Tisch für vier

Lokalkritik aus dem Servitenwirt

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Paris bleibt Sehnsucht, Wien ist Tatsache: Harald Brunner kocht im Servitenwirt hervorragende Wiener Küche. 

Eindeutig, da hängt er, der Eiffelturm. Vor schwarzem Hintergrund prangt eine stilisierte Pariser Silhouette an der Wand, als würde es derlei brauchen, um das kühle Hinterzimmer der behaglichen Gaststube des ehemaligen Servitenwirts im Wiener Neunten zum Mottoraum zu adeln. Denn nichts weniger als „das kleine Paris“ will „Harald Brunner im Servitenviertel“ laut eigener Aussage hierher, in dieses mit einigem guten Willen tatsächlich recht pariserische Wiener Grätzel, bringen. Was durchaus fehlen würde. Doch nicht nur dekomäßig wäre das eindeutig ausbaubar.

Dabei ist Harald Brunner hoch verdient, einst als langjähriger Souschef von Reinhard Gerer im Korso, zuletzt im Das Spittelberg, das er mit drei Hauben krönen konnte. Aber wie so oft rächt sich der markige Werbespruch, der die Fallhöhe vorgibt. Bringen wir es also hinter uns: Die Stimmung ist sehr herzlich hier, der französische Teil der Karte zumindest solide, mehr aber auch nicht. Der Gruß aus der Küche ist dabei interessanterweise die herbste Enttäuschung, die größte Freude dagegen: Das fein faschierte, nicht modisch gehackte Beef Tatar, herrlich scharfhauchig und leicht säuerlich nur abgeschmeckt, ist sicher eins der besten der Stadt. Aber zu Beginn das dunkle Minibaguette, lieblos mit Frischkäse und einem Blättchen recht dicken Rohschinkens gestopft, macht eher der Bezeichnung Brotzeit Ehre als der eines Amuse-Gueule (Gedeck 5 Euro).

Konzeptuell soll es wohl programmatisch für diese Karte stehen, die doppelgesichtig je zur Hälfte aus Wienerischem und Französischem besteht, beides gleichermaßen auf dem anscheinend unausrottbaren schwarzen Geschirr aufgetragen. Die Salade Niçoise (15,90) machte ob des Muts zum Klischee erst neugierig, war aber mehr Routine. Die Bouillabaisse müsste sich gar nicht hinter dem Schaum verstecken, ist darunter für 18 Euro aber doch ein wenig gar seicht. Wirklich glücklich machen einen dagegen die Wiener Klassiker: Der gebackene Kalbskopf und das Kalbsbries (24 Euro) sind einfach geile Pralinen, die man sogar mit von Toni Faber gesegnetem Wieninger-Gemischten-Satz hinunterspülen darf. Der dünnhäutige Grammelknödel degradierte die Knusperente zur Begleitung. Und die kleinen Butterschnitzel mit Püree und Zwiebelkonfit (18 Euro) sind perfekt. So ist „Harald Brunner im Servitenviertel“ eben weniger „kleines Paris“ als wieder ein ­Servitenwirt. Und das ist ja auch keine Schande.

Info

Harald Brunner im Servitenviertel, Servitengasse 7, 1090 Wien, Tel.: +43/(0)1/413 03 13, Restaurant: Mittwoch bis Sonntag: 11.30–23 Uhr. Mehr Kolumnen auf: DiePresse.com/lokalkritiken

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