TV-Notiz

Kickl bei Thür: Wie man ein Interview ad absurdum führt

„Ich verdiene deutlich weniger als der Herr Landbauer“, sagte Thür beim Thema Politikergehälter.
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FPÖ-Chef Herbert Kickl saß am Mittwochabend mit Ministrantenmiene in der „ZiB 2“ und stellte am Ende mehr Fragen als Martin Thür.

Am Mittwochabend gab FPÖ-Chef Herbert Kickl eines seiner raren Interviews. Mit den etablierten Medien hat er es ja generell nicht so und der ORF ist ihm ein besonderer Dorn im Auge. Doch zur Reihe der Jahresbilanz-Interviews kam er trotzdem ins „ZiB 2“-Studio. Die Frage des Warum blieb allerdings ungeklärt, denn außer einem (von Kickl sicher nicht ganz unkalkulierten) Zusammenprall mit Moderator Martin Thür bleibt nicht viel, über das man wirklich diskutieren kann.

Es begann außenpolitisch – und ruhig. Ob die FPÖ Israel im Krieg gegen die Hamas unterstütze, wurde er etwa gefragt. Was Kickl gleich für einen innenpolitischen Umweg zum Islamismus in Österreich nutzte. Ukraine und Russland waren einige Zeit Thema, wobei Kickl „die beiden Kriegsparteien“ auf eine Ebene stellte. Der Nationalrat sollte dafür „keine Bühne“ sein. Man müsse Verständnis für beide Seiten entwickeln, erklärte er. Mit einem ausufernden Verweis auf Hugo Portisch, erhobenem Zeigefinger und Ministrantenmiene erklärte er, dass er Wolodymyr Selenskijs Verhalten nicht gutheißen könne. Über das Thema Verfassungsschutz sprang Thür zur Teuerung, bei der eine Deckel-Diskussion nicht viel Erkenntnis brachte. „Wir hatten Recht und die Bundesregierung hatte Unrecht“ war die Ebene, auf der Kickl es sich gemütlich machten konnte.

Der FPÖ-Chef kam erst bei der Frage nach der (besonders in Niederösterreich deutlichen) Erhöhung von Politikergehältern aus dem Tritt. „Udo Landbauer verdient wegen der saftigen Erhöhung bald deutlich mehr als Sie und sogar mehr als der Nationalratspräsident“, erläuterte Thür und fragte, ob so denn eine FPÖ-Regierungsbeteiligung aussehe. Unschön für Kickl, der ja gegen die Eliten kämpfen will. In seiner (schwurbeligen) Antwort lenkte er gleich einmal auf den ORF über, was beim Stichwort Spitzengehälter wohl erwartbar war. „Ich verdiene deutlich weniger als der Herr Landbauer“, ließ Thür sich auf die persönliche Ebene ein.

Ein Interview mit dem FPÖ-Chef ist nicht leicht zu führen. Besonders, weil er offenbar auch gar keine Ambitionen hat, sich zu erklären. Oder Sympathiepunkte zu sammeln. Er will etwas sagen, und das tut er auch: „Wenn wir die freiheitliche Partei zur stärksten Partei machen, dann wird das ein Jahr der Wende werden, dann werden wir in Zukunft Politik mit einem freiheitlichen Volkskanzler für die eigene Bevölkerung machen und nicht dagegen.“

Da war er wieder, der „Volkskanzler“, Kickls antisystemische Systemhoffnung für sich selbst. Und passenderweise kam die Überleitung zum Thema „Remigration“, ein rechtsrechtes Schlagwort, das die Vertreibungen vieler „nicht Assimilierter“ herbeisehnt. Ein Thema, das Kickl anging, indem er dem Interviewer mehr Fragen stellte als dieser dazu formulieren konnte. Dass Thür seine Position dazu wissen wollte, war ihm offensichtlich unrecht. Er wich in zunehmend aggressivem Ton nach vorn, hinten und seitlich aus. „Verstehen Sie unter Remigration auch die Rückführung von (österreichischen, Anm.) Staatsbürgern?“, wollte Thür wissen. Die Antwort blieb aus.

Immer wieder fielen Kickls Ausführungen dazu, dass sich vielleicht eine Rechtslage herstellen ließe und Thürs Einwürfe zur Europäischen Menschenrechtskonvention ineinander, bis Kickl beim „Heimatrecht der Österreicher“ landete. Und der Interviewer zu Ermittlungen zur Finanzaffäre in Graz überging, bei der FPÖ-Landesparteichef Mario Kunasek beschuldigt wird. Förderungsmissbrauch, Veruntreuung und Untreue nannte Thür. Kickl wollte lieber von einem „anonymen Käsezettel“ sprechen, „ein ganz anderes Kaliber“ als die Vorwürfe etwa gegen Sobotka.

Woraufhin das Gespräch implodierte. Die beiden gerieten aneinander, Thür versuchte Fragen nachzuschießen, Kickl verhinderte, indem er Satzteile währenddessen mehrfach wiederholte. Was die Sache für die Zuschauer schwierig machte. Erkenntnisgewinn? War eigentlich eh nicht zu erwarten. Die Frage, die heute eher beschäftigt: Ist ein gelungenes Interview mit Herbert Kickl eine unlösbare Aufgabe?

>> Die Sendung zum Nachschauen

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