteuropa tätig. Dementsprechend haben diese Länder in ihr ein gewisses Gewicht. Das russische Kreditportfolio wurde im vergangenen Jahr um 23 Prozent abgebaut. In Belarus hatte sich der Gewinn auf 113 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Auch in der Ukraine schrieb die Bank Gewinne. Noch im ersten Quartal 2023 verzeichnete RBI in Belarus einen Gewinn nach Steuern von 24 Millionen Euro, und in Russland stieg dieser von 96 Millionen Euro auf 301 Millionen Euro.

Änderungen gibt es aber auch bei der Strabag. So wurde ebenfalls am Dienstag bekannt, dass der Aufsichtsratsvorsitzende, Alfred Gusenbauer, mit Ende des Jahres sein Mandat zurücklegt. Der Altkanzler (SPÖ) ist bei Signa stark involviert und sitzt dort in mehreren Aufsichtspositionen. Er zählt unter anderem auch zu den Gläubigern im Insolvenzverfahren.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.